Die Auferstehung eines Traditionsvereins: BSC Reinickendorf wieder im Aufwind
Doch dem beherzten Eingreifen von ein paar aufrechten Mitgliedern ist es zu verdanken, dass der BSC nicht nur gerettet wurde, sondern sich mittlerweile wieder im Aufwind befindet. "Wir hatten einen Vorsitzenden, den unsere Jugendarbeit in keiner Weise interessiert hat", erinnert sich der damalige und heutige Geschäftsführer Thomas Lietzow. "Ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass es ihm einzig um persönliche finanzielle Interessen gegangen ist." Dabei standen die Arbeit mit und die Ausbildung von Kindern und Jugendlichen in der 94-jährigen Vereinsgeschichte stets im Mittelpunkt. "Dieser Mensch hat nach und nach andere Vorstände suspendiert, eine Handvoll Unterstützer um sich gescharrt und mit Neuwahlen die Macht an sich gerissen. Und dann hat er versucht, unser Klubhaus für rund eine halbe Million Euro zu verkaufen - ich vermute, um sich das Geld einzustecken."
Der Verkauf scheiterte. Und es wurde still um den BSC, bis im Jahr 2011 die Nachricht die Runde machte, dass der Klub Insolvenz beantragt habe. "Wir haben uns umgehend an das Amtsgericht gewendet und einen richterlichen Beschluss erwirkt, dass es eine Versammlung und Neuwahlen geben soll", erläutert Jugendtrainer Günter Glase das damalige Vorgehen. Und so kehrte 2011 ein neuer Vorstand an die Rütlistraße 7 zurück. "Der Briefkasten war voll mit unbezahlten Rechnungen. Und unser Haus, das wir gemeinsam mit der Polizei betreten durften, war in einem katastrophalen Zustand", erinnert sich Thomas Lietzow. Offene Strom- und Wasserrechnungen mussten sofort beglichen werden. Im Tank war kein Öl, alle Heizungen auf der insgesamt 360 Quadratmeter großen Nutzfläche waren defekt. Der Spielbetrieb war längst eingestellt worden. Die Schulden beliefen sich auf einen fünfstelligen Betrag. "Mit Hilfe unserer Mitglieder haben wir die Insolvenz abwenden und die Schulden bis zum heutigen Tag komplett tilgen können", freut sich Glase. Eine neue Heizungsanlage ist installiert. Doch die Arbeiten sind noch längst nicht abgeschlossen: Im unteren Stock entstehen vier neue Umkleiden, weil die beiden Kabinen am Sportplatz schon jetzt nicht mehr genügen. Im oberen Bereich des Klubhauses, früher eine Gaststätte, sollen Sitzungsräume entstehen. Auch die Küche könnte einen neuen Anstrich vertragen. "Das alles versuchen wir, selbst zu stemmen. Aber wir hoffen natürlich sehr, dass uns das Bezirksamt dabei unterstützen wird", sagt Thomas Lietzow.
Und was 2011 mit lediglich drei Jugendteams begann, hat sich in nur vier Jahren gut entwickelt: Zurzeit nehmen acht Teams am Spielbetrieb teil - rund 150 Kinder jagen inzwischen wieder dem runden Leder hinterher. Maßgeblichen Anteil daran hat Jugendleiter Rüdiger Lietzow, mittlerweile 36 Jahre im Verein aktiv. "Die Jahre 2009 bis 2011 waren eine schlimme Zeit. Der BSC war und ist für mich mehr als nur mein Verein." Mit seiner Hilfe möchte man an alte Erfolge anknüpfen, die Nachwuchsarbeit weiter entwickeln und künftig unter dem Motto "Wir am Schäfersee" noch mehr Kinder und Jugendliche für das Fußballspiel begeistern. Immerhin haben die heutigen Profis Änis Ben-Hatira (Hertha BSC) und Alfredo Morales (FC Ingolstadt) das Fußballspielen am Schäfersee erlernt. Und der ehemalige BSC-Kicker Erdal Öztürk wurde 2014 mit der TSG Hoffenheim Deutscher A-Juniorenmeister. Die ein oder andere Ausbildungsentschädigung für Jugendspieler konnten genutzt werden, um einen Teil der Schulden zu tilgen. Noch heute sammelt Rüdiger Lietzow jeden Zeitungsartikel über Ben-Hatira und hängt ihn aus. "Unsere Kinder schauen sich das total begeistert an und sagen: Da möchte ich auch mal hin!"
Mittelfristig möchte der Klub, der schon Berlin-Liga gespielt hat, auch wieder ein Herrenteam melden und sucht interessierte Spieler. Darüber hinaus ist man auf der Suche nach engagierten Trainern und Betreuern. Thomas Lietzow dazu abschließend: "Es muss doch für jeden eine enorme Herausforderung sein, sich selbst und seine Ideen einzubringen, sich zu verwirklichen und etwas Neues entstehen zu lassen."
Autor:Michael Nittel aus Reinickendorf |
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