Modernisierung des Bezirks bleibt Schwerpunkt
Bürgermeister Oliver Igel über Pläne für seine dritte Amtszeit, die Digitalisierung, Tesla und Corona

Oliver Igel muss sein Büro im Köpenicker Rathaus wegen der Sanierung verlassen. Für seine dritte Amtszeit hat er sich viel vorgenommen. | Foto:  Philipp Hartmann
  • Oliver Igel muss sein Büro im Köpenicker Rathaus wegen der Sanierung verlassen. Für seine dritte Amtszeit hat er sich viel vorgenommen.
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Für Oliver Igel (43, SPD) waren die Tage vor Weihnachten davon geprägt, Kisten zu packen und sein Büro zu räumen. Wegen der Sanierung des Rathauses Köpenick muss der Bürgermeister bis 2024 auf den Allianz-Campus in Adlershof ausweichen. Berliner-Woche-Reporter Philipp Hartmann traf ihn wenige Tage vor dem Umzug zum Gespräch.

In der vergangenen Wahlperiode waren Sie noch das jüngste Bezirksamtsmitglied. Durch die Wahl von vier jungen Stadträten ist es jetzt plötzlich umgekehrt. Wie finden Sie das?

Oliver Igel: Das ist natürlich schon komisch. Zumal dazukommt, dass ich jetzt in Berlin der dienstälteste Bezirksbürgermeister bin, weil so viele aus dem Amt ausgeschieden sind. Auf der anderen Seite ist das auch Ausdruck, dass ich inzwischen etwas Erfahrung gesammelt habe. Und es ist so, dass ich diese Erfahrung gerade weitergebe an die jüngeren Kollegen. Ich finde aber, dass wir alle eine Generation sind, und dass das vielleicht auch tatsächlich neue Akzente setzen wird im Bezirk, wenn eben eine ganz andere Generation hier die politische Leitung übernimmt. Darüber bin ich sehr froh. Ich habe natürlich mit allen einzeln sehr ausführliche Gespräche geführt, um sie ins Amt zu begleiten, und unterstütze natürlich jeden bei den ersten Schritten.

Für Sie ist es jetzt bereits Ihre dritte Amtszeit. Was wollen Sie diesmal anders machen?

Oliver Igel: Na ja, jetzt ist die Zeit, in der Projekte auch mal zum Abschluss kommen. Kommunalpolitik, also Ergebnisse auf der kommunalen Ebene zu erzielen, ist immer ein langwieriger Prozess. Man muss erst in eine Planung kommen und bis die Umsetzung läuft, dauert es sehr lange. Musterbeispiel ist das Strandbad Müggelsee. Ich bin sehr glücklich, dass ich aller Voraussicht nach in dieser Wahlperiode den Abschluss der Sanierung feiern kann. Das ist ein Prozess, der mich seit Beginn meiner Amtszeit vor zehn Jahren begleitet. Jetzt sind wir bei der Umsetzung und man sieht: Am Ende wird man für ein solches Vorhaben 15 Jahre gebraucht haben. Das ist auf der einen Seite bedrückend, aber es ist eben auch der Beleg dafür: Man muss dranbleiben. Nach wie vor Schwerpunkt ist für mich die Modernisierung des Bezirks. Es geht jetzt nicht darum, hier unglaublich viel anders zu machen, sondern es müssen Dinge erfolgreich fortgeführt werden.

Was werden Sie bis 2026 zur Chefsache machen?

Oliver Igel: Eines der Großprojekte ist tatsächlich die Strandbadsanierung. Die ist mir auch deshalb sehr wichtig, weil das nicht einfach nur eine Freizeitstätte ist. Es ist auch ein sozialpolitisches Projekt, weil Familien ohne großes Geld hier ihre Ferien verbringen können. Es ist kein Strandbad mit einem Eintritt von acht Euro, sondern kostenlos, in einer wunderschönen Umgebung und wird jetzt endlich auch angemessene Bedingungen erfahren. Und dann ist mir eine Vielzahl von Projekten wichtig. Wir haben uns vorgenommen, alle Schulen im Bezirk zu sanieren. Das ist der Schwerpunkt. Dazu wollen wir neue Kitaplätze schaffen. Mein Wunsch und meine Erwartung in dieser Wahlperiode sind, dass wir so viele Kitaplätze schaffen, dass wir erstmals in mindestens drei Ortsteilen zumindest wieder Überkapazitäten haben. Dass wir endlich mal mehr Plätze haben als Nachfrage. Dann haben wir endlich wieder eine Situation, wo die Bürgerinnen und Bürger nicht monatelang im Unklaren darüber sind: Bekommen sie einen Betreuungsplatz und wenn ja, wo? Ich bin auch ganz optimistisch, dass wir das erreichen. Voraussetzung ist, dass weiterhin auf einem hohen Niveau Fördermittel vom Senat kommen.

In der bezirklichen Kooperationsvereinbarung von Rot-Rot-Grün steht, dass die Digitalisierung der Verwaltung vorangetrieben wird. Was wird dafür konkret unternommen?

Oliver Igel: Das ist tatsächlich eine für Berlin zentrale Aufgabe, weil es zentral organisiert wird, koordiniert von der Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport. Das muss es auch, weil die Arbeitstätigkeiten der Bezirksverwaltungen in allen Bezirken gleich sind. Wir haben hier kleinere Projekte durchgeführt, dass wir beispielsweise in Bereichen der Einbürgerung vor einigen Jahren den gesamten Aktenbestand digitalisiert haben, insbesondere den Altbestand, um auch Platz zu sparen. Und das ist jetzt die Erfahrung, die wir hier gerade mit dem Umzug im Rathaus Köpenick machen: Die Digitalisierung würde uns vieles erleichtern. Wir hätten deutlich weniger Kisten zu packen, wenn mehr über Computer erledigt werden könnte.

Immer wieder kritisieren Bürger, ihre Bedenken würden zu wenig ernstgenommen. In Zukunft aber sollen Bürger an Entscheidungen des Bezirksamts stärker beteiligt werden. Was genau tun Sie dafür?

Oliver Igel: Es wird immer Konflikte geben und Situationen, dass Bürger sich mit ihren Anliegen nicht durchsetzen können, weil es unterschiedliche Auffassungen gibt. Häufig höre ich von Bürgern, dass sie gar keine Entwicklung wollen. Dem steht mitunter einfach auch die Rechtslage entgegen. Wir sind verpflichtet, bestimmte Dinge zu genehmigen und viele Bürger fühlen sich dann nicht gehört. Wir haben deshalb ganz klar gesagt, wir möchten, dass die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit bekommen mitzusprechen, auch stärker selbst vorzuschlagen, bei welchen Dingen sie beteiligt werden möchten. Deswegen haben wir im vergangenen Jahr eine Anlaufstelle für Bürgerbeteiligung geschaffen. Das ist schon ein großer Fortschritt. Eine stärkere Bürgerbeteiligung bedeutet auch, dass wir transparent machen, wie Entscheidungen, auf welcher Grundlage, mit welcher Argumentation entstanden sind.

Viele Menschen machen sich Sorgen über die Auswirkungen des Tesla-Werks in Grünheide auf die Verkehrs- und Wohnungssituation. Wie gehen Sie damit um?

Oliver Igel: Also ich bin ganz optimistisch, weil das Tesla-Werk nicht in absehbarer Zeit in Volllast laufen, sondern mit einer sehr geringen Produktionskapazität starten wird. Ich finde, dass sehr viel getan wurde, um die verkehrlichen Auswirkungen zu minimieren. Gerade mit dem Bahnanschluss, mit einer Verstärkung des öffentlichen Nahverkehrs, auch dass ein direkter Autobahnanschluss geschaffen wird, wird dazu führen, dass Lieferverkehre, aber auch der Werksverkehr sich doch sehr auf das unmittelbare Umfeld konzentriert. Völlig richtig ist aber, dass mit Auswirkungen zu rechnen ist, auch mit negativen. Es werden in der ersten Stufe sehr wenig Menschen hierherziehen, die bei Tesla arbeiten, weil sich Tesla der Arbeitskräfte, die bereits hier wohnen, bedienen wird. Das wird sich aber in den kommenden Jahren ändern und wir werden sehen, wie es auch den Nachbargemeinden gelingt, sowohl Angebote für Gewerbe und Dienstleister, die sich in der direkten Tesla-Umgebung ansiedeln können, als auch für Wohnen zu machen.

Ein Ende der Corona-Pandemie ist weiter nicht in Sicht. Wie sehr belastet Sie das persönlich?

Oliver Igel: Es belastet tagtäglich, weil der Arbeitstag sehr davon geprägt ist, dass man Angelegenheiten rund um Corona zu klären hat, weil wieder neue Vorschriften eintreten. Wir tagen jetzt auch wieder wöchentlich mit unserem Pandemiestab – das konnten wir mal auf einen Zwei-Wochen-Rhythmus reduzieren – weil es unglaublich viele Dinge zu klären gibt: Impfungen, Testen, die Situation für die Mitarbeiter hier, dazu natürlich Bürgeranfragen zum Thema. Da ist jeden Tag etwas. Wir müssen ständig versuchen, das Gesundheitsamt personell zu stärken – zu Lasten anderer Dinge. Das ist so viel, dass es wirklich große Kapazitäten frisst. Auf der anderen Seite gibt es eben sehr viele Bürger, die erwarten, dass die Leistung des Bezirksamts, auch der politischen Leitung, so weitergeht als wäre nichts. Die haben trotzdem ihre Anliegen, die sie vortragen und die ja auch berechtigt sind (Vermüllung im öffentlichen Raum, Verkehrssituation) und wenden sich natürlich in diesen Anliegen ans Bezirksamt. Das Bezirksamt ächzt aber darunter, die ganzen Fragen rund um Corona ständig zu klären, und das belastet wirklich. Also ich sehne mich nach dem Tag, dass das endlich vorbei ist, um auch hier in ein Stück Normalität zurückkehren zu können.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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