Demonstration und massiver Polizeieinsatz in der Aroser Allee
An der Kreuzung Aroser Allee Ecke Grindelwaldweg hatten sich nach einem Aufruf des "Bündnisses Zwangsräumung verhindern" knapp 200 Menschen versammelt, um gegen die Räumung einer 67-jährigen schwer behinderten Mieterin aus einem Haus in der Aroser Allee zu protestieren. Gegen 9.30 Uhr wurde dann eine Entscheidung des Landgerichts Berlin bekannt gegeben, das einen Aufschub der Räumung bis zum 6. März verfügte. Die Demonstration löste sich danach auf. Die Teilnehmer wurden von der Polizei zum U-Bahnhof Franz-Neumann-Platz geleitet. Allerdings bewegte sich ein Teil der Demonstranten auf der Fahrbahn Richtung Holländerstraße. Dabei kam es zu Rangeleien, ein Polizist wurde leicht verletzt.
Die Polizei leitete gegen drei Personen Ermittlungsverfahren unter anderem wegen Landfriedensbruch und schwerer Körperverletzung ein. Ein 24-jähriger Journalist erstattete seinerseits Anzeige wegen Körperverletzung gegen einen Beamten.
Wegen mehrerer Eigentümerwechsel der Wohnung sowie Krankheit war es bei der Zahlung der Miete der Rentnerin zu Verzögerungen gekommen. Schon am 21. Februar hatte Sozialstadtrat Andreas Höhne (SPD) die Übernahme der Mietschulden und der zukünftigen Miete zugesagt. Zugleich appellierte er an die Wohnungseigentümerin, die Kündigung zurückzunehmen. Die beharrt jedoch auf der Kündigung. Aus dem Umfeld der Rentnerin heißt es, dass sie Nachbarn mehrfach belästigt habe, aus ihrer Wohnung unangenehme Gerüche kämen.
Höhne bestätigt, dass das Bezirksamt der Mieterin auch andere Hilfen als nur die Mietübernahme angeboten habe. Der Stadtrat war zudem am Tag der geplanten Räumung vor Ort, um mit Mitarbeitern sofort eine andere Unterbringung der Frau zu gewährleisten.
Der Piraten-Verordnete Michael Schulz, der ebenfalls vor Ort war, will nun genau klären, was das Bezirksamt unternommen hat, um der Frau zu helfen.
Die richtige Hilfe anbieten
Ein Kommentar von Christian Schindler
Steigende Mieten beunruhigen inzwischen viele Menschen in dieser Stadt. Umso mehr kochten die Emotionen hoch, als das "Bündnis Zwangsräumung verhindern" von einer 67-jährigen schwer behinderten Frau berichtete, die am 27. Februar ihre Wohnung verlieren sollte. Doch bei genauem Hinsehen relativiert sich das Bild von der hilflosen Rentnerin, die von einer profitgierigen Vermieterin aus ihrer Wohnung geworfen wird, erheblich. Offenbar braucht die Mieterin wirklich Hilfe, aber mehr mit Therapie und Pflege. Und diese Hilfe wurde ihr auch angeboten. Sie hat sie nur nicht angenommen.
Es zeichnet dieses Land aus, dass jeder die Freiheit hat, Hilfe abzulehnen. Erzwungen werden kann diese nur, wenn von dem Betreffenden nachweisbar Gefahren für ihn selbst oder andere ausgehen. Das heißt aber auch, dass sich Menschen in ausweglos scheinende Situationen manövrieren können. Das könnte an der Aroser Allee geschehen sein.
Vielleicht gibt es mit dem Räumungsaufschub noch einmal eine Chance, der Rentnerin wirklich zu helfen. Eine politische Auseinandersetzung, die Polizisten wie Demonstranten letztendlich nur zu Prügelknaben von Ideologien macht, hilft ihr jedenfalls nicht.
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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