Interview mit der Vorsitzenden der Seniorenvertretung Marzahn-Hellersdorf, Petra Ritter
"Unsere Arbeit ist nicht ständig sichtbar"
Seit Mai 2018 ist Petra Ritter (68) Vorsitzende der Seniorenvertretung Marzahn-Hellersdorf. Damit ist sie zugleich Mitglied der Landesseniorenvertretung und des Landesseniorenbeirats. Vom 14. bis 18. März wird die neue bezirkliche Seniorenvertretung für die kommenden fünf Jahre gewählt. Aus diesem Anlass hat Berliner-Woche-Reporter Philipp Hartmann mit ihr über die Bedeutung der Seniorenvertretung und die Wahl gesprochen.
Viele Senioren im Bezirk wissen nicht, dass es überhaupt eine Seniorenvertretung gibt. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Petra Ritter: In der Öffentlichkeit sind wir nicht so bekannt, weil wir nicht ständig sichtbar aktiv sind. Was wir erledigen, ist meist ein bisschen verborgen. Manchmal aber bekommen es die Leute mit, zum Beispiel bei den Türen im Spree Center. Das waren Pendeltüren, bei denen Leute mit Rollstuhl oder Rollator große Schwierigkeiten haben. Mit dem früheren Geschäftsführer war überhaupt nicht zu reden. Als dann aber die neue Geschäftsführerin kam, haben wir mit ihr gesprochen. Und es hat eine ganze Weile gedauert, weil es auch kompliziert war und teuer, aber jetzt gibt es da automatische Pendeltüren. Danach haben uns dann auch viele angesprochen und sich bedankt.
Warum sollten sich Senioren an dieser Wahl beteiligen?
Petra Ritter: Also erstmal: Warum soll es überhaupt eine Seniorenvertretung geben? Damit die Politiker wissen, welche Ansprüche Seniorinnen und Senioren haben, denn es gibt ja nicht mehr allgemein „die Senioren“. Das ist vielschichtig. Es gibt die Pflegebedürftigen, die Hochaltrigen, aber auch die aktiven Senioren. Sie brauchen aber auch die Bedingungen, um aktiv sein zu können. Dazu gehört unter anderem eine Barrierefreiheit für die, die nicht mehr ganz so rüstig sind, aber ansonsten noch voll fit. Deswegen ist das wichtig. Und es sollte gewählt werden, weil die Politiker sonst nicht mitbekommen, dass die Senioren das wirklich wollen.
Welche Themen sind für die Seniorenvertretung seit Jahren Dauerbrenner im Bezirk?
Petra Ritter: Die Bürgersteige, die sind total kaputt. Oftmals sind die noch aus DDR-Zeiten. Die Wurzeln der Bäume haben die Steine angehoben. Das sind Kanten von manchmal drei Zentimetern, und wer nicht mehr richtig gucken kann oder nicht darauf achtet, der liegt auf der Nase. Oder es sind total unterschiedliche oder kaputte Steine.
Wo liegen aktuell die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?
Petra Ritter: Immer noch bei der Barrierefreiheit. Ein Beispiel: In Marzahn sind Versorgungseinrichtungen mitten in den Wohngebieten, aber die Wege sind eben nicht barrierefrei. Und dann steht da auch noch „Benutzung auf eigene Gefahr“. Die Wege werden auch nicht geräumt im Winter, sind aber die kürzesten Wege für die Leute, die dort wohnen. Mit Rollator oder Rollstuhl aber ist das schwierig – oder es gibt einen Umweg von mehreren Hundert Metern.
Sie setzen sich dafür ein, dass Senioren bei der Digitalisierung nicht abgehängt, sondern mitgenommen werden. Was machen Sie denn dafür konkret?
Petra Ritter: Die Stadtteilzentren, mit denen wir sehr verbunden sind, unterstützen die Leute und machen auch sehr viel. Wir sind aber der Meinung, es muss feste Termine und feste Orte geben, wo die Leute genau wissen, da kann ich hingehen und da kriege ich Unterstützung, wenn ich nicht weiterkomme. Nichtsdestotrotz fordern wir, dass alle Wege offengehalten werden, also die persönliche Begegnung, das telefonische Gespräch und der Briefweg neben dem digitalen Kontakt. Sonst werden Senioren zum Teil ausgegrenzt. Es sind zwar viele, die inzwischen mit dem Handy umgehen können, aber die Anmeldungen wie beispielweise bei den Impfterminen sind doch manchmal ein bisschen kompliziert. Und vieles ist eben nur noch online zu erledigen. Ich habe zum Beispiel festgestellt, dass bei Ärzten das Telefon in Sprechstunden nicht abgenommen wird, dass die Leute hingehen müssen, aber manche das halt nicht können oder nur ganz schwierig. Das finde ich nicht in Ordnung.
Welche Kompetenzen hat die Seniorenvertretung überhaupt, um etwas zu erreichen?
Petra Ritter: Das ist gar nicht mal so schwierig. Wir nehmen ja an den Ausschusssitzungen der BVV teil. Jeder von uns hat ein Aufgabengebiet, geht in eine Ausschusssitzung und da können wir unsere Probleme vortragen. Wir haben ein Rederecht. Ich muss sagen, bei uns funktioniert das relativ gut. Ich hatte nie ein Problem. Es wurden etliche Probleme weitergetragen. Da sind wir gut dran. Aber es gibt eben auch bezirkliche Seniorenvertretungen in Berlin, wo das nicht so ist.
Warum klagen Seniorenvertreter immer wieder, nur so wenig Mitsprache zu haben?
Petra Ritter: Wir haben zwar Rederecht, aber viele Seniorenvertreter wollen auch ein Antrags- und Beschlussrecht. Wir dürfen nicht mitbestimmen. Wenn man da aber mal reingeschnuppert hat, weiß man genau, welches Ausschussmitglied man ansprechen kann. Manche Probleme kann man im Bezirk nicht lösen, doch die können wir natürlich in der Landesseniorenvertretung und im Landesseniorenbeirat vortragen. Der Landesseniorenbeirat Berlin berät auf der Grundlage des Berliner Seniorenmitwirkungsgesetzes das Abgeordnetenhaus und den Senat in seniorenpolitisch wichtigen Fragen. Es ist das Gremium, wo man Probleme besprechen und Lösungswege suchen kann.
Welche Möglichkeiten haben Senioren das Gremium und die Kandidaten zur Wahl Mitte März kennenzulernen?
Petra Ritter: Die Wahlbenachrichtigungen für die Wahlen zur Vorschlagsliste der Seniorenvertretung 2022 werden ab dem 14. Januar an alle wahlberechtigten Bürger versandt. Die Kandidaten stellen sich dann bei drei Terminen den Bürgern vor: 17. Januar 10-14 Uhr und 20. Januar 14-18 Uhr im Informationszentrum Hellersdorfer Straße 159 sowie am 18. Januar 10-14 Uhr im Freizeitforum Marzahn, Marzahner Promenade 55. Eröffnet werden die Vorstellungsrunden von Sozialstadträtin Nadja Zivkovic (CDU) und moderiert von Mitgliedern der bezirklichen Wahlkommission.
Kontakt zur Seniorenvertretung gibt es unter Telefon 902 93 43 77 oder per E-Mail an seniorenvertretung-mh@gmx.de.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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