Kommunalpolitik geht nur mit viel Herzblut
Zoe Dahler (Die Linke) ist eine von 55 ehrenamtlichen Bezirksverordneten: ein Porträt
Am 26. September wird neben Bundestag und Abgeordnetenhaus auch eine neue Bezirksverordnetenversammlung (BVV) gewählt. Anfang November könnte die konstituierende BVV-Sitzung stattfinden. Im Anschluss werden die Stadträte und der Nachfolger oder die Nachfolgerin von Bürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke) gewählt, die in den Ruhestand geht.
Zoe Dahler (46) von der Linkspartei ist mit ihrem Fraktionsvorsitzenden Björn Tielebein das wohl am längsten durchgehende Mitglied in der BVV Marzahn-Hellersdorf. 55 Mitglieder sitzen in dem Gremium, das am Superwahlsonntag für fünf Jahre neu gewählt wird.
Seit Februar 2000 ununterbrochen Bezirksverordnete
Schon seit Februar 2000, noch vor der Fusion von Marzahn und Hellersdorf, wurde Zoe Dahler mit 25 Jahren Mitglied der BVV Hellersdorf. 2002 machte sie an der Alice-Salomon-Hochschule ihren Abschluss als Diplom-Sozialpädagogin und -Sozialarbeiterin. Hellersdorf war noch nicht fertiggebaut, weshalb die Kommunalpolitik damals noch viele wegweisende Entscheidungen habe treffen können, blickt sie zurück. „Dass man tatsächlich was bewegen kann in seinem Kiez“, war und ist ihr Antrieb.
BVV beschließt keine Gesetze
Denn mit dem Bezirksamt entscheiden die BVV-Mitglieder über die Sanierung von Schulgebäuden, über Spiel- und Sportplätze, öffentliche Schwimmbäder, Jugendfreizeiteinrichtungen, Kultur- und Bildungsangebote oder Anliegerstraßen. Weil Berlin ein Stadtstaat ist, sind die Bezirke aber keine selbstständigen Kommunen. Deshalb darf die BVV im Gegensatz zum Abgeordnetenhaus keine Gesetze beschließen. Sie kann Verwaltungshandeln nicht anweisen, sondern nur anregen. Die Verordneten können mit Anfragen Auskünfte verlangen und Entscheidungen des Amts durch einen BVV-Beschluss aufheben.
Über Ferienlager Kontakt zur damaligen PDS
Zoe Dahler selbst kommt aus einem „total apolitischen Haushalt“. Ihre Eltern waren Balletttänzer an der Komischen Oper. Über Ferienlager ergaben sich Kontakte zu Mitgliedern der damaligen PDS, doch erst später folgte ihr Parteieintritt.
Die Linke-Verordnete ist als Sozialpädagogin in der Beruflichen Aus- und Weiterbildung beim Internationalen Bund in Neuenhagen tätig. Denn für ihr ehrenamtliches Engagement erhalten Verordnete nur eine Aufwandsentschädigung, die bei 980 Euro pro Monat liegt, eine Fahrtkostenpauschale und ein Sitzungsgeld von 20 bis 31 Euro je Sitzung. Weil sie davon nicht leben können, gehen die Verordneten einem Beruf nach. Erzieher, Lehrer und Juristen sind recht häufig vertreten.
Offenes Ohr für Sorgen der Bürger
Mit dem Ausschuss für Soziales und Stadtteilarbeit, dessen Vorsitzende sie ist, besucht Zoe Dahler regelmäßig soziale Einrichtungen im Bezirk. „Was wünschen Sie sich von der Kommunalpolitik? Das ist eine meiner Standardfragen, wenn wir mit dem Ausschuss vor Ort sind.“ Bürger könnten sich mit Fragen und Beschwerden außerdem an das BVV-Büro oder die Ausschüsse sowie jederzeit an die Fraktionsbüros der Parteien wenden. Schließlich seien sie als Verordnete dafür da, die Bürgerinteressen zu vertreten.
Viele Abendsitzungen schrecken junge Mütter ab
Neben dem Beruf nimmt jeder Verordnete einmal im Monat an einer BVV-Sitzung teil. Zoe Dahler hat zudem vier Ausschuss- und drei Fraktionssitzungen, die immer abends stattfinden, sowie oft noch politische Termine an den Wochenenden. Sie hat es darüber hinaus geschafft, ihren Sohn, der heute 20 Jahre alt ist, großzuziehen. Dafür musste sie oft einen Babysitter finden, ihr Kind von einer Freundin oder ihrer Mutter betreuen lassen oder sich mit ihrem Mann Klaus-Jürgen Dahler, selbst Linke-Bezirksverordneter, abstimmen. Viele Frauen würden deshalb den Schritt in die Kommunalpolitik scheuen.
Beim Sport und Malen schaltet sie vom Politikgeschäft ab
Und viel Zeit für Hobbys bleibt ebenfalls nicht. Dabei macht Zoe Dahler gern Sport, malt in ihrer Freizeit Landschaften mit Aquarell- und Ölfarben und kümmert sich auch noch um einen Golden Retriever. In diesen Momenten kann sie abschalten, was auch dringend nötig ist, denn: „Das Politikgeschäft ist nicht immer nett und freundlich, sondern auch oft von Auseinandersetzungen geprägt. Die Kunst besteht darin, Kompromisse und damit Mehrheiten zu finden und im Interesse der Bürgerinnen und Bürger kluge Beschlüsse zu fassen.“
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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