Bücher in Einfacher Sprache
Stadtbibliothek Lichtenberg hat viele Angebote für gering literalisierte Menschen
Alle vier Einrichtungen der Lichtenberger Stadtbibliothek tragen das Alphasiegel. Das heißt, dass auch Menschen, die nicht oder kaum lesen und schreiben können, willkommen sind und Angebote vorfinden.
Bibliotheken assoziieren manche noch als Einrichtungen, in denen nur Bücher ausgeliehen werden können. Doch sie sind inzwischen weit mehr. Dass sich die Lichtenberger Stadtteilbibliothek vor zwei Jahren entschied, sich auf den Weg zu machen, um das Alphasiegel zu bekommen, liegt unter anderem auch daran, dass es im Bezirk ein sehr aktives Alpha-Bündnis gibt.
In Berlin gibt es Hochrechnungen zufolge etwa 300 000 Menschen, die nicht richtig lesen und schreiben können. Dass sie eine Bibliothek besuchen, ist für viele von ihnen kaum unvorstellbar. Aber warum? Für sie gibt es auch in Bibliotheken Angebote. Und gerade Angebote der öffentlichen Bibliothek sollten mit Blick auf das Thema Inklusion für jedermann zu nutzen sein. Deshalb entschieden die Lichtenberger Stadtteilbibliotheken, übrigens als erste Einrichtungen dieser Art in Berlin, sich auf den Weg zu machen, um mit dem Alphasiegel zertifiziert zu werden. Verliehen wird dieses vom Grund-Bildungs-Zentrum (GBZ) Berlin.
Der Zertifizierungsprozess begann zunächst in der Egon-Erwin-Kisch-Bibliothek, wo Erfahrungen gesammelt wurden. Wenig später machten sich auch die drei anderen Stadtbibliotheken, also die Anna-Seghers-Bibliothek, die Anton-Saefkow-Bibliothek und die Bodo-Uhse-Bibliothek, auf den Weg. „Die Stadtbibliothek Lichtenberg begreift es als ihre Aufgabe, sich für die soziale, kulturelle und digitale Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger zu engagieren“, sagt Helga Schneider, die sich um die Öffentlichkeitsarbeit der Lichtenberger Bibliotheken kümmert. „Dazu gehört, gering literalisierten Menschen Unterstützungs- und Freizeitangebote der Bibliotheken zugänglich zu machen.“
Piktogramme und kurze Sätze
In einem knapp einjährigen Prozess wurden deshalb an den Bibliotheksstandorten in enger Zusammenarbeit mit dem GBZ und mit Menschen, die nicht richtig lesen und schreiben können, Hemmschwellen identifiziert und konkrete Erleichterungen für sie in die Wege geleitet. Das betrifft zum Beispiel die Ausschilderung beziehungsweise das Wegeleitsystem in den Bibliotheken, berichtet Helga Schneider. Dort, wo bisher Hinweisschilder mit Aufschriften waren, sind inzwischen für jedermann zu deutende Piktogramme zu finden. Außerdem ist der überwiegende Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter per Schulung so sensibilisiert worden, dass er gering liberalisierte Menschen beim Bibliotheksbesuch unterstützen kann. „Auch unsere Kommunikation haben wir entsprechend angepasst“, berichtet Helga Schneider. So gibt es inzwischen Flyer der Lichtenberger Bibliotheken in Leichter Sprache. Auch auf der Website der Stadtbibliothek gibt es separate Seiten in Einfacher Sprache. Auch dort wird mit Piktogrammen, einfachen Wörtern und kurzen Sätzen informiert. Es findet sich sogar ein Wörterbuch mit einfachen Erklärungen für kompliziert erscheinende Wörter.
Auf der Website findet sich außerdem eine Übersicht, welche Angebote gering literalisierte Menschen in den Bibliotheken nutzen können. Sie können zum Beispiel Filme, Musiktonträger, Spiele, Hörbücher und im Bereich „Bibliothek der Dinge“ sogar Werkzeug ausleihen. Sie können auch an Lesungen und sonstigen Veranstaltungen teilnehmen. Und sie finden auch Bücher, die in Einfacher Sprache geschrieben wurden.
Für Einfache Sprache, wie dieser großgeschriebene, feststehende Fachausdruck heißt, gelten ganz bestimmte Regeln. Es werden zum Beispiel nur kurze Sätze verwendet. Jeder Satz enthält nur eine Aussage. Und benutzt werden nur Aktivsätze. So finden sich in der Anton-Saefkow-Bibliothek zum Beispiel die Bücher „Tschick“ von Wolfgang Herrndorf und „Sonne und Beton“ von Felix Lobrecht im Regal, die in Einfache Sprache übersetzt herausgegeben wurden. Es ist aber auch ein Band mit Erzählungen von Theodor Storm in Einfacher Sprache zu entdecken, und die Berliner Autorin Andrea Lauer schrieb ihren Roman „Olga und Marie“ sogar eigens in Einfacher Sprache.
Weitere Informationen über die Angebote der Lichtenberger Stadtteilbibliotheken für gering literalisierte Menschen finden sich auf www.berlin.de/stadtbibliothek-lichtenberg/de-plain.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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