„Für das Thema Gewalt an Frauen sensibilisieren“
Gespräch mit Sina Spendler, der neuen Koordinatorin zur Umsetzung der Istanbul-Konvention

Sina Spendler auf einer von zwei Bänken mit dem Schriftzug „Hellersdorf sagt Nein zu Gewalt“ .  | Foto:  privat
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  • Sina Spendler auf einer von zwei Bänken mit dem Schriftzug „Hellersdorf sagt Nein zu Gewalt“ .
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Sina Spendler ist berlinweit die erste Koordinatorin für die Umsetzung der Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt. Angesiedelt ist ihre Stelle bei Maja Loeffler, der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten des Bezirks. Mit Berliner-Woche-Reporterin Ulrike Martin sprach Sina Spendler über Ihre neue Arbeit, ihre Pläne und die Herausforderungen, die auf sie zukommen.

Haben Sie schon erste Kontakte geknüpft und Schritte zur Vernetzung unternommen? Wenn ja, mit welchen Initiativen?

Sina Spendler: Über Maja Loeffler habe ich erste wichtige Vernetzungen auf Bezirksebene knüpfen können. Dazu gehört etwa der Arbeitskreis Marzahn-Hellersdorf gegen häusliche Gewalt, der für meine künftige Tätigkeit von zentraler Bedeutung sein wird. Darüber hinaus stehe ich im Austausch mit verschiedenen Frauenprojekten, insbesondere dem Frauenzentrum Matilde, das unter anderem Beratungen zu häuslicher Gewalt anbietet, sowie der Beratungsstelle bei häuslicher Gewalt des Trägers MIM. Ich plane, mich mit Fachkräften zu vernetzen, die in verschiedenen Bereichen tätig sind, zum Beispiel in der Arbeit mit Familien, Geflüchteten, Menschen mit Behinderungen, Gewalttätern oder Kindern, und die Berührungspunkte zu meinem Thema haben. Ein enger Austausch mit diesen Akteurinnen und Akteuren ist wesentlich, um gemeinsam ein koordiniertes Vorgehen zu entwickeln.

Welche Ziele haben Sie?

Sina Spendler: Mein übergeordnetes Ziel ist es, ein strukturiertes Vorgehen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention im Bezirk zu etablieren. Der Kampf gegen Gewalt an Frauen erfordert die Zusammenarbeit von Behörden, Organisationen und der Zivilgesellschaft. Viele Akteurinnen und Akteure beschäftigen sich bereits mit diesem Thema, jedoch möchte ich sicherstellen, dass dies koordiniert, systematisch und im Sinne der Vorgaben der Istanbul Konvention geschieht. Zudem ist es mir wichtig, die Menschen im Bezirk Marzahn-Hellersdorf, einschließlich der Behörden und Organisationen, für das Thema Gewalt gegen Frauen zu sensibilisieren. Besonders relevant ist dabei auch die Berücksichtigung der vielfältigen Problemlagen, mit denen verschiedene betroffene Gruppen konfrontiert sind. Frauen, die mehrfach diskriminiert werden, sei es aufgrund von Armut, einer Behinderung, mangelnder Sprachkenntnisse oder aufgrund von Mehrfachbelastungen durch Kinder, haben oft größere Hürden, einer Gewaltsituation zu entkommen. Deshalb liegt mir daran, dass alle betroffenen Frauen – unabhängig von ihrer Lebenslage – Beachtung und Unterstützung finden.

Was sind Sie von Beruf?

Sina Spendler: Ich bin Sozialarbeiterin und bringe mehrjährige Berufserfahrung sowohl in der Beratung von gewaltbetroffenen Frauen als auch in der Verwaltung mit. Diese Doppelperspektive ermöglicht es mir, sowohl die Bedürfnisse der Betroffenen zu verstehen als auch strukturelle Maßnahmen zu ergreifen, um ihnen effektiv zu helfen.

Was reizt Sie an Ihrer neuen Aufgabe?

Sina Spendler: Mich reizt besonders, dass die neue Aufgabe stark an den Menschenrechten orientiert ist und die Möglichkeit bietet, diese in die Praxis umzusetzen. Die Arbeit an einem so grundlegenden und bedeutenden Thema wie der Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt empfinde ich als äußerst empowernd. Besonders motivierend finde ich auch die enge Zusammenarbeit mit anderen engagierten Personen, die sich ebenfalls für dieses Thema einsetzen. Diese kollektive Anstrengung ist etwas, das mir viel Kraft und Zuversicht gibt.

Mit welchen Herausforderungen rechnen Sie?

Sina Spendler: Eine der größten Herausforderungen sehe ich darin, dass geschlechtsspezifische Gewalt tief in den gesellschaftlichen Strukturen verankert ist. Trotz wachsender Sensibilisierung steigen die Zahlen der Betroffenen weiterhin an. Das verdeutlicht, dass es sich um ein komplexes, strukturelles Problem handelt, das nicht kurzfristig gelöst werden kann. Dem entgegenzuwirken wird ein langwieriger Prozess sein, der kontinuierliche Anstrengungen und die Zusammenarbeit verschiedener Akteurinnen und Akteure erfordert.

Wohin können sich von Gewalt betroffene Frauen wenden?

Betroffene Frauen können sich berlinweit rund um die Uhr an die BIG Hotline unter der Telefonnummer 611 03 00 wenden, die 24/7 Unterstützung bietet. In Marzahn-Hellersdorf gibt es zudem das Frauenzentrum Matilde (Tel. 56 40 02 29) sowie die Beratungsstelle des MIM (Tel. 542 50 57), die beide auf die Beratung bei häuslicher Gewalt spezialisiert sind.

Sina Spendler auf einer von zwei Bänken mit dem Schriftzug „Hellersdorf sagt Nein zu Gewalt“ .  | Foto:  privat
Sina Spendler (rechts) mit Maja Loeffler, der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten des Bezirks. | Foto: privat
Autor:

Ulrike Martin aus Neukölln

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