Vier Bezirksverordnete gingen von Bord
Schon auf der BVV-Sitzung am 12. Februar war nur ein ehemaliger Pirat anwesend, die anderen hatten sich entschuldigt. Michael Schulz gab eine persönliche Erklärung ab, in der er den Austritt sowohl aus der BVV-Fraktion der Piraten wie auch aus der Partei mitteilte. Als Gründe nannte er vor allem Auseinandersetzungen in der Fraktion. Das Arbeitsklima sei äußerst angespannt gewesen. So sei er in keinen Fachausschuss der BVV entsandt worden und die Redezeiten seien von seinen Fraktionskollegen so genutzt worden, dass er selbst nicht mehr habe öffentlich sprechen können.
Schulz, der schon seit 2006 BVV-Mitglied ist, zunächst für die Grauen Panther, will Einzelverordneter bleiben. Seine Fraktionskollegen wechseln zu anderen Parteien. Der bisherige Vorsitzende Michael Windisch wird Mitglied der CDU-Fraktion, Benjamin Adamski und Sascha Rudloff wechseln zur SPD. In einer gemeinsamen Erklärung teilen die drei wechselnden Piraten mit, die Partei sei einfach nicht mehr die, in die sie vor Jahren eingetreten seien.
Herzlich begrüßt
Windisch lobt an seiner neuen Fraktion die "ausgleichende Zusammenarbeit" mit den anderen Fraktionen und die "lösungsorientierte Sachpolitik". Ein Beweis hierfür sei der einstimmig verabschiedete Doppelhaushalt des Bezirks.
Sascha Rudloff wiederum erklärt, die bisherige Arbeit in der Bezirksverordnetenversammlung habe ihm gezeigt, dass er der SPD viel näher stehe als den Piraten. Gemeinsam mit Benjamin Adamski werde er sich in der Fraktion für die Belange der Reinickendorfer einsetzen.
Die drei wechselnden Piraten wurden in ihren neuen Fraktionen herzlich begrüßt. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Stephan Schmidt ist davon überzeugt, dass Michael Windisch neue Impulse in die politische Arbeit einbringen werde. Und sein SPD-Kollege Gilbert Collé sieht in seinen beiden neuen Fraktionsmitgliedern ebenfalls eine Bereicherung.
Gekapert von Alteingesessenen
Ein Kommentar von Christian Schindler
Die parlamentarische Vertretung der Piraten in Reinickendorf ist sang- und klanglos untergegangen, wie ein Schiff, das schon lange nicht mehr richtig gesteuert wurde. Wer die Bezirksverordnetenersammlungen regelmäßig besucht, fragte sich schon eine ganze Weile, wo eigentlich die Vertreter von oranger Flagge und Totenkopf geblieben waren.
Die ureigenen Themen der Piraten - Internet und neue Medien - hatten längst die alteingesessenen Parteien gekapert. Ein Ausschuss für transparente Öffentlichkeitsarbeit wurde von CDU und Grünen beantragt, engagiert mitgewirkt haben dort alle. Und längst ist es normal, dass auch Verordnete, die nicht zur typischen Internetgeneration gehören, als wichtigstes Arbeitsmittel während der Sitzungen ihren Laptop dabei haben.
Dass die Reinickendorfer Piraten aber seit ihrer Anwesenheit in der BVV hilflos auf den Wellen der Kommunalpolitik herumschaukelten, hat auch lokale Ursachen. Erster Vorsitzender der Fraktion war Michael Schulz, der als ehemaliger Grauer Panther und mittlerweile langjähriger Bezirksverordneter einige parlamentarische Erfahrung mitbrachte. Doch die Kombination "alter Hase und engagierte Neulinge" funktionierte nicht - weder menschlich, noch politisch.
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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