Tierisch gute Arbeit mit nur einem PS
Die Rückepferde „Henry“ und „Feger“ ziehen Baumstämme aus den Wäldern Treptow-Köpenicks
Ein Dienstagmorgen im Forstgebiet nahe Müggelheim. Durch eine kleine Lücke in der Wolkendecke scheint Sonnenlicht zwischen den Wipfeln hindurch auf einen Waldweg. An zwei Bäumen sind „Henry“ und „Feger“ angebunden. Vor ihnen baumeln Netze mit Heu, das sie genüsslich kauen. Diese Stärkung brauchen die beiden, denn wenig später geht es an die Arbeit.
„Henry“ und „Feger“ sind Rückepferde der Berliner Forsten, die beiden einzigen in Treptow-Köpenick. Sechs gibt es insgesamt in Berlin – an den Standorten der Revierförstereien Dreilinden, Spandau und Grünau. Rückepferde haben die Aufgabe, gefällte oder umgeknickte Baumstämme aus dem Wald zu ziehen – auch Holzrücken genannt. Sie werden in empfindlichem oder schwer zugänglichem Gelände eingesetzt und ergänzen dort die Maschinen. Das Holz schleppen sie zu den Rückegassen, die sich im Abstand von etwa 40 Metern zueinander befinden. Dort wird das Holz aufgeschichtet und anschließend von Maschinen abtransportiert. Außerdem werden die Pferde zur Beseitigung der Spätblühenden Traubenkirsche eingesetzt. Dabei handelt es sich um eine invasive Art, die sich unkontrolliert in den Berliner Wäldern ausgebreitet hat. Eine weitere Aufgabe ist das Pflügen des Bodens zur Vorbereitung neuer Pflanzungen.
Rückepferde spielen eine wichtige Rolle bei der ökologischen Waldbewirtschaftung. Während schwere Forstmaschinen den Boden plattwalzen und tiefe Fahrspuren ziehen, tragen die Tiere zu einer naturschonenden Pflege und Entwicklung bei. Im Gegensatz zu Fahrzeugen müssen für sie keine Wege angelegt werden. Die Arbeit auf dem weichen Waldboden ist für die Tiere gelenkschonend und entlastet die Waldarbeiter. Als Doppelgespann sind die Pferde in der Lage, bis zu 800 Kilogramm schwere Holzlasten zu ziehen. Den Sommer über stehen sie auf der Sommerweide. Ihre Hauptarbeitszeiten liegen im stürmischen Herbst und im Winter.
In Treptow-Köpenick sind die beiden Rückepferde dort im Einsatz, wo es von den jeweiligen Revierförstereien als erforderlich angesehen wird. „Feger“ ist bereits seit 2015 im Dienst. Das Schwarzwälder Kaltblut wurde in Beuren in Baden-Württemberg geboren, ist 15 Jahre alt und wiegt etwa 800 Kilogramm. Er gilt als „ruhiger und erfahrener Typ“, dazu als „sehr verschmust“. 2021 kam „Henry“ dazu. Das fünfjährige Rheinisch-Deutsche Kaltblut wurde an der Ostseeküste geboren, wiegt ebenfalls zirka 800 Kilogramm, ist „verspielt und sehr fleißig“, aber auch „etwas verfressen“. Die Pferde haben eine Ausbildung durchlaufen, in der sie unter anderem daran gewöhnt werden, sich bei lauten Geräuschen wie beim Einsatz von Motorsägen nicht zu erschrecken. Außerdem braucht es Zeit, zwischen Pferd und Mensch Vertrauen aufzubauen.
Immer an der Seite von "Henry" ist Janine Birkholz, während sich ihr Kollege Robert Springer um "Feger" kümmert. Die beiden Forstwirte haben eine Zusatzqualifikation als Gespannführer und bilden mit den Tieren jeweils ein eingespieltes Team. Die Zusammenarbeit mit dem Pferd ist auch das, was Janine Birkholz am meisten an ihrem Job begeistert. „Jeden Tag an der frischen Luft zu sein, statt am Schreibtisch“, hebt Robert Springer hervor, was ihm daran besonders gefällt.
Ihr Arbeitstag beginnt jeden Morgen um 6.30 Uhr in der Revierförsterei Grünau. Dort machen sie die Koppel sauber, putzen die Pferde und versorgen sie mit der ersten Mahlzeit „Wiesenflakes“. Anschließend verladen sie die Tiere in den Anhänger und fahren mit ihnen zum Einsatzort. Zweistündige Arbeitsphasen wechseln sich mit Futterpausen ab. "Henry" und "Feger" halten ganz still, während Janine Birkholz und Robert Springer ihnen das Pferdegeschirr über den Kopf ziehen. Im Gelände hören sie auf die Kommandos „Hü“ (für vorwärts), „Brr“ (Anhalten), „Hott“ (rechts), „Wist“ (links) und „Zup“ (rückwärts). Beide erledigen zuverlässig ihren Job. Nur "Feger" lässt sich gelegentlich von den offenbar sehr schmackhaften Birkenzweigen am Wegesrand ablenken.
Es komme auch mal vor, dass die Tiere einen schlechten Tag hätten, bestätigt Robert Springer. Für gewöhnlich ziehen sie während eines Arbeitstags etwa 20 Festmeter Holz aus dem Wald. Zurück auf dem Hof werden die Tiere mit Wasser abgespült und ihre Hufe ausgekratzt. Gegen 15 Uhr ist Feierabend. An den Wochenenden fahren die Gespannführer abwechselnd regelmäßig zur Koppel, denn die Tiere müssen gefüttert und gepflegt werden. Damit sind sie teurer als Maschinen. Auch deshalb sagt der Leiter der Revierförsterei Müggelheim, Andreas Scheller: „Die meisten Landesforstverwaltungen haben keine Rückepferde mehr. Wir leisten uns das."
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.