Ein bisschen aufgeregt, aber entschlossen
Carolin Weingart (Die Linke) will als Stadträtin für Soziales, Arbeit und Teilhabe bürgernah sein
Die Schränke sind noch leer, die Wände trist, vor dem Büro stehen Umzugskartons herum. So richtig eingerichtet hat sich Carolin Weingart an ihrem neuen Arbeitsplatz in der Hans-Schmidt-Straße in Adlershof noch nicht. Die 36-Jährige ist in den kommenden fünf Jahren Stadträtin für Soziales, Arbeit und Teilhabe in Treptow-Köpenick.
In den ersten Wochen im Amt hat die Linken-Politikerin bei einem Rundgang durchs Haus viele Gespräche geführt. Ihr Ziel sei es gewesen, sich möglichst vielen der insgesamt 170 Mitarbeiter persönlich vorzustellen. Auch zu ihrem Vorgänger Gernot Klemm, der jetzt Bezirksverordneter für die Linkspartei ist, suchte sie den Kontakt. Ein bisschen aufgeregt sei sie schon, wie sie zugibt, und Selbstzweifel gehörten auch dazu. Sie kenne sich jedoch gut auf der Verwaltungsebene aus, habe Erfahrungen unter anderem in der Arbeitsmarktpolitik und stelle sich der Herausforderung. "Die häufigste Frage von Freunden und Bekannten war, ob ich als Stadträtin leichter an Karten für Spiele des 1. FC Union und das Weihnachtssingen in der Alten Försterei komme", erzählt Carolin Weingart belustigt. Leider könne sie da aber gar nichts machen.
Aktuell hat Carolin Weingart ganz andere Probleme. Sie ist auf der Suche nach einer Wohnung und einem Kitaplatz im Bezirk. Das sei alles andere als einfach. Parallel dazu arbeitet sie sich in ihre neue Aufgabe ein. Für die Bewohner Treptow-Köpenicks möchte sie bürgernah sein. Zu ihren Zielen gehören unter anderem der Erhalt und barrierefreie Ausbau der Kiezklubs und die räumliche Neuunterbringung des Amts für Teilhabe, wo Menschen mit Behinderung einen kompetenten Ansprechpartner bekommen sollen. Außerdem möchte sie erreichen, dass die Kältehilfe für Wohnungslose möglichst ganzjährig angeboten wird. Ebenfalls wichtig ist ihr, dass Geflüchtete, insbesondere Familien, in Wohnungen statt Sammelunterkünften und damit würdevoll untergebracht werden. Des Weiteren sollen zukünftig Gemeinschaftsschulen Vorrang haben.
Noch ist sie im Bezirk weitgehend unbekannt, dabei ist Carolin Weingart hier tief verwurzelt. Aufgewachsen in Rahnsdorf und Friedrichshagen, machte sie 2005 ihr Abitur am Gerhart-Hauptmann-Gymnasium. Im Anschluss absolvierte sie ein Praktikum bei der Linkspartei Treptow-Köpenick, unterstützte dabei auch den Bundestagswahlkampf und trat noch im selben Jahr in die Partei ein. Entscheidend dafür sei ihre Haltung zu Antikriegseinsätzen gewesen. Außerdem sei Die Linke eine Partei der sozialen Gerechtigkeit, die sich gegen Kinderarmut und für gute Renten stark mache.
Von 2005 bis 2011 studierte sie in Thüringen Politikwissenschaft, Rechtswissenschaft und Südslawistik. Als kleines Kind lebte sie aufgrund des Berufs ihres Vaters eine gewisse Zeit in Belgrad, wo auch ihr Bruder geboren wurde. Nicht nur deshalb spricht Carolin Weingart heute serbokroatisch. Ihr Partner, den sie beim Studium kennenlernte, sei zudem halber Kroate, wie sie erzählt. 2020 bekamen sie ihren Sohn Ivo, der jetzt anderthalb Jahre alt ist. „Man braucht keinen Wecker mehr. Ich habe jetzt einen natürlichen Wecker“, scherzt sie. Kommunalpolitische Erfahrung sammelte Weingart bereits in Jena, wo sie Spitzenkandidatin für die Kommunalwahl war und in den Stadtrat gewählt wurde. Von 2015 an war sie als persönliche Referentin für Staatssekretärin Ines Feierabend ein Teil des Teams um Ministerpräsident Bodo Ramelow. Der Kontakt zu ihrem Heimatbezirk Treptow-Köpenick, in dem ihre Eltern wohnen, ist jedoch nie abgerissen.
Als vor der Wahl im September Ines Feierabend recht kurzfristig ihre Kandidatur für das Bezirksamt Treptow-Köpenick zurückzog, sprang Carolin Weingart ein. Jetzt freut sie sich darauf, als Stadträtin in ihrer Heimat arbeiten zu dürfen. Die Vorteile des Bezirks seien die vielfältigen Freizeitmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe und die Möglichkeit, im Sommer schnell am See zu sein. Nicht gut findet sie dagegen die oft langen Wege innerhalb des Bezirks. Dadurch sei sie gezwungenermaßen oft auf das Auto angewiesen, obwohl sie gar nicht gern Auto fahre. Ihr Privatleben wird vor allem durch ihren Sohn bestimmt. Außerdem hat Carolin Weingart vor elf Jahren eine Straßenhündin aus Serbien adoptiert, um die sie sich kümmert. Sie lese gern Zeitung und den „Spiegel“. Wenn es die Zeit zulässt, schaut sie Serien bei Netflix und politische Talkshows. Gern hört sie auch Deutschlandfunk und Podcasts, geeignet vor allem für die tägliche 40-Minuten-Fahrt mit der Tram von Rahnsdorf bis zu ihrem Büro in Adlershof.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.