2023 hält viele Herausforderungen bereit
Bürgermeister Oliver Igel über die Wahlwiederholung, die Bewältigung von Krisen und harte Verhandlungen um Geld

Seit 2011 ist Oliver Igel Bürgermeister von Treptow-Köpenick und in seiner mittlerweile dritten Amtszeit.  | Foto:  Philipp Hartmann
  • Seit 2011 ist Oliver Igel Bürgermeister von Treptow-Köpenick und in seiner mittlerweile dritten Amtszeit.
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Den Jahreswechsel hat Bürgermeister Oliver Igel (SPD) ganz ruhig mit seiner Familie gefeiert und genossen, zwei Tage mal nichts zu machen. So hat der 44-Jährige Kraft tanken können für ein spannendes Jahr, in dem unter anderem nochmal gewählt wird in Berlin. Darüber und über weitere Herausforderungen sprach er mit Berliner-Woche-Reporter Philipp Hartmann.

Als wir uns vor einem Jahr zum Interview trafen, waren Sie dabei, wegen der Sanierung des Köpenicker Rathauses Umzugskartons zu packen. Wie haben Sie sich an Ihrem neuen Arbeitsplatz hier in der Rudower Chaussee in Adlershof eingelebt?

Oliver Igel: Also mir gefällt das hier in Adlershof wirklich sehr gut. Es sind moderne Büroräume, eine gute Atmosphäre. Außerdem ist es auch wirklich ein interessanter Standort. Bei vielen Unternehmensbesuchen kann ich jetzt einfach zu Fuß gehen, was natürlich auch etwas Besonderes ist. Und ich lerne diesen Standort hier jetzt auch anders kennen, weil ich mittendrin bin. Vor allem sieht man, wie toll das angenommen ist. Hier gibt es ja keinen Leerstand. Alles, was in den letzten fünf bis zehn Jahren neu gebaut wurde, da sind Firmen hingezogen, neue Arbeitsplätze entstanden.

Was hat Sie im Jahr 2022, in dem auch weltpolitisch viel passiert ist, persönlich am meisten bewegt?

Oliver Igel: Ganz einfach, dass sich die Krisen vermehrfachen. Wir sind in unserem Bezirk krisenerprobt, haben schon viele Dinge hier mitgemacht. Ob es nun ein Stromausfall ist oder aber auch andere Situationen wie sehr hohe Flüchtlingszahlen. Dass aber alles auf einmal kommt, also ein Krieg mit den Auswirkungen auf die Energiesicherheit, auf die Preise, auf die Flüchtlingszahlen – und Corona ist ja auch noch nicht vorbei – das ist schon eine neue Erfahrung, die auch belastet. Das muss man einfach so sagen. Wir haben auch 2022 nicht den Alltag gehabt, den wir uns eigentlich gewünscht hätten, und ich wünsche mir einfach mal ein bisschen mehr den Alltag von vor 2020, also von vor Corona.

Auf welches Projekt hier in Treptow-Köpenick waren Sie besonders stolz?

Oliver Igel: Schulsanierungen und Schulneubau sind nach wie vor die Themen, die auch in meinem Bereich, im Hochbauamt, die entscheidenden sind und wirklich alles fordern. Deswegen will ich auch zwei Beispiele aus diesem Bereich bringen. Positiv ist, dass wir im Bezirksamt eine sehr gute Lösung gefunden haben, was die Oberschulplätze betrifft, indem wir ein neues Gymnasium in der Kiefholzstraße gründen wollen. Das ist ein Meilenstein und etwas, was es die letzten Jahrzehnte nicht gab. Wir kamen immer mit der Zahl unserer Gymnasien ganz gut aus, sind jetzt aber in einer Situation, wo auch die Nachfrage nach Gymnasialplätzen steigt. Dazu brauchen wir noch die Zustimmung der BVV, aber das ist ein ganz wichtiges Signal, denn: Der Bezirk wird immer mehr davon belastet, dass Oberschulplätze insbesondere aus anderen Bezirken, wo nicht genug zur Verfügung stehen, bei uns nachgefragt werden.

Und wo sind Sie noch nicht zufrieden?

Bei unserem größten Schulbauprojekt, der Adlershofer Gemeinschaftsschule, haben wir 2022 durchaus einen Meilenstein geschafft, weil ich mit der Howoge den Erbbaurechtsvertrag unterzeichnen konnte. Bis zum Baustart in diesem Jahr haben wir aber noch nicht alle Hürden überwunden. Da hatte ich gehofft, dass wir schneller die Probleme lösen und in dieser Planungsphase schneller vorankommen, weil die Zeit, Oberschulplätze zu realisieren, auch dort drängt. Das ist zeitlich alles sehr eng. Wir wissen, auch wenn dort die Howoge baut, wie viele Rückschläge es noch in Bauphasen geben kann, und dass es immer sehr ambitioniert ist, in zwei, drei Jahren einen Schulneubau zu realisieren.

Am 12. Februar wird die Wahl zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen wiederholt. Ärgert es Sie, dass Sie noch mal Wahlkampf machen müssen?

Oliver Igel: Ärger ist schon der richtige Begriff, weil alle Beteiligten das 2021 gut gemacht haben. Die ehrenamtlichen Wahlhelfer und das Wahlamt haben das sehr gut vorbereitet. Bei uns gab es in der Durchführung keine größeren Probleme. Das ist sogar anerkannt worden vom Verfassungsgericht, dass wir einer der Bezirke sind, die das ganz gut organisiert haben. Trotzdem sind wir da jetzt mit im Boot, was die Wiederholungswahl betrifft, und natürlich ärgert uns das auch. Wir können es aber nicht ändern. Die Entscheidung ist getroffen und jetzt müssen wir natürlich schauen, dass wir das genauso gut hinbekommen wie 2021, vielleicht auch ein paar Dinge besser machen. Aber eigentlich sind alle genervt davon: die Politiker, die noch mal antreten müssen, die Bürger, die sich vielleicht auch einfach belästigt fühlen, dass sie jetzt schon wieder die Wahlwerbung hören, und unsere Beschäftigten hier im Wahlamt, die das alles organisieren müssen und eigentlich gehofft haben, dass sie mal zu ihrem Alltag zurückkehren.

Machen Sie sich Sorgen um Ihre Wiederwahl? Es kann ja durchaus Veränderungen geben.

Oliver Igel: Ja, das gehört zu einer Wahl dazu, sonst bräuchte man sie nicht. Die Karten werden neu gemischt. Deswegen ist es auch wichtig, dass die Leute wählen gehen und auch bewusst entscheiden, was sie wollen. Wahrscheinlich wird es auch zu Veränderungen kommen. Es wäre sehr unwahrscheinlich, wenn das Wahlergebnis exakt so wiederholt wird wie 2021. Die Welt hat sich ja auch seither weitergedreht.

Abgesehen von der Wahl: Welche Themen werden Sie 2023 kommunalpolitisch am meisten beschäftigen?

Oliver Igel: Wir sind ja nach wie vor einer der beliebtesten Bezirke, was den Zuzug betrifft. Unsere Bevölkerungszahl ist 2022 erneut gestiegen. Das ist auf der einen Seite ein Stück Wertschätzung, dass unser Bezirk interessant ist für die Menschen. Auf der anderen Seite ist es natürlich eine Herausforderung, was den Bau von Wohnungen und der dazugehörenden Infrastruktur betrifft. Deswegen werden die großen Themen für das Jahr 2023 auch weiterhin Kitabau, Schulbau und auch die Verbesserung des Verkehrs sein. Und dann kommt es darauf an, dass der Krieg in der Ukraine möglichst bald beendet ist. Dass wir eine Stabilisierung und vielleicht auch eine Senkung der Preissteigerungen haben, damit wir uns das alles leisten können. 2023 wird im Bezirksamt sehr davon geprägt sein, dass wir für die beiden Folgejahre einen neuen Haushalt aufstellen.

Was heißt das ganz konkret?

Oliver Igel: Dass wir mit dem Senat um Geld kämpfen werden, ganz erheblich. In einer Situation, in der durch den Krieg Kosten steigen und Steuern sinken, haben wir da ein erhebliches Diskussionspotenzial. Denn die Bürgerinnen und Bürger verlangen völlig zurecht Verbesserungen an vielen Stellen, mehr Personal in bürgernahen Dienstleistungen beispielsweise, und natürlich auch weitere Investitionen. Darüber wird mit dem Senat sehr hart zu verhandeln sein. Es werden 2023 finanziell die Weichen bis Ende 2025 für den Bezirk gestellt. Da wäre es sehr ungünstig, wenn man das unter Krisenvorzeichen macht, möglicherweise mit der Folge, dass die Finanzen der Bezirke stark zurückgehen und wir in unserem Handeln eingeschränkt sind für die nächsten zwei Jahre. Und ein weiteres großes Thema wird die komplette Digitalisierung unserer Verwaltung sein. Wir werden 2023 mit mehreren Pilotprojekten anfangen, wo die digitale Akte im Bezirksamt eingeführt wird.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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