So ist die Ausgangslage vor der BVV-Wahl
Große Veränderungen im Bezirksamt Treptow-Köpenick sind unwahrscheinlich
Am 12. Februar steht die Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen an. In Treptow-Köpenick gehen die Fraktionen der einzelnen Parteien mit unterschiedlichen Voraussetzungen ins Rennen. Die SPD will mit Bürgermeister Oliver Igel wie 2021 wieder deutlich vorn liegen. Die anderen Parteien setzen sich kleinere Ziele.
Auf Anfrage der Berliner Woche haben sich die Fraktionen von SPD, Grünen und Linken, die derzeit eine Zählgemeinschaft bilden, sowie CDU und FDP zur Wahl und zur bisherigen Arbeit des Bezirksamts geäußert. Aus rechtlichen Gründen dürfen BVV-Fraktionen keinen Wahlkampf führen. Das machen die Bezirksverbände der Parteien. Jedoch stellen sie in diesen Wochen bestimmte Themen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit.
Die SPD-Fraktion sieht wie schon im vergangenen Jahr als generelles Thema für 2023 die Folgen der Pandemie und des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Sie wolle mit ihrer Politik den sozialen Zusammenhalt sichern, über Hilfsangebote informieren und soziale Angebote in den Bereichen Gesundheit, Soziales und Familien ausbauen. Aus der Linksfraktion heißt es, dass infolge des Kriegs die Versorgung von Geflüchteten und die Unterstützung der Menschen, die unter hohen Energie- und Lebensmittelpreisen besonders leiden, bewältigt werden müssen. Als größte Herausforderung für den Bezirk sieht sie bezahlbares Wohnen und das Mitwachsen der verkehrlichen und sozialen Infrastruktur bei Bauvorhaben. Die Grünen heben als Thema die gerechte Verteilung des öffentlichen Raums hervor. „Von Straßen über Grünflächen bis zu Bauland – wir wollen weiterhin dafür sorgen, dass nicht die, die am lautesten schreien, den meisten Platz erhalten“, erklären sie. Es gehe auch weiterhin um die Schaffung von Kiezblocks, um beispielsweise Radfahrern und Fußgängern einen gerechten Anteil am öffentlichen Raum innerhalb eines Kiezes zuzusprechen, aber auch dem ÖPNV. Dies sorge nicht nur für ein gesünderes Stadtklima, es stärke auch die Lebensqualität der Anwohner.
Für die FDP-Fraktion bleibt neben Digitalisierung der Verwaltung und Verbesserung der Infrastruktur zu den Neubauvorhaben ein zentrales Thema die Verkehrspolitik. Viele Menschen seien auf das Auto angewiesen, auch weil der ÖPNV in etlichen Bereichen verbesserungswürdig sei. „Die neue grüne Verkehrsstadträtin setzt aber stark auf den Wegfall von Parkplätzen, die Einengung von Straßen, Durchfahrtsverbote in den Kiezen und Abkassieren durch Parkraumbewirtschaftung. Dem stellen wir uns konsequent entgegen“, so der Fraktionsvorsitzende Joachim Schmidt. Von der CDU heißt es, sie setze sich als Schwerpunkt der eigenen Arbeit für lebenswerte Kieze und für Kieze der kurzen Wege mit ausreichender sozialer und technischer Infrastruktur ein. Dies werde sich auch nach der Wahl nicht ändern.
Angesprochen auf ihre Ziele bei der Wahl erklärt die SPD-Fraktion, sie wolle durch ihre tägliche Arbeit noch mehr Menschen davon überzeugen, dass sich die Wahl von Oliver Igel, der sich in seiner dritten Amtszeit befindet, gelohnt hat. Die FDP betont, ihr Ziel sei es, das bisherige Ergebnis von 6,1 Prozent der Stimmen wieder zu erreichen und erneut in Fraktionsstärke in die BVV einzuziehen. Von den Grünen kommt die Ansage, stärker werden zu wollen, sodass weitere Kandidaten in die Fraktion aufrücken können.
Obwohl es bei der Wiederholungswahl zu Verschiebungen bei der Verteilung der Stimmen kommen dürfte, sind große Veränderungen im Bezirksamt nicht zu erwarten. Bürgermeister Oliver Igel kann – ebenso wie die Stadträte – nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit der neuen BVV abgewählt werden. Danach sieht es nicht aus. „Derzeit gibt uns Bezirksbürgermeister Igel keinen Anlass, ihm das Vertrauen zu entziehen. Wir haben in der laufenden Legislaturperiode gut zusammengearbeitet“, so die Grünen. Igel sei „ein durchaus erfolgreicher Bürgermeister“, meint die FDP. „Aus unserer Sicht gibt es keine Notwendigkeit, ihn aus dem Amt zu wählen. Wir sehen aktuell auch keine personelle Alternative“, so die Partei, die nach der Wahl eine Zählgemeinschaft mit SPD und CDU bevorzugen würde. Allgemein fällt die Antwort der CDU-Fraktion aus. „Die Rechtslage sieht vor, dass das Bezirksamt weiterhin im Amt bleibt. Mögliche neue Mehrheiten und deren Folgen werden erst nach dem Wahltag absehbar sein.“ Der Linken-Fraktionsvorsitzende Philipp Wohlfeil will erst das Wahlergebnis abwarten und dann Schlussfolgerungen ziehen. Er arbeite aber gern mit der SPD und den Grünen in der jetzigen Konstellation zusammen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Paul Bahlmann teilt mit, sehr zufrieden mit der rot-rot-grünen Zusammenarbeit zu sein. „In Krisen zeigt sich der Charakter und der Charakter der Zusammenarbeit war konstruktiv, ruhig und vertrauensvoll.“
Bei der Bewertung der Arbeit des Bezirksamts seit dessen Konstituierung im November 2021 gehen die Meinungen erwartungsgemäß auseinander. CDU, Grüne, Linke und SPD verweisen auf die Erfolge ihrer jeweiligen Stadträte. Die Grünen betonen, endlich eine Verkehrswende im Bezirk eingeleitet und Konflikte wie beim Bauvorhaben Orionstraße in Plänterwald gelöst zu haben. Die Linken wollen unter anderem die „hervorragende Arbeit“, die das Sozialamt bei der Ankunft der Menschen aus der Ukraine geleistet habe, hervorgehoben wissen. Die SPD macht sich erneut für ihren Bürgermeister stark. Dieser sei erfahren und habe schon viele Krisen im Bezirk wie den großen Stromausfall 2019 gemeistert. Außerdem habe ihr Jugend- und Gesundheitsstadtrat Alexander Freier-Winterwerb mit seinem Einsatz und seiner Anpackmentalität „in der Pandemie Standards für ganz Berlin gesetzt“ und beispielweise eine eigene Impfaktion durchgeführt. Die CDU stellt fest, dass sich das Klima und die Form der Zusammenarbeit im Bezirksamt sei Ende 2021 wahrnehmbar verbessert habe.
Kritisch fällt das Fazit der FDP aus, die nicht im Bezirksamt vertreten ist und unabhängiger auftreten kann. „Das Bezirksamt selbst weist im Vergleich zu früheren Wahlperioden durch den starken personellen Umbruch Ende 2021 einige Schwächen auf. Bis auf den Bezirksbürgermeister besteht es zumeist aus jungen Stadträten Mitte 30, denen immer noch politische Erfahrung in dem Bereich fehlt und so bislang gegenüber der Verwaltung nicht richtig durchsetzungsstark wirken. Darunter erscheinen einzelne wenig engagiert oder ideologisch motiviert“, so der Fraktionsvorsitzende Joachim Schmidt.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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