"Zwischen Pest und Cholera"
BVV-Verkehrsausschuss übt viel Kritik an geplanter Radschnellweg-Trasse
Der Bau von zehn Radschnellverbindungen ist ein Projekt im Rahmen der sogenannten Mobilitätswende des Senats. Zwei dieser Fahrrad-Highways sollen durch Reinickendorf führen. Einer sogar ausschließlich durch den Bezirk. Über dessen Streckenverlauf wurde im Verkehrsausschuss am 16. April heftig diskutiert.
Die favorisierte Trasse soll von der Stadtgrenze über die Ruppiner Chaussee in Richtung Tegel, über die Berliner- und Seidelstraße in Richtung Kurt-Schumacher-Platz, dem neuen Schumacher-Quartier zur Urban Tech Republic auf dem ehemaligen Flughafengelände führen. Die skizzierten mehr als zehn Kilometer wären das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie, bei der mehrere Varianten zwischen Heiligensee und Tegel untersucht worden seien, erklärten die Vertreterinnen der infraVelo GmbH, die das Vorhaben Radschnellwege federführend organisiert. Alternative Trassenführungen wurden in der Studie schlechter oder erst gar nicht bewertet. So wurde die Strecke entlang der Greenwichpromenade zum Beispiel abgewertet, weil die Gefahr von Unfällen zwischen Radfahrern und Spaziergänger zu groß wäre.
Mehrere Bezirksverordnete kritisierten aber auch den bevorzugten Streckenverlauf und dabei insbesondere die Idee, die Trasse durch die ohnehin vielbefahrene Berliner Straße zu führen. Jens Augner (B’90/Grüne) bemängelte die vorgesehene Anordnung an den Straßenseiten. Dies könne zu Problemen mit den Kunden in den Geschäften führen. Er schlug daher vor, den Radschnellweg in der Mitte der Fahrbahn anzulegen.
Frank Marten (CDU) bezeichnete das Einbeziehen der Berliner Straße "für eine Wahl zwischen Pest und Cholera". Die Gewerbetreibenden würden durch den geplanten Fahrradschnellweg weiter geschädigt. Hier zeige sich wieder einmal, dass Ideologie die Oberhand gegenüber einer pragmatischen Verkehrspolitik gewinne.
Verkehrsstadträtin Katrin Schultze-Berndt (CDU) kritisierte ebenfalls den Trassenverlauf. Verschiedene Verkehrsteilnehmer würden gegeneinander ausgespielt, stellte sie fest und wollte wissen, wie sich zum Beispiel der Konflikt Radschnellweg und Bushaltestelle lösen ließe. Auch habe die Feuerwehr bisher aus Einsatzgründen auf zwei Richtungsfahrbahnen in der Berliner Straße bestanden. Was sage die Feuerwehr zur Trassenführung.
Die Vertreterinnen und Vertreter von infraVelo betonten, dass der Wegfall von Kunden-Parkplätzen durch schon vorhandene Parkhäuser kompensiert werde. Der Radschnellweg soll zudem eine Breite haben, die auch für Einsatzfahrzeuge ausreicht. Der Konflikt zwischen dem Radweg und den Bushaltestellen sei in einem „Abstimmungsprozess“. Ziel sei, eine vertretbare Lösung zu finden.
Auch der Streckenverlauf im Norden entlang der Ruppiner Chaussee stieß auf Kritik. Katrin Schultze-Berndt wollte wissen, warum der Radschnellweg in diesem Bereich weitgehend parallel zur S-Bahn konzipiert sei und Frank Marten störte, dass für die Verbindung an der Ruppiner Chaussee rund 100 Bäume gefällt werden müssten. Dies sahen auch die Vertreterinnen der infraVelo GmbH als ein Problem an. Allerdings betonten sie auch, dass durch das Fahrradstraßenprojekt insgesamt mehr neue Bäume gepflanzt als abgeholzt werden.
Deutlich wurde in der Sitzung allerdings auch, dass der Fahrradschnellweg sich lediglich im Status einer Machbarkeit befindet. Bis die Strecke endgültig geplant wird, dauert es noch. Und laut infraVelo trifft am Ende die Senatsverkehrsverwaltung die Entscheidung.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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