Vor 30 Jahren fing alles an
Michael Heinisch-Kirch legte den Grundstein für die SozDia Stiftung

Mit diesem Haus fing alles an: Michael Heinisch-Kirch in der Tür seines Büros an der Pfarrstraße 111.  | Foto: Bernd Wähner
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Unmittelbar nach dem Tag nach der Deutschen Einheit, am 4. Oktober 1990, wurde ein Verein gegründet, aus dem die SozDia Stiftung Berlin hervorging.

Sie ist inzwischen einer der größten freien Träger im Bezirk und in der Stadt. Daran war vor 30 Jahren nicht zu denken. Initiator und Motor ist Vorstandsvorsitzender Michael Heinisch-Kirch. „Ich wurde im Februar 1989 als Sozial-Diakon beim Kirchenkreis Lichtenberg angestellt“, erinnert er sich. „Meine Aufgabe war es, mich um schwierige und gefährdete Jugendlichen zu kümmern.“

Dann öffnete sich im Herbst die Mauer. Das DDR-System brach zusammen. Immer mehr Leute kamen in die Erlöserkirche. Aber das Publikum veränderte sich. „Die Leute hatten neue Probleme wie Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit. Das gab es in der DDR nicht. Sie war ja eine Fürsorge-Diktatur.“ Immer öfter waren junge Leute auf Bahnhöfen und am Straßenrand zu beobachten. Sie saßen herum und schlugen die Zeit tot. Solche Jugendliche kamen auch zu Heinisch-Kirch ins ProFiHaus an der Erlöserkirche. „Ich erinnere mich, dass ich eines Abends um 21 Uhr sagte: Wir machen jetzt zu. Geht nach Hause. Da sagten sie: Du Micha, können wir nicht über Nacht bleiben? Draußen ist es kalt.“

Der 26-jährige Sozial-Diakon sagte sich: Da muss man was machen. Häuser in der Pfarrstraße standen leer und wurden nach und nach besetzt. Heinisch-Kirch entwickelte die Idee, dass junge Leute ein Wohnhaus in der Pfarrstraße sanieren und dort dann ein Dach überm Kopf finden. „Ist eigentlich ein simples Konzept“, sagt er. „Damit ging ich zum damaligen Bürgermeister Christian Kind.

Der vermittelte einen Kontakt zur Wohnungsbaugesellschaft. Michael Heinisch-Kirch bekam einen Mietvertrag für die Pfarrstraße 111. Das Haus war besonders marode. Deshalb betrug die Miete nur eine D-Mark pro Quadratmeter, Vertragslaufzeit: 15 Jahre. Dann kamen dem jungen Sozial-Diakon Bedenken: Als was hast du hier unterschrieben? Als Privatperson? Als kirchlicher Mitarbeiter? „Mit dieser Frage ging ich zu meinem Superintendenten. Der wusste auch keinen Rat. Er rief beim Direktor des Diakonischen Werkes im Westteil der Stadt an. Und der sagte: In solchen Fällen gründen wir einen Verein. Und das taten wir dann auch.“

Die Mitglieder des Kreiskirchenrats waren zugleich die ersten Vereinsmitglieder. „Ende September war ich beim Notar“, erinnert sich Heinisch-Kirch. „Der sagte zu mir: Gründen Sie den Verein am besten offiziell am 4. Oktober. Dann ist er gleich nach bundesdeutschem Recht gegründet. Da sparen wir uns den ganzen Schriftwechsel wegen einer Umschreibung im Vereinsregister.“

Ein Vereinsname musste her. „Viele Jahre hieß er etwas sperrig Verein sozialdiakonische Jugendarbeit Lichtenberg." Am 1. Januar 1991 begann der Verein mit 20 Jugendlichen und Fördermitteln von der Stadt, das Haus Pfarrstraße 111 zu sanieren. „So wuchs unser Projekt in einer Straße voller besetzter Häuser. Und die Besetzer sagten immer: Das ist der Goldzahn in einer Leiche“, erinnert sich Heinisch-Kirch.

Später begann der Verein, Hausbesetzer zur Sanierung zu beraten. Und er begann, sich um Minderjährige zu kümmern, die in besetzten Häusern oder auf der Straße lebten. „So wurden wir zu einer Anlaufstelle für Trebe-Kinder und erhielten die Lizenz für Ost-Berlin, solche Kinder in Obhut zu nehmen und uns um sie zu kümmern.“ Außerdem begann der Verein 1993 mit dem Ausbau seines Ausbildungsrestaurants Am Kuhgraben im Hof der Pfarrstraße 111. Die Bauerfahrung sprach sich herum. Immer wieder kamen in den folgenden Jahren Initiativen und baten um Unterstützung. So wurde der Verein Träger von Jugendklubs, Kitas, Stadtteil- und Familienzentren und auch des Interkulturellen Gartens Lichtenberg. Seit 2013 ist er nun die SozDia Stiftung Berlin.

Mehr auf www.sozdia.de

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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