Ausflugsboote vorm Untergang?
Fahrgastschiffer auf Spree und Dahme in Not
Berlin wird auch gern vom Wasser aus besichtigt. Rund drei Millionen Passagiere schippern mit den 100 Fahrgastschiffen der Berliner Reeder jährlich durch das Stadtgebiet.
Der Saisonstart der Branche ist ebenfalls der Corona-Krise zum Opfer gefallen. Am Anleger der Berliner Wassersport und Service GmbH in Wendenschloss schaukeln vier Touristenboote, darunter das Fahrgastschiff „Babelsberg“ und die Motoryacht „Casino“. „Wir hatten schon die Saisonarbeitskräfte eingestellt, nun sind fast alle Kollegen seit April auf Kurzarbeit null gesetzt. Wir haben trotzdem jeden Monat rund 35 000 Euro laufende Kosten“, erzählt Angela Schreier-Buhl, die Geschäftsführerin. Dann schaut sie in den Computer nach den Stornierungen. Ein Junggesellenabschied am 3. April, eine Hochzeit am 17. April und ein Geburtstag am 29. April, das sind nur einige der ausgefallenen Charterfahrten. „Allein für April rechne ich mit Umsatzverlusten von rund 120 000 Euro“, erklärt die Geschäftsführerin. Das Unternehmen verfügt über drei Fahrgastschiffe und eine Motoryacht. Mit zwei Schiffen fahren die Wendenschlosser Fahrgastschiffer vom Spreeufer am Bahnhof Hackescher Markt aus die gefragten Innenstadttouren. Auch die fallen derzeit ersatzlos aus. Pro Jahr machen sie mit Charter und Linienverkehr rund 1,5 Millionen Euro Umsatz. „Wann wir wieder fahren können, steht in den Sternen. Leider fallen wir als Firma mit mehr als zehn Mitarbeitern bisher durch alle Raster staatlicher Unterstützung. Uns würden auch nur nicht rückzahlungspflichtige Zuschüsse helfen, denn Kredite könnten wir in den nächsten Jahren kaum bedienen“, sagt Angela Schreier-Buhl.
Am Treptower Hafen liegen die Schiffe von Berlins größter Passagierreederei Stern und Kreis Schiffahrt auf der Spree. Weitere Fahrgastschiffe ankern in Wannsee und Tegel, 31 Schiffe hat die Reederei. Von den 80 fahrenden Mitarbeitern sind bis auf die Fährleute der Wannsee-Fähre alle in Kurzarbeit. Das nächste Hindernis in dieser Saison steht auch schon vor der Tür, die sechswöchige Sperrung der Spree in Treptow wegen des Abrisses der Elsenbrücke im September. „Der Abriss muss unbedingt bis nach dem Saisonende verschoben werden, damit die Fahrgastschiffer wenigstens noch den Spätsommer nutzen können“, fordert deshalb Bernd Grondke, Prokurist und technischer Leiter von Stern und Kreis.
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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