Skandal um Karteileichen im CDU-Ortsverband
Tote zahlen keinen Beitrag

In Vereinen und Organisationen stimmen häufig die offizielle und die tatsächliche Zahl an Mitgliedern nicht ganz überein. Doch in der CDU Reinickendorf weichen sie derart voneinander ab, dass ein Versehen wohl nicht die Ursache ist.

Konkret im Verdacht steht bisher der CDU-Ortsverband Wittenau. Etwa die Hälfte der geführten Mitglieder sei "beitragssäumig" gewesen, heißt es. Sie hatten entweder ihren Austritt erklärt, von einer Mitgliedschaft überhaupt nichts gewusst, waren nicht aufzufinden oder verstorben. Dies ist das Ergebnis innerparteilicher Ermittlungen, über die der Tagesspiegel zuerst berichtete. Nach Informationen der Berliner Woche ist ähnliches auch in einem weiteren Reinickendorfer Ortsverband festgestellt worden. Der finanzielle Schaden in Wittenau soll mehr als 27 000 Euro betragen, summiert über einen Zeitraum von zehn Jahren.

Vorsitzender des Ortsverbands Wittenau ist Björn Wohlert. Er wurde im vergangenen September ins Abgeordnetenhaus gewählt. Wohlert war zuletzt auch Schatzmeister der CDU Reinickendorf. Von diesem Posten ist er inzwischen zurückgetreten.

Das Angeben falscher, weil zu hoher, Mitgliederzahlen hat nicht nur finanzielle Auswirkungen, sondern kann auch politische Konsequenzen haben. Je mehr eingeschriebene Anhänger ein Ortsverband hat, umso mehr Delegierte stellt er beim Kreisparteitag. Damit lassen sich Interessen eher durchsetzen und natürlich auch eigene Kandidaten besser in Parteiämter bringen.

Schon deshalb führte die Debatte über die zahlreichen Karteileichen schnell auch zu den in den vergangenen Jahren ausgetragenen Auseinandersetzungen und Machtkämpfen in der Reinickendorfer CDU. 2019 hatte der damalige Bürgermeister Frank Balzer den langjährigen Kreisvorsitzenden Frank Steffel auf diesem Posten abgelöst. Anhänger Steffels spielten zuletzt in der Partei kaum noch eine Rolle. Björn Wohlert galt einst als Unterstützer von Frank Balzer, zuletzt soll sich ihr Verhältnis allerdings sehr abgekühlt haben. Die vorgeworfenen Tricksereien mit den Mitgleiderzahlen in der CDU Wittenau betreffen wiederum einen sehr langen Zeitraum unter unterschiedlichem Führungspersonal in der Gesamtpartei.

Offen ist jetzt, welche Konsequenzen die CDU aus den falschen Mitgliederzahlen des Ortsverbands Wittenau zieht.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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