"Der Sport hatte keine Lobby"
Die LG Nord und die Erfahrungen im Breitensport nach mehr als einem Jahr Corona-Pandemie
Langsam bewegt sich im Sport wieder mehr. Am Beispiel der LG Nord Berlin. lassen sich die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie gut aufzeigen ebenso wie manche befürchtete Konsequenz.
Die LG Nord Berlin ist eine Leichtathletik-Gemeinschaft. Ihr gehören die Vereine SC Tegeler Forst, VfB Hermsdorf und BSC Rehberge aus dem Wedding an. Hautakteur ist der SC Tegeler Forst. Er hat mehr als 1000 Mitglieder und ist damit auch der größte der drei Vereine. Vor der Pandemie sei die Mitgliederzahl in Richtung 1200 gegangen, sagt Felix Fasel, Koordinator Breitensport beim Tegeler Forst. Es habe einen Mitgliederschwund gegeben, wenn auch nicht so stark wie bei vielen anderen Vereinen. Gefehlt hätten vor allem Neuzugänge.
Die LG Nord und das sie tragende Vereinskonstrukt ist auch deshalb interessant, weil hier Breiten- als auch Hochleistungssport und gezielte Nachwuchsförderung betrieben wird. Einige Athleten der LG Nord können noch auf eine Teilnahme an den olympischen Spielen in Tokio hoffen.
Breitensport fand monatelang
nicht statt
Im Breitensport lag der Betrieb in den vergangenen Monaten über weite Strecken komplett brach. Veranstaltungen des Vereins wie der Firmenlauf oder Angebote in den Schulen fielen aus. Dabei wäre selbst in Hochzeiten der Pandemie mit etwas gutem Willen mehr möglich gewesen, sagt Felix Fasel.
Bei Sport und Bewegung im Freien hätte es wenig Ansteckungsrisiko gegeben. Auch als erste Lockerungen erlaubt wurden, seien die nicht immer schlüssig gewesen. Kinder hätten zuerst wieder in Kleingrupen trainieren dürfen. Doch Abstands- und Hygieneregeln ließen sich in diesen Altersgruppen weitaus schwerer durchsetzen als bei Erwachsenen.
Ungeahnte Nebenwirkungen
Immerhin wäre irgendwann erreicht worden, dass Angebote im Bereich Gesundheits- und Therapiesport unter Auflagen möglich wurden. Gerade an diesem Beispiel verweist er auf die Funktion des Sports über das reine schneller, höher, weiter hinaus und die Nebenwirkungen, wenn so ziemlich jede Betätigung dieser Art brach liegt.
Für manche Menschen habe Bewegung eine im wahrsten Sinne des Wortes lebenserhaltende Bedeutung. Sie zu verwehren, bliebe nicht ohne Konsequenzen. Zudem wurden viele Sportler seit mehr als einem Jahr über weite Strecken vom Training mehr oder weniger entwöhnt. Das hat Auswirkungen. So weiß Felix Fasel von Jugendlichen, die sich während dieser Zeit "andere Hobbys gesucht haben".
Auch für Talente unterhalb der Kader-Auswahl war Corona nicht leistungsfördernd. Die Trainer hätten sich intensiv um ihre Schützlinge gekümmert. Aber oft ging das eben nur virtuell. "Und Hürdenlauf oder Kugelstoßen lassen sich schwer in der eigenen Wohnung trainieren."
Weniger Wettkämpfe für Top-Athleten
Etwas leichter hatten es die Top-Athleten. Wer zum Nationalteam zählte, konnte während der Pandemie trainieren. Aber es gab weniger Wettkämpfe. Auch deshalb stand zuletzt noch nicht fest, ob und wie viele Vertreter der LG Nord bei den Olympischen Spielen in Tokio starten werden. Ihre Hoffnungen für Tokio sind vor allem die Langstreckenläuferin Deborah Schöneborn, Caterina Granz über 1500 Meter, Karolina Pahlitzsch, die vor allem in der 4x400-Meter-Staffel Startchancen hat sowie Geher Leo Köpp.
Olympia steht für den großen, professionellen Sport. In diesem Bereich war auch in den vergangenen Monaten einiges möglich. Darunter kam der Betrieb aber weitestgehend zum Erliegen. "Der Sport hatte keine große Lobby", ist die Erkenntnis von Felix Fasel nach diesen Erfahrungen und er bezieht das vor allem auf den Breitensport. Das zu ändern sei eine Lehre aus Corona.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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