Interview mit Heimathistorikerin Christa Hübner
"Der Bezirk wächst und verändert sich erneut"
Der Heimatverein hat zum 40. Geburtstags des Bezirks eine neue Chronik von Marzahn-Hellersdorf vorbereitet. Daran hat die Historikerin Christa Hübner maßgeblich mitgearbeitet. Mit ihr sprach Berliner-Woche-Reporter Harald Ritter.
Frau Hübner, Sie haben schon an der 1999 erschienenen Chronik für den Bezirk Marzahn mitgearbeitet. Was war jetzt anders?
Hübner: Zum einen geht es bei der neuen Chronik nicht nur um Marzahn, sondern um Marzahn-Hellersdorf. Wir haben viele Fakten auch zu den Ortsteilen Hellersdorf, Kaulsdorf und Mahlsdorf eingearbeitet. Allein dadurch schon musste die neue Chronik umfangreicher werden.
Die neue Chronik hat mehr als 250 Seiten. Das ist rund das Doppelte von dem der alten Chronik. Gab es auch mehr Material, neue Erkenntnisse?
Hübner: Das kann man wohl sagen. Die Quellenlage und die Recherche haben sich in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten erheblich verändert, allein durch das Internet. Es gibt wohl kaum eine Einrichtung oder ein Unternehmen, kaum einen Träger oder Verein, der heute nicht seine eigenen Internetseiten unterhält. Darin sind jeweils oft auch Angaben zur Geschichte zu finden. Das macht das Auffinden von Informationen, sei es um tiefer zu recherchieren, einfacher. Dadurch erhöht sich jedoch auch den Umfang der Arbeit.
Wann beginnt die neue Chronik und wann endet sie?
Hübner: Die neue Chronik beginnt mit dem 1973 beschlossenen Wohnungsbauprogramm der DDR. Das war auch schließlich der Startschuss zur Entstehung des Bezirks Marzahn-Hellersdorf. Sie endet mit dem 5. Januar 2019. Das ist der Tag, an dem vor 40 Jahren die Gründungsurkunde des Stadtbezirks Marzahn ausgefertigt und im Freizeitforum dieses Ereignis vom Bezirksamt mit vielen geladenen Gästen gefeiert wurde.
Was ist aus der Sicht der Historikerin die größte Veränderung im Bezirk in den zurückliegenden 20 Jahren?
Hübner: Zunächst einmal wurde 2001 mit der Berliner Verwaltungsreform der Großbezirk aus den beiden ehemaligen Bezirken Marzahn und Hellersdorf gebildet. Das war auch eine Art Wiedervereinigung, denn der Bezirk Marzahn schloss schließlich bei seiner Gründung in seinen Grenzen schon die Ortsteile Hellersdorf, Kaulsdorf und Mahlsdorf mit ein.
Was unterscheidet den Bezirk heute von dem vor 40 Jahren am deutlichsten?
Hübner: Wir hatten nach der Aufbauphase und der Wende erhebliche Umbrüche. Nicht nur die Wirtschaft und Verwaltung wurden umgebaut, sondern das gesamte gesellschaftliche Leben. Mit der Wiedervereinigung entstanden zahlreiche Institutionen, die im sozialen Bereich oder in der Kultur tätig sind. Die meisten sind geblieben, haben sich etabliert. Andere sind verschwunden, auch weil es aufgrund der besseren Wirtschaftslage weniger Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung gibt, denn solche sind nicht mehr in dem Maße erforderlich.
Was ist an der Entwicklung in der jüngsten Zeit erkennbar?
Hübner: Es wird kaum noch abgerissen, sondern wieder kräftig gebaut. Das wird in der Chronik besonders seit 2017 deutlich. Der Bezirk wächst und verändert sich erneut. Es bleibt eine spannende Sache, sich damit zu beschäftigen.
Wann haben Sie mit der Arbeit an der neuen Bezirkschronik begonnen?
Hübner: Im vergangenen Jahr. Unsere Arbeitsgruppe bestand aus drei Personen, außer mir noch Renate Schilling und Manfred Teresiak, beide gleichfalls seit vielen Jahren in der heimatgeschichtlichen Forschung tätig. Die Redaktion hat Wolfgang Brauer vorgenommen, der Vorsitzende unseres Heimatvereins. Ohne die Unterstützung des Bezirksmuseums wäre unsere Arbeit auch nicht möglich gewesen. Das hat uns neben dem Archiv auch Technik und Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt.
Die Bezirkschronik Marzahn-Hellersdorf umfasst etwa 250 Seiten und rund 60 Bildillustrationen. Sie wurde mit einer Erstauflage von 1000 Exemplaren gedruckt und ist ab dem 15. Juni beim Heimatverein und im Bezirksmuseum, Alt Marzahn 51, gegen eine Schutzgebühr von vier Euro erhältlich. Mehr Infos auf www.heimatverein-marzahn.de.
Autor:Harald Ritter aus Marzahn |
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