Shoppingmeilen mit Kiezcharakter
1. Lichtenberger Center-Gipfel skizziert Perspektiven
Spätestens seit dem Ringen um den Fortbestand der Galeria Karstadt Kaufhof-Filialen im Linden- und im Ring-Center 2020 ist vielen klar: Die Entwicklung der Shoppingcenter muss man im Auge behalten.
Wenn alles bleibt, wie es ist, wird deren Situation immer schwieriger. Nicht nur wegen der Pandemie. Im Ring-Center konnte die Galeria Karstadt Kaufhof-Filiale zwar erhalten bleiben, im Linden-Center aber nicht. Dort wird an einem Konzept zur Revitalisierung der Flächen gearbeitet. Auch im Tierpark-Center begannen Bauarbeiten, um Teile umzustrukturieren. Doch welche Perspektive haben Center? Diese Frage war für Wirtschaftsstadtrat Kevin Hönicke (SPD) Motivation, zum 1. Lichtenberger Center-Gipfel einzuladen.
Im Bezirk gibt es zwölf Einkaufscenter. Die meisten entstanden 1994 bis 1997. Anfangs übten sie großen Reiz aus. Sie boten viele Geschäfte an einem Standort, unter einem Dach. Dass darunter der Einzelhandel in den Straßen litt, wurde vielfach hingenommen.
Inzwischen gibt es einen Trend, der die Shoppingcenter mehr unter Druck setzt. Immer mehr Menschen, vor allem jüngere, kaufen online ein. Trotzdem liege unter den Dächern der Center gewaltiges Potenzial, so Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg. Etwa ein Drittel aller Verkaufsflächen in Berlin befindet sich in Einkaufscentern, informiert er. Allein schon das biete die Chance, die Herausforderungen zu meistern. „Und die Center nehmen diese Herausforderungen an“, so Busch-Petersen.
Das sieht auch Beate Profé von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung so. „Wir merken, dass eine Veränderung im Konsumentenverhalten stattfindet“, weiß sie aus Untersuchungen. „Deshalb müssen die Center überlegen, wie sie weiterhin für die Kunden attraktiv sein können.“ Das heißt, dass der Focus auch in die Umgebung zu richten ist, so Profé. „Wie ist die Umgebung strukturiert und wie kann sich das Center mit ihr vernetzen?“ Genau das ist für Kevin Hönicke mit seinem Team von Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung ein Kernthema, auch auf dem 1. Center-Gipfel. Die Idee ist, aus Shoppingcentern Kiezzentren werden zu lassen.
Während seit dem ersten Lockdown der Online-Handel boomt, mussten in Centern so manche Läden kündigen oder gar Insolvenz anmelden. „Aber es gibt dort auch Läden, die boomen wie eh und je. Seien es Lebensmittelläden, Drogerie-Märkte, Apotheken, Blumenläden oder Buchhandlungen“, so Kevin Hönicke. Diese werden für die Nahversorgung benötigt. Der lokale Handel könne überleben, wenn die Center zusätzlich etwas bieten, was online nicht transportiert werden kann, ist der Stadtrat sicher. Das sind: Erlebnisse, Begegnungen, soziale Angebote beziehungsweise soziale Infrastruktur für den Kiez oder sogar Wohnraum. Beispiele gibt es bereits. Auf dem Dach vom Ring-Center II eröffnete die Novum Hospitality-Gruppe das Hotel „The Niu Hide“. Und das Tierpark-Center baut Flächen für eine Kita aus, dort gibt es bereits ein Bürgeramt. „Es zeigt sich, dass Center neu gedacht werden müssen“, so Hönicke. Er werbe deshalb für eine Transformation von Einkaufscentern zu Kiezzentren. „Bedarfe für Familien oder ältere Menschen gibt es in dieser Stadt genug, die wir auch in Centern abbilden können.“
Deshalb wurde vereinbart, dass es einen regelmäßigen Austausch und eine engere Zusammenarbeit zwischen Centern und Bezirksamt geben soll. Denn erfreulich ist: Alle wollen ihre Standorte erhalten. Das Bezirksamt wird seinerseits beschleunigt Anträge, wie etwa Genehmigungen zum Umbau bearbeiten. Noch enger wollen alle Partner bei den Themen Stadtentwicklung und Kommunikation mit der Bevölkerung zusammenarbeiten. Geplant ist außerdem die Gründung eines bezirklichen Bündnisses mit den Centern. Schließlich verständigten sich die Teilnehmer des Gipfels darauf, das Überleben der Center zu sichern und keinen weiteren Center-Neubau zu forcieren.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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