Trotz guter Noten bei Online-Umfrage
Jugendclubs sind weitgehend unbekannt
Unter dem Motto "Deine Stimme für Reinickendorf" führte das Bezirksamt von November 2020 bis Januar 2021 eine Online-Umfrage unter Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen sechs und 26 Jahren durch. Jetzt liegen die Ergebnisse vor.
Vorlieben und Themen und die Meinung zu den Angeboten im Bezirk für diese Zielgruppe standen im Mittelpunkt des Fragebogens. Er wurde 709 Mal ausgefüllt. Allerdings konnten mehr als 130 Rücksendungen nicht berücksichtigt werden, weil die Absender nicht in Reinickendorf wohnten oder die Altersangabe nicht den Vorgaben entsprach. Ausgewertet wurden am Ende 571 Fragebögen.
Es hätten gerne einige ausgefüllte Fragebögen mehr sein können, erklärte Jugendstadtrat Tobias Dollase (parteilos, für CDU). Aber nicht zuletzt wegen der Coronapandemie hätten weniger Kinder und Jugendliche befragt werden können, "als wir uns das eigentlich gewünscht haben". Die nicht repräsentative Umfrage gebe aber einen ersten Hinweis auf die Lebenswelten und Wünsche von Heranwachsenden, beziehungsweise jungen Erwachsenen.
Die ausgefüllten und ausgewerteten Fragebögen stammten zu rund 55 Prozent von Mädchen und Frauen. Knapp 44 Prozent gab als Geschlecht männlich an. Gut ein Prozent bezeichnete sich als divers. Die größte Beteiligung gab es mit 45,2 Prozent in der Gruppe zwischen 14 und 17 Jahren. Gefolgt von den zehn- bis 13-Jährigen mit 37,4 Prozent. Auf Bezirksregionen unterteilt war die Beteiligung im Ortsteil Reinickendorf mit 119 am höchsten. Dazu kamen weitere zwölf aus dem dort befindlichen Auguste-Viktoria-Quartier. Auf den nächsten Plätzen folgten Frohnau (112) und Märkisches Viertel (110).
Zu ihren beliebtesten Freizeitbeschäftigungen befragt, nannten mehr als 70 Prozent der Befragten "Musik hören". Danach kamen "Chillen" (gut 69 Prozent) und der Freundeskreis (mehr als zwei Drittel). Es konnten nicht nur in dieser Kategorie mehrere Angaben gemacht werden.
Die Mediennutzung aller Art rangierte ebenfalls weit vorne. Fernsehen, Filme oder Videos anschauen nannte fast die Hälfte als eine wichtige Freizeitbeschäftigung. Bei Social Media waren es mehr als 45 Prozent, "im Internet surfen" nannten 41,4 Prozent und Videospiele 40,5 Prozent.
Die sozialen Netzwerke wurden nach bevorzugter Plattform aufgedröselt. Platz eins ging dabei an WhatsApp, von über 90 Prozent genutzt. Dahinter kommen YouTube (84), Instagram (knapp 71), Snapchat (62,6) und TikTok (fast 57 Prozent). Gerade bei dieser Frage differierten die Angaben sehr stark in den unterschiedlichen Altersgruppen. Ansonsten treibt fast jeder zweite Teilnehmer der Online-Umfrage Sport in der Freizeit (47 Prozent). 37,7 Prozent verbringen freie Zeit auch in einem Verein.
Bei der Frage, welche Themen ihnen gerade wichtig sind, wurde das Stichwort "Corona" von mehr als 46 Prozent der Befragten genannt und rangierte auf Platz sechs. Weiter vorne auf Rang drei und von über 61 Prozent genannt. Die klaren Spitzenreiter sind "Freundschaften" (73,9) und "Familie" (73,7 Prozent).
Das Jugendamt interessierte auch, wie die Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche in Reinickendorf bewertet werden. Weniger als die Hälfte der Teilnehmer war schon einmal in einem Jugendclub. Wer indes hingeht, findet es dort ziemlich gut. Wer sie nicht besucht, begründet das am häufigsten mit "keine Zeit" (41,6 Prozent), gefolgt von "keine Lust" (37,6 Prozent). "Mich interessieren die Angebote nicht", äußerten knapp 23 Prozent. "Ich weiß nicht, was das ist", erklärten 22,5 Prozent.
Wer die Clubs aufsucht, macht das, "um Leute zu treffen". Knapp drei Viertel nannte diesen Grund. "Weil ich mich hier wohl fühle", meinte gut die Hälfte. "Zum Spielen", gaben knapp 40 Prozent an. "Sportangebote", "kreativ sein", "die Räume nutzen" erhielten jeweils die Zustimmung von ungefähr einem Drittel.
Ausstattung, Vielfalt der Angebote und Mitbestimmungsmöglichkeiten bekamen sehr gute oder gute Noten, die sich zusammen auf Werte um die 85 Prozent beliefen. Bei der Erreichbarkeit gaben sogar mehr als 92 Prozent eine eins oder zwei. Am schlechtesten schnitten die Öffnungszeiten ab. Rund ein Fünftel fand sie "geht so", "schlecht" oder sogar "sehr schlecht". Aus diesen Angaben lässt sich Verbesserungsbedarf ablesen.
Ebenso wie bei den abgefragten Vorschlägen und Wünschen. "Bessere Spielplätze und mehr Tischtennisplatten", formulierte zum Beispiel ein zehnjähriges Mädchen. Ein größeres Angebot an "interessanteren, entspannten oder gar spielerischen Gruppen- und Einzelaktivitäten, damit wir nicht ständig in andere Bezirke fahren müssen, um Spaß haben zu können", forderte eine 18-Jährige. Als Beispiele nannte sie Kino, Studenten- oder Schülercafés. Besonders vermisse sie große Parks oder Naturabschnitte, die zentral zugänglich sind.
Dass die Kinder und Jugendlichen nach ihrer Meinung gefragt wurden, fand Zustimmung. Denn "die Alten wissen nicht, was die Jungen wollen", schrieb eine Zwölfjährige.
Es soll künftig weitere Möglichkeiten der Mitsprache geben, wird versprochen. Noch für dieses Jahr sei eine digitale Beteiligungsplattform geplant. Außerdem würden die Ergebnisse in den ersten Jugendförderplan des Bezirks mit einfließen.
Die Auswertung der Online-Umfrage findet sich als kurzer Film und in einem 29 Seiten langen Text im Internet auf https://bwurl.de/16sl
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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