Die Neuen im Bezirksparlament
Zum ersten Mal ist die Tierschutzpartei in der BVV Marzahn-Hellersdorf vertreten
Der neuen Bezirksverordnetenversammlung gehört erstmals die Tierschutzpartei an. Die dreiköpfige Fraktion war gleich Teil der Zählgemeinschaft, die Gordon Lemm (SPD) zum Bürgermeister wählte. In den kommenden fünf Jahren will die kleine Partei nicht Mitläufer, sondern Mitgestalter sein.
Die Bezirksverordneten der Tierschutzpartei („Partei Mensch Umwelt Tierschutz“) sind die Fraktionsvorsitzende Inka Seidel-Grothe (58), Cornelia Schulz (48) und Harald Zentner (73). Sie alle sind erst in diesem Jahr in die Partei eingetreten. Harald Zentner war fast 30 Jahre bei den Grünen aktiv. Der Hobbyimker wohnt in Marzahn und will in den Ausschüssen Wirtschaft, Gesundheit und Infrastruktur mitwirken. Cornelia Schulz aus Biesdorf arbeitet als Rechtspflegerin und ist stellvertretende Landesvorsitzende der Deutschen Justiz-Gewerkschaft. Ihre Erfahrungen will sie im Schul-, Sport- und Hauptausschuss einbringen.
Inka Seidel-Grothe ist seit 25 Jahren im Bundespresseamt tätig. Dort betreut sie die Gäste der Abgeordneten aller Parteien. Die Aufgabe sei vergleichbar mit der einer Reiseleiterin, erklärt sie. Durch die Gespräche mit den vielen verschiedenen Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet bekomme sie immer wieder aus erster Hand die politische Stimmungslage in der Bevölkerung mit. Entwicklungen wie den Aufstieg der AfD im vergangenen Jahrzehnt, aber auch den für viele überraschenden Wahlerfolg der Tierschutzpartei zuletzt in mehreren Bezirken, habe sie daher laut eigener Aussage schon frühzeitig kommen sehen.
In der zurückliegenden Wahlperiode war Seidel-Grothe, die in Biesdorf lebt und sich um einen Hühnerhof in der Maratstraße kümmert, noch Mitglied der Grünen und Bezirksvorsitzende. Sie habe sich jedoch als „Öko-Expertin“ allein gefühlt und den Eindruck gewonnen, dass die Grünen sich nicht mehr um ihre Kernthemen kümmerten. Weil die Tierschutzpolitik „völlig ignoriert wurde“, entschloss sie sich zum Parteiwechsel. Sie wird in den Ausschüssen Stadtentwicklung, Umwelt-, Natur- und Tierschutz dabei sein.
Mit drei Prozent bei der BVV-Wahl am 26. September hätten sie schon gerechnet, sagen die drei. Dass es dann sogar glatte fünf Prozent wurden, sei jedoch auch für sie überraschend gewesen. „Das hat damit zu tun, dass wir in den Kiezen gut vernetzt sind“, sagt Inka Seidel-Grothe. Im Wahlkampf seien sie sehr aktiv auf der Straße gewesen. Sie seien deshalb von vielen Menschen, die sie persönlich kennen, gewählt worden. Neben Tierfreunden hätten sie auch viele Nicht-Wähler und frustrierte Grünen-Wähler überzeugt, erklärt Seidel-Grothe. Zwei Tage nach der Wahl habe ihr jemand ein Nest mit einem toten Jungvogel vor die Haustür gelegt. Diese Tat habe sie als Bestätigung ihres Engagements und als Auftrag aus der Bevölkerung wahrgenommen, sich um den Tierschutz im Bezirk zu kümmern.
In den ersten Wochen nach der Wahl haben die drei neuen Bezirksverordneten ein Büro im Rathaus Marzahn eingerichtet, Mitarbeiter gesucht und ein Konto eröffnet. Sie seien kaum dazu gekommen, die BVV-Anträge zu lesen. „Wir brauchen noch Zeit, aber ab Januar wollen wir richtig durchstarten“, betont Cornelia Schulz. Dann möchte die Tierschutzpartei auch die ersten eigenen Anträge stellen. Sie wollen keinen Wohnungsneubau mehr im Bezirk, stattdessen Kindergärten und Schulen. Mindestens ein Hundeauslaufgebiet soll entstehen. Kleingärten, Parkanlagen und grüne Innenhöfe wollen sie schützen, regionale Märkte und kleine Gewerbetreibende fördern. Der Bezirk soll tierversuchsfrei bleiben.
An Kindergärten und Schulen sollen die Kinder Naturschutz und Tierethik kennenlernen. Die Natur könnten Kinder heute in Berlin kaum noch wahrnehmen, erklärt Harald Zentner. Dass sie auch als kleine Fraktion ihre Ziele erreichen können, davon sind sie überzeugt. „Ich glaube, dass es nicht so schwer sein wird, Mehrheiten zu finden“, sagt Cornelia Schulz. Denn selbst die CDU, so sagt sie, habe inzwischen ihr „grünes Herz“ entdeckt.
Kontakt zur BVV-Fraktion der Tierschutzpartei per E-Mail an buero@tierschutzfraktion-mahe.de oder unter Telefon 902 93 58 30.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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