Interview mit Bürgermeisterin Nadja Zivkovic
Über Erreichtes, neue Ziele und die Potenziale von Marzahn-Hellersdorf
Was war schwierig im vergangenen Jahr, was ist gelungen, welche Herausforderungen bringt 2025? Berliner-Woche-Reporterin Ulrike Martin unterhielt sich mit Bürgermeisterin Nadja Zivkovic (CDU) über Haushaltspläne, Schulneubauten und Lieblingsplätze.
Frau Zivkovic, wenn Sie auf das Jahr 2024 zurückblicken: Was hat Sie besonders beeindruckt, welche Projekte sehen Sie als Erfolge an?
Nadja Zivkovic: Unsere erste und wichtigste Aufgabe war es, einen soliden Haushaltsplan für die Jahre 2024 und 2025 aufzustellen, was uns trotz erheblicher Herausforderungen gelungen ist. Ich freue mich, dass wir die Einwohnerversammlungen dezentralisiert und die ersten auch schon umgesetzt haben. Es empfiehlt sich einfach, die Anliegen direkt vor Ort zu besprechen, denn Marzahn-Hellersdorf besteht aus vielen verschiedenen Kiezen und Nachbarschaften, die ganz eigenständig sind und sich voneinander unterscheiden.
Zudem haben wir die Hönower Weiherkette neugestaltet. Hier gibt es jetzt einen Naturlehrpfad, der zum Flanieren einlädt. Es ist mir wichtig, dass der Bezirk seine vielen grünen Erholungsgebiete stetig entwickelt und pflegt, denn der Alltag fordert uns alle zusehends. Hier sollen sich Menschen ausruhen oder aktiv begegnen. Das hilft auch gegen die Einsamkeit, eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, für die wir im Bezirk gezielte Strategien anbieten.
Wir haben ein neues Bürgeramt eröffnet und den Stau bei der Beantragung von Sterbeurkunden abgebaut. Das Biesdorfer Blütenfest, das Alt-Marzahner Herbstfest und viele andere Feste sind wieder angelaufen, denn sie fördern die Nachbarschaften und machen einfach Spaß. Das sind vielleicht einige der erfolgreichen Vorgänge, die die Bürgerinnen und Bürger direkt mitbekommen. Sicher erreicht uns auch Kritik, zum Beispiel an den nervigen Baustellen, die den Verkehr zeitweise behindern. Doch ich sage immer: Jede Baustelle ist ein Zeichen für einen erfolgreichen Veränderungsprozess. Versuchen Sie es mal so zu sehen …
Was ist nicht gelungen, und woran lag es?
Nadja Zivkovic: Leider erreichen mich häufiger Nachrichten darüber, dass bestimmte Dienstleistungen und Ämter für einige Bürgerinnen und Bürger nur schwer zu erreichen sind. Mein Ziel ist es, dass jede und jeder unkompliziert mit der Behörde in Kontakt treten kann, um eigene Sorgen, Wünsche oder konkrete Fragen vorzutragen und dort in guten Händen zu wissen. Durch große Herausforderungen, zum Beispiel den behördlichen Personalmangel oder eine veraltete technische Ausstattung, gelingt es uns noch nicht gut genug, die vielfältigen Arbeitsfelder des Bezirksamts transparent und verständlich darzustellen. Verwaltung sollte in erster Linie als eine Serviceeinheit für die Bevölkerung verstanden werden, als nützlicher Dienstleister bei diversen Anliegen.
Worin bestand die bisher größte Herausforderung, die im Bezirk gestemmt werden musste?
Nadja Zivkovic: Die Entscheidung darüber, wie das Geld ausgegeben werden soll, bringt Interessenskonflikte hervor, die wir nicht hätten, wenn es ausreichend Investitionsmittel gäbe. Die Aufstellung eines soliden Haushaltsplanes, mit dem sich alle beteiligten Politikerinnen und Politiker einverstanden erklären, ist kompliziert und durchaus auch mal anstrengend. Man muss dabei bedenken, dass zum einen der allgemeine Verwaltungsapparat aufrechterhalten werden muss, zum anderen aber auch der nötige Spielraum für neue Investitionen notwendig ist, damit sich Marzahn-Hellersdorf positiv entwickeln kann.
Worüber haben Sie sich am meisten geärgert?
Nadja Zivkovic: Ich ärgere mich, wenn die Potenziale unseres Bezirkes unterschätzt werden. Immer wieder begegnen mir Vorurteile oder Stereotype über den Bezirk, die sich wacker halten, obwohl wir uns längst weiterentwickelt haben. Aber ich beobachte auch, dass dies immer seltener passiert und sich allmählich ein Bewusstsein dafür bildet, dass Marzahn-Hellersdorf reichlich zu bieten hat.
Die immer wiederkehrenden Themen: fehlende Schulplätze, fehlende Wohnungen. Vieles wurde umgesetzt. Was steht in 2025 auf der Agenda?
Nadja Zivkovic: Im Bezirk werden viele neue Schulen gebaut, wir sind bei der Umsetzung der Berliner Schulbauoffensive sehr gut im Plan. Auch was den Wohnungsbau angeht, sind wir im berlinweiten Kontext einer jener Bezirke, in denen man mit etwas Glück noch eine bezahlbare neue Wohnung finden kann. Als Außenbezirk wachsen wir derzeit, während die Bevölkerung in den Bezirken der Innenstadt abwandert. Mir ist es ein Anliegen, dass der Wohnungsneubau damit einhergeht, dass parallel auch die nötige soziale Infrastruktur geschaffen wird. Wir brauchen Kita- und Schulplätze, Nahversorgung, öffentlichen Nahverkehr und medizinische Versorgung, wenn neue Bürgerinnen und Bürger hierherziehen. Außerdem sollten wir uns die Bedingungen in den neu entstehenden Kiezen genau anschauen und nicht pauschal urteilen, denn pauschale Lösungen können ihr Ziel manchmal verfehlen. Die Bedürfnisse der Menschen sind eben nicht überall dieselben.
Der Senat will im nächsten Jahr drei Milliarden Euro sparen. Was bedeutet das für den Bezirk? Gibt es konkret Projekte, die Sie gefährdet sehen? Zum Beispiel bei Kulturangeboten?
Nadja Zivkovic: Als Erstes bin ich sehr froh, dass keine Einsparungen bei den Haushalten der Bezirke vorgenommen wurden. Bisher lässt sich leider noch nicht konkret abschätzen, welche Projekte in welchem Umfang betroffen sein werden. Als Bezirksbürgermeisterin finde ich es bedauerlich, dass auch den Bezirksämtern noch keine detaillierten Informationen bekannt gegeben wurden. Gleichzeitig werde ich mich dafür einsetzen, möglichst viel auszugleichen und getroffene Zusagen einzuhalten.
Welche privaten Wünsche und Ziele haben Sie für das neue Jahr?
Nadja Zivkovic: In diesem Jahr plagte mich eine Knieverletzung. Diese hätte ich im neuen Jahr gerne wieder zu 100 Prozent kuriert, sodass ich wieder Joggen und in die Berge kann.
Haben Sie einen oder mehrere Lieblingsplätze im Bezirk?
Nadja Zivkovic: Ganz viele. Ich bin unheimlich gerne im Kienbergpark und genieße den Ausblick auf dem Wolkenhain. Im Wuhletal soll es sogar manchmal Eisvögel zu sehen geben. Die Schwimmhalle „Helmut Behrendt“ am Helene-Weigel-Platz habe ich wegen meiner Knieverletzung sehr zu schätzen gelernt, denn Schwimmen tut dem Knie gut. Und mit meiner Hündin gehe ich sehr gerne an den Kaulsdorfer Seen spazieren.
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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