Wahlbenachrichtigung für einen Toten
Reinickendorfer Pannen im Vorfeld des 26. September und wie sie erklärt werden
In der BVV-Sitzung am 8. September wollte der Bezirksverordnete Dirk Steffel Aufklärung über einen "pietätlosen" Vorgang. Ein schon lange Verstorbener hat eine Benachrichtigung für die Wahlen am 26. September bekommen.
Was Steffel nicht sagte, aber die meisten im Raum wahrscheinlich wussten: Bei dem Toten handelte es sich um seinen Vater Walter Steffel. Er starb mit 80 Jahren im November 2017. Wie kann es deshalb sein, dass er fast vier Jahre später eine Wahlbenachrichtigung erhält?
Der zuständige Stadtrat für Bürgerdienste, AfD-Politiker Sebastian Maack, versuchte. Walter Steffel, den er ebenfalls nicht namentlich nannte, sei außerhab von Berlin gestorben in einem Krankenhaus in Lübeck. Wenn das dortige Standesamt den Tod nicht dem Standesamt im Heimatort mitteile, könne das die Person auch nicht aus der Meldeliste entfernen. Das Wahlamt treffe dabei überhaupt keine Schuld. Das müsse sich auf die Richtigkeit der Meldedaten verlassen können.
Für Dirk Steffel blieben auch nach dieser Auskunft noch Unstimmigkeiten. Andere Behörden, ob Finanzamt oder Rentenversicherung hätten vom Tod Kenntnis gehabt, wandte er ein. Im Gegensatz zur Bezirksverwaltung in Reinickendorf. Eine abschließende Antwort gab es darauf nicht. Er rate grundsätzlich, dass bei Todesfällen außerhalb von Berlin, vor allem im Ausland, die Angehörigen danach auch im Bezirk vorstellig werden, erklärte der Stadtrat.
Völlig ausschließen wollte er deshalb auch nicht, dass es noch ähnliche Fälle in Reinickendorf gibt. Sollte es sie geben, wäre natürlich Manipulation möglich. Ein Lebender stimmt, am besten per Briefwahl, für einen Toten ab. Bei böser Absicht hätte er die Wahlbenachrichtigung seines Vaters in eigener Sache verwenden können, erklärte Dirk Steffel. Der Ende April aus der CDU ausgetretene Verordnete ist bei den BVV-Wahlen am 26. September Spitzenkandidat der Freien Wähler für die Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf.
Es hat darüber hinaus eine weitere Panne gegeben. Briefwähler im Abgeordnetenhauswahlkreis 6 (Frohnau, Hermsdorf, Freie Scholle) haben Stimmzettel für den Wahlkreis 4 (Wittenau, Waidmannslust, Teile von Tegel) bekommen. Sie finden dort Kandidaten für das Landesparlament, die sie eigentlich gar nicht wählen können.
Stadtrat Maack begründete diese Verwechslung mit einem Fehler der Druckerei. In einem Paket habe zwar Wahlkreis sechs draufgestanden, Wahlkreis vier sei dringewesen. Das Paket sei den Mitarbeitern für den Wahlkreis sechs übergeben worden, die ohne nochmalige Kontrolle, die falschen Stimmzettel verschickt hätten.
Nachdem der Fehler entdeckt wurde, seien die richtigen Unterlagen verschickt worden. Ob dies in jedem Fall gelungen sei, sei nicht sicher, räumte Maack ein.
Herausstellen wird sich das wahrscheinlich erst bei der Auszählung am Wahltag. Wenn festgestellt werde, dass 100, 200, 300 Stimmen ungültig seien, gleichzeitig der Abstand zwischen Erst- und Zweitplatziertem vielleicht nur 50 Stimmen betrage, wäre das natürlich ein Grund, das Ergebnis anzufechten, erklärte Bürgermeister Frank Balzer (CDU). Er selbst könnte direkt persönlich von der Panne betroffen sein. Er kandidiert im Wahlkreis 6 für das Abgeordnetenhaus.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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