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Was ist und wie funktioniert die Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf?
"Ein Parlament ist nur so gut, wie es in der Bevölkerung verankert ist." Mit dieser Feststellung hat Kerstin Köppen (CDU), Vorsteherin der Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf (BVV) seit 2019 und seit 20 Jahren BVV-Mitglied die Wähler in Reinickendorf aufgerufen, am 26. September die Bezirksverordnetenversammlung mit zu wählen.
Die Bezirksverordnetenversammlungen in Berlin sind ein spezielles Konstrukt. Sie sind genau genommen nicht einmal ein richtiges Parlament, sondern ein Teil der Verwaltung. Salopp gesagt: Jeder Dorfgemeinderat in Brandenburg hat mehr Rechte, als die Kommunalvertretungen der Berliner Bezirke. Denn dort kann zwar vieles gefordert und beschlossen werden, ob das umgesetzt wird, hängt aber oft nicht nur vom Bezirksamt ab, sondern auch von Senat und Abgeordnetenhaus. Trotz dieser Einschränkung ist die BVV aber keine Spaß- oder Feigenblattveranstaltung. Sie lebt nicht zuletzt vom Interesse und der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Gerade das herauszustreichen war auch Kerstin Köppen wichtig.
Die BVV hat 55 Mitglieder und setzt sich anhand des Stimmenverhältnisses bei den kommenden Wahlen zusammen. Anders als beim Bundestag und dem Abgeordnetenhaus wo die Fünf-Prozent-Hürde gilt, reicht einer Partei bereits ein Stimmenanteil von drei Prozent, um vertreten zu sein.
Eine der ersten Aufgaben der neuen BVV wird die Wahl eines Bezirksamtes sein. Es besteht künftig aus sechs (bisher fünf) Personen, dem Bürgermeister sowie den Stadträten. Die Zusammensetzung des Bezirksamtes ergibt sich aus dem Stimmenanteil der Parteien bei der Wahl. Erreicht eine Partei ungefähr zwölf Prozent, hat sie wahrscheinlich Anrecht auf einen Stadtratsposten.
Anders als auf Bundes- oder Landesebene gibt es in der BVV keine klare Abgrenzung zwischen Regierung und Opposition. Lediglich bei der Wahl des Bürgermeisters spielt die "politische" Dimension eine Rolle. Wie immer die Wahl ausgeht, im Bezirksamt werden Vertreter verschiedener Parteien sitzen.
Aufgabe der BVV ist, das Bezirksamtes zu kontrollieren und es zu Handlungen anzuregen. Das Mittel der Wahl ist der Haushalt. Zwar ist der größte Teil des Etats bereits zweckbestimmt. Aber mit dem frei verfügbaren Geld lassen sich einige Schwerpunkte setzen im Bereich Verkehr, Kultur, Grünpflege oder Sport. Unterschiede zwischen den Bezirksverordnetenversammlungen in Berlin werden da deutlich.
Darüber hinaus besteht die Arbeit der BVV aus vielen Anträgen und Anfragen. In der abgelaufenen Legislaturperiode wurden mehr als 3500 solcher und anderer Drucksachen bearbeitet. Die Anträge werden in der Regel zunächst in den jeweiligen Fachausschüssen besprochen, ehe sie dem gesamten Plenum zur Abstimmung vorgelegt werden.
Außerdem gibt es mündliche oder Großen Anfragen. Gerade sie sind eine gute Möglichkeit, um auf manche Sachverhalte oder Missstände aufmerksam zu machen. Der Stand von Bauprojekten, illegale Müllablagerungen, die Situation in den Schulen oder in den vergangenen 18 Monaten viel rund um das Thema Corona. Zu allen Anfragen muss das Bezirksamt eine Antwort liefern.
Viele Anfragen, auch manche Anträge basieren auf Meldungen von Bürgern. Häufig werden sie dann von einem Bezirksverordneten oder einer Fraktion aufgegriffen.
Es gibt aber auch direkte Einwirkungsmöglichkeiten. Eine davon ist, ein Anliegen an den Ausschuss für Eingaben und Beschwerden zu richten. Einwohner können aber auch selbst mit Anfragen stellen. In jeder BVV-Sitzung des Bezirksparlaments ist eine Stunde für diesen Tagesordnungspunkt reserviert. Das Bezirksamt muss die Fragen am besten mündlich antworten. Wenn die Zeit nicht reicht, wird die Stellungnahme schriftlich nachgereicht.
Desweiteren besteht die Möglichkeit, einen Einwohnerantrag zu einem bestimmten Thema oder Problem zu initiieren. Dazu sind 1000 Unterschriften von Bewohnern des Bezirks notwendig. Ist das der Fall, muss er genauso behandelt werden, wie Anträge von Verordneten.
Das Bezirksamt und die BVV hätten sich in den vergangenen Jahren bemüht, eine größere Offenheit und Transparenz herzustellen, erklärt Kerstin Köppen in ihrem Wahlaufruf. "Einerseits, indem wir besser informieren, andererseits, indem wir die Mitwirkung erleichtern."
Es liegt an den Bürgerinnen und Bürgern, ob sie die Angebote annehmen und bei der Wahl auch für das Bezirksparlament ihre Stimme abgeben.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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