Sogar der Fischotter fühlt sich wohl
Das Wuhletal bietet Menschen Erholung und Tieren ein Zuhause
Mitten im Gespräch zeigt Friederike Richter plötzlich auf einen kleinen Baum am Wuhletal-Wanderweg. „Da sitzt ein Neuntöter“, sagt sie. Der Vogel sei bekannt dafür, seine Beute auf Dornen aufzuspießen und manchmal erst Tage später zu verspeisen. Wer mit den Stadtnatur-Rangerinnen von Marzahn-Hellersdorf unterwegs ist, erlebt häufig solche Momente.
Die Gebiete entlang der Wuhle, die Kaulsdorfer Seen und die vielen kleinen Teiche und Tümpel im Bezirk sind der Arbeitsplatz von Caroline Thiem und Friederike Richter von der Stiftung Naturschutz Berlin. Allein im Wuhletal soll es 776 Tierarten geben, darunter auch viele gefährdete.
Erstnachweis gelang erst vor Kurzem
Erst vor wenigen Wochen konnte mithilfe einer Wildtierkamera eine ganz besondere Entdeckung gemacht werden. Eines Nachts huschte da auf einmal ein Fischotter durchs Bild. „Das ist etwas ganz Besonderes. Wir haben jetzt den Erstnachweis des Fischotters in Marzahn-Hellersdorf“, sagt Caroline Thiem. Das müsse zukünftig bei Bauprojekten beachtet werden. So müssten Brücken beispielsweise „fischottergerecht“ geplant und umgebaut werden. Was das bedeutet? „Der Fischotter muss zum Beispiel Licht am Ende des Tunnels sehen können, sonst läuft er über die Straße und wird überfahren.“
Ein Stück südlich des S- und U-Bahnhofs Wuhletal biegt die Rangerin kurz vom Wanderweg ab durchs Gebüsch. Diese Stelle, so erzählt sie, sei bei Kindern zum Spielen beliebt, denn dort kommen sie direkt an die hier sehr schmale Wuhle heran. Ganz in der Nähe fanden Kinder im Frühjahr 2021 den Schädel eines Bibers und nahmen diesen mit nach Hause. Eine Mutter informierte daraufhin die Rangerinnen, die den Fund der unteren Naturschutzbehörde meldeten. Jetzt lagert der Schädel im Umweltbildungszentrum im Kienbergpark und wird dort bei Vorträgen präsentiert. Im vergangenen Jahr hat Caroline Thiem im Wuhleteich auch ein lebendes Exemplar gesehen. Sie selbst tippt auf sechs Reviere im Bezirk.
Nachdem der Biber in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert so gut wie ausgestorben war, ist er seit etwa 20 Jahren wieder in Berlin anzutreffen. Das freut nicht jeden, denn der Biber nagt auch gern mal Bäume an, die sich in Privatbesitz befinden. Für die Wuhle ist er keine Gefahr. „Er kann seine Umwelt zwar stark gestalten, aber in Marzahn-Hellersdorf funktioniert das Zusammenleben bisher“, erklärt Friederike Richter.
Ein Fernglas sollte immer griffbereit sein
Am Karpfenteich nahe dem Wilhelm-Griesinger-Krankenhaus greift die Biologin aus Marzahn immer wieder zum Fernglas. Den Graureiher, der hier auf Nahrungssuche wie angewurzelt in der Mitte des Gewässers steht, lässt sie dabei außer Acht. Der sei sowieso fast immer da. Vielmehr möchte sie Eisvögel beobachten, die ebenfalls dort mit ziemlicher Sicherheit anzutreffen seien. Der Eisvogel sei ein „Schmuckstück“, erklärt die Expertin. Wer an der Wuhle Erholung suche und aufmerksam unterwegs sei, könne immer wieder aufs Neue interessante Entdeckungen machen.
Auch privat verbringen die beiden Rangerinnen gern ihre Zeit am Wasser. Caroline Thiem schwärmt beispielsweise von den Auengebieten im mittleren Wuhletal, aber auch die Kaulsdorfer Seen gefallen ihr. „Die großen Seen, die Schilfgebiete, die Weitläufigkeit – da hat man immer einen tollen Blick.“ Friederike Richter pflichtet ihr bei. Am Wuhletal mag sie die vielfältigen Strukturen wie zum Beispiel kleine Stromschnellen, feuchte Wiesen oder Auwaldbereiche.
Darüber hinaus habe der Schleipfuhl einiges zu bieten, wie sie berichtet. „Das Gros der Menschen weiß, was es an der Natur hat.“ So würden zum Beispiel die ehrenamtlich engagierten Wuhletal-Paten immer wieder Müll einsammeln. Sorgen machen sich die Rangerinnen hingegen über die Auswirkungen der Trockenheit und des Klimawandels. Viele Pflanzen und Tiere, die am und im Wasser leben wie Frösche oder Kröten, seien dadurch stark bedroht. Existierende Feuchtgebiete wie im Wuhletal seien deshalb extrem wichtig, müssten gepflegt und erhalten werden. „Es ist ein wertvolles Gebiet und hat den Schutzstatus verdient“, betonen beide.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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