Gedenken und Demonstrieren
Politik und Bürger setzten Zeichen gegen Rechtsextremismus
Am 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag, haben Bezirksamt und BVV wie in jedem Jahr mit einer Gedenkfeier an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft erinnert. Außerdem gingen an diesem Tag auch in Reinickendorf Menschen gegen die aktuelle Gefahr von rechts auf die Straße.
Dass die Verbrechen der Vergangenheit und die Situation der Gegenwart miteinander zusammenhängen, wurde bereits bei der Gedenkfeier am Rathausaufgang am Antonyplatz deutlich. Die Opfer des Holocaust mahnten, wohin Intoleranz und Hetze schon einmal geführt hätten, sagte Bürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner (CDU). Die Konsequenzen daraus seien ein Leben in Eingkeit und Recht und Freiheit gewesen, wofür das Grundgesetz stehe, das im Mai seinen 75. Geburtstag feiert. Diese Werte würden wieder angegriffen, aber die bisher zu schweigsame Masse der Bevölkerung sei erwacht, mehr als eine Million Menschen bisher auf die Straße gegangen, um gegen das Wiedererstarken des Rechtsextremismus zu demonstrieren. "Die Berliner Republik ist wehrhafter als die Weimarer, um als Mehrheit die Demokratie gegen ihre Feinde zu verteidigen", erklärte die Bürgermeisterin.
Die Gedenkveranstaltung war öffentlich. Deshalb konnte auch niemandem die Teilnahme verwehrt werden. Auch nicht – wie im Vorfeld gewünscht und gefordert wurde – Vertretern der AfD. Deshalb gab es parallel dazu eine vom Bündnis "Reinickendorf gegen Rechts" initiierte Mahnwache gegenüber des Rathauses am Eichborndamm 238 – diese explizit mit der Aufforderung, Vertreter dieser Partei sollten, falls vorhanden, die Versammlung zu verlassen.
Der Ort war nicht nur wegen der Nähe zum Rathaus gewählt worden: Am Eichborndamm 238 befand sich während der Nazizeit die städtische Nervenklinik für Kinder, Wiesengrund genannt. Zwischen 1942 und 1945 starben dort 81 Kinder an den Folgen von medizinischen Experimenten. Daran wurde unter anderem durch das Verlesen ihrer Namen erinnert. Auch das Putzen der Stolpersteine vor Ort war Teil der Mahnwache.
Ab 13 Uhr gab es auf dem Franz-Neumann-Platz eine Demonstration unter dem Motto "Nie wieder ist JETZT", zu der das Netzwerk "Reinickendorf ist bunt" aufgerufen hatte. Hintergrund war auch hier, wie bei anderen aktuellen Großkundgebungen, die Reaktion auf das Treffen von Rechtsradikalen mit unter anderem AfD-Vertretern im vergangenen November in Potsdam, bei dem Pläne für eine sogenannte Remigration von Menschen aus Deutschland diskutiert wurden. Die Würde des Menschen sei unantastbar, Gedanken von Ausgrenzung oder gar Deportation müsse entgegengetreten werden, gerade auch im eigenen Umfeld, mahnten Vertreter von Kirchen, Parteien und Organisationen in ihren Reden. Erinnert wurde auch an Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus wie den Berliner Domprobst Bernhard Lichtenberg. Lesungen, Gedichte und Musikauftritte waren ebenfalls Teil der Demonstration. Sie wurde nach Polizeiangaben von ungefähr 150 Menschen besucht. Nicht erwünscht vor Ort war das Zeigen von Fahnen aller Art durch die Besucher. Auch nicht die des Staates Israel.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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