Gedenken und auseinandersetzen
Vier Orte am Hindenburgdamm und in Dahlem sollen nach bedeutenden Persönlichkeiten benannt werden
Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) möchte vier Plätze am Hindenburgdamm und in Dahlem nach bedeutenden Persönlichkeiten benennen. Damit möchte die BVV anregen, sich mit der verbrecherischen Politik des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen.
Am Hindenburgdamm soll der baumbestandene Platz an der Einmündung der Neuchateller Straße nach dem Theologen Theodor Moldaenke benannt werden. Der Pfarrer war in der Bekennenden Kirche aktiv. Der Dorfanger mit der Pauluskirche soll den Namen der ersten Bundesverfassungsrichterin Erna Scheffler. 1933 wurde sie wegen ihrer jüdischen Herkunft mit Berufsverbot belegt und konnte ihren Beruf als Richterin und Anwältin nicht mehr ausüben. Scheffler wurde 1951 als einzige Frau an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe berufen und war dort bis 1963 Richterin.
Der Vorplatz des Benjamin-Franklin-Krankenhauses soll zukünftig den Namen des Kinderarztes Kurt Huldschinsky tragen. Huldschinsky entdeckte im Winter 1918/19 die erste wirksame Behandlungsmöglichkeit gegen Rachitis durch Ultraviolettstrahlung. Dafür wurde er für den Nobelpreis vorgeschlagen. Weil Huldschinsky Jude war, wurde seine Berufsausübung massiv eingeschränkt. 1934 musste er aus Deutschland fliehen.
Neben diesen Orten am Hindenburgdamm erhält auch der namenlose Platz zwischen den Straßenführungen im Gehege vor der Gail-S.-Halvorsen-Schule in Dahlem und in Nähe zum Martin-Niemöller-Haus an der Pacelliallee einen Namen. Er wird nach dem langjährigen Oberkantor der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Estrongo Nachama, benannt. Nachama überlebte als einziger seiner sepharisch-jüdischen Familie das Konzentrationslager Auschwitz und den Todesmarsch der Häftlinge des KZ Sachsenhausen. Nach dem Krieg beförderte er den interreligiösen Dialog im Sinne des aufgeklärten Humanismus. Der Estrango-Nachama-Preis für Toleranz und Zivilcourage wird seit 2013 in seinem Gedenken von der Berliner Stiftung Meridian verliehen.
Mit der Namensgebung der Plätze sollen unter anderem Anwohner und Schulen der Umgebung zu einer Auseinandersetzung mit der Politik zu Beginn des Nationalsozialismus angeregt werden. Schwerpunktthemen dabei sind Rassismus, Antisemitismus, Benachteiligung von Frauen und die Bedeutung des Grundgesetztes der Bundesrepublik Deutschland.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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