Für die Liebe nach Berlin
Franz Kafka und seine Zeit in Steglitz-Zehlendorf

In der Grunewaldstraße 13 verbrachte Frank Kafka nur eine kurze Zeit. Die Miete wurde zu teuer. | Foto:  KEN
  • In der Grunewaldstraße 13 verbrachte Frank Kafka nur eine kurze Zeit. Die Miete wurde zu teuer.
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Er war Jurist und spezialisiert auf Unfallverhütung bei der halbstaatlichen Arbeiter-Unfallversicherungs-Anstalt für das Königreich Böhmen in Prag, wo er in eine assimilierte jüdische, deutschsprachige Familie hinein geboren wurde, war ein guter Schwimmer, unheilbar tuberkulosekrank, befreundet mit Schriftstellern wie Max Brod und Franz Werfel – und er wohnte vor seiner Übersiedlung in ein Sanatorium im österreichischen Kierling, wo er vor 100 Jahren nur 40-jährig verstarb, im heutigen Steglitz-Zehlendorf: Franz Kafka, einer der bedeutendsten deutschsprachigen Vertreter der Weltliteratur.

Dass wir ihn heute noch lesen können, verdanken wir einem Wortbruch: Von Kafka war zu Lebzeiten nur ein Bruchteil seiner Werke veröffentlicht worden, so dass ihm klar gewesen sein dürfte, dass er nicht als Schriftsteller leben konnte. So musste Kafka bis zu seiner krankheitsbedingten Pensionierung ein Doppelleben führen: im „Brotberuf“ als durchaus geschätzter Versicherungsmitarbeiter und als Schriftsteller, dem die Nachwelt Romane wie "Der Process" und "Das Schloss" ebenso verdankt wie etwa die Erzählungen "In der Strafkolonie" und "Die Verwandlung". Niemand würde das heute mehr lesen können, hätte Max Brod nicht entschieden, das Versprechen zu brechen, Kafkas Werke nach dessen Tod zu vernichten.

Kafkas Bemühungen um dauerhafte Beziehungen zu Frauen wie Felice Bauer oder Milena Jesenska waren ebenso oft gescheitert wie die Versuche, Prag zu verlassen („dies Mütterchen hat Krallen“). Berlin, das er etwa zu Ver- und Entlobung mit Felice Bauer bereits in den 1910er Jahren besucht hatte, galt ihm als ein Sehnsuchtsort, wie sein Biograf Klaus Wagenbach vermerkt. Im September 1923 schafft er es dann endlich, nachdem er Dora Diamant kennengelernt hatte und heiraten wollte.

Häufige Wohnungswechsel

Sie ziehen in die Miquelstraße 8, heute Muthesiusstraße 20, nach Steglitz, für Kafka „ein halbländlicher, gartenstadtähnlicher Vorort von Berlin“. Doch finanzielle Schwierigkeiten im Inflationsjahr und das Auftreten seiner in der "Kleinen Frau“ literarisch verarbeiteten Vermieterin Hermann zwingen das Paar, schon Mitte November in die Grunewaldstraße 13 umzuziehen. Clara Hermann, an die noch heute ein Stolperstein erinnert, ist übrigens ebenso Opfer der Nazis geworden wie Kafkas Schwestern.

Doch die Wohnung mit Zentralheizung in der Villa der Ärztin Rethburg – „der markanteste Erinnerungsort in der Topographie von Kafkas Berlin“ (Michael Bienert) – ist letztlich unbezahlbar und so ziehen sie zum 1. Februar 1924 erneut um. Adresse nun: Heidestraße 25-26, heute Busseallee 7-9, ehe Kafka Berlin am 17. März 1924 endgültig und zum Sterben verlässt.

Wer nun etwas über den Schriftsteller und seine Wohnorte erfahren möchte, ohne diese „abklappern“ zu müssen, vielleicht auch schon in die ARD-Serie "Kafka" oder den Kinofilm "Die Herrlichkeit des Lebens geschnuppert" hat oder einfach nur Kafka-Leser ist, sollte sich Dienstag, 16. April, 19.30 Uhr vormerken. Dann liest Michael Bienert in der Nicolaischen Buchhandlung, Rheinstraße 65, aus seinem gerade im Verlag für Berlin-Brandenburg erschienen „Wie der Himmel über der Erde“ – Kafkas Orte in Berlin".

Auf 32 Seiten und mit 20 Illustrationen sowie zwei historischen Stadtplänen mit Kafkas Berliner Aufenthaltsorten innen auf dem Umschlag beschreibt er darin die Orte, die für den Prager Schriftsteller bedeutend waren, also nicht allein die Steglitz-Zehlendorfer Wohnungen, sondern neben anderen auch Anhalter Bahnhof, Potsdamer Platz oder den Meistersaal Köthener Straße, wo Ludwig Hardt aus Kafkas Bericht an eine Akademie am 3. Februar 1924 las – in Abwesenheit des schon todkranken Autors.

Autor:

Uwe Lemm aus Mahlsdorf

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