Wer wird die nächste Bürgermeisterin von Steglitz-Zehlendorf?
Berliner Woche-Interview mit den aussichtsreichsten Kandidatinnen
Die aussichtsreichsten Bewerberinnen für das Amt der Bürgermeisterin sind Cerstin Richter-Kotowski (CDU), Carolina Böhm (SPD) und Maren Schellenberg (Grüne). Im Interview mit Berliner Woche-Reporterin Karla Rabe sprechen die Kandidatinnen darüber, welches für sie die wichtigsten Probleme sind, die es zu lösen gilt.
Frau Richter-Kotowski, welches waren Ihre größten Erfolge als Bürgermeisterin?
Richter-Kotowski: Wir haben mehr und besseren Wohnraum geschaffen. Mir ist es sehr wichtig, Wohnquartiere vor allem auch mit bezahlbarem Wohnraum zu schaffen. In Lichterfelde Süd haben wir eines der größten Wohnungsbauprojekte in Berlin mit 2500 Wohneinheiten auf den Weg gebracht. Für die kommenden Jahre sind insgesamt über 4300 Wohnungen in Planung. Wir haben ein 80 Kilometer langes Radroutennetz entwickelt. 2019 wurde die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit weiterentwickelt. Das Bezirksamt ist in den Sozialen Netzwerke aktiv und wir haben einen eigenen Podcast.
Frau Böhm, welches waren Ihre größten Erfolge als Stadträtin für Gesundheit und Jugend?
Böhm: Das Jugendamt musste wieder funktionstüchtig gemacht werden. Fast ein Viertel aller Stellen war unbesetzt. Inzwischen sind fast alle Stellen besetzt und es gibt viel mehr Angebote für Kinder und Jugendliche als noch vor fünf Jahren. In meiner Zuständigkeit lag auch das Gesundheitsamt. Das war die größte Herausforderung. Niemand hatte jemals mit einer solchen Pandemie zu tun, wir mussten die Arbeit völlig umstrukturieren und täglich neue Tatsachen verstehen lernen.
Frau Schellenberg, welches waren Ihre größten Erfolge als Stadträtin für Immobilien, Umwelt und Tiefbau?
Schellenberg: Ein großer Erfolg war der Beginn der Umsetzung der Schulbauoffensive, also die Sanierung von Schulen. Es wurde viel investiert und verbaut, große Sanierungen stehen kurz vor dem Start. Auch in der Digitalisierung der Verwaltung sind wir vorangekommen. Die IT des Bezirksamtes hatte viel nachzuholen und ist in der Neuzeit angekommen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für eine moderne Verwaltung. Außerdem wurden
viele Spielplätze und Bolzplätze saniert, Grünanlagen neu gestaltet und somit dort die Aufenthaltsqualität verbessert.
Wenn Sie heute drei Dinge in Steglitz-Zehlendorf ändern könnten, welche wären das?
Richter-Kotowski: Es müssen zügig Maßnahmen gegen die wiederkehrende Vermüllung eingeleitet und umgesetzt werden. Ich möchte einen sauberen Kiez für die Menschen, die Umwelt und die Tiere im Bezirk. Ich wünsche mir für die an unseren Hochschulen sehr gut ausgebildeten Lehrkräfte die sofortige Verbeamtung. Ich hoffe, dass sich das „Zuständigkeitswirrwarr“ zwischen Senat und Bezirk in den Griff bekommen lässt.
Böhm: Heute – so mit dem Zauberstab? 1. Der Hermann-Ehlers-Platz ist umgebaut und eine Aufenthaltsoase geworden. 2. Die U9 ist bis nach Lankwitz verlängert, dadurch können wir den Straßenverkehr um einige Buslinien entlasten. 3. Durch konsequente Dach- und Fassadenbegrünungen, mehr verkehrsberuhigte Zonen und Spielstraßen schaffen wir Abkühlung in den heißen Sommern auch in den dicht besiedelten Gebieten.
Schellenberg: Ich würde den Durchgangsverkehr durch Steglitz und Zehlendorf wesentlich zu reduzieren. Nicht durch Verbote, sondern durch die Schaffung besserer Angebote. Ich wünsche mir Tempo 30 in allen Nebenstraßen, zu Erhöhung der Sicherheit aber auch als Lärmschutz für die Anwohnenden. Bürgern sollte durch ein schnelleres Voranschreiten der Digitalisierung der Verwaltung, viel mehr Möglichkeiten gegeben werden, ihre Anliegen und Anträge digital einreichen zu können, ohne Termin und ohne Wartezeit.
Was ist die größte Herausforderung, die es in den nächsten Jahren zu stemmen gilt?
Richter-Kotowski: Neben dem Neubau des Rathauses Zehlendorf stellt die Verwaltungsmodernisierung die größte Herausforderung dar. Viele interne Prozesse sind „überbürokratisiert“. Bei den weltweit tiefgreifenden Veränderungen von der Pandemie bis zur fortschreitenden Digitalisierung und dem Klimawandel, können wir mit dem bisherigen Tempo nicht weitermachen. Ich möchte, das unser Bezirk zum Vorreiter und Pionier bei der Modernisierung der Verwaltung wird.
Böhm: Das wird die Vorbereitung des Rathaus-Neubaus in Zehlendorf sein. Die Bürger wünschen sich hierbei mehr Partizipation. Ich denke, das ist wichtig für den Ort, den sie als ihr neues Zentrum in Zehlendorf Mitte wahrnehmen. Die zweite, genauso große Herausforderung wird das Bauvorhaben in Lichterfelde Süd. Hier sind noch zu viele Fragen ungelöst. Dazu gehören die Verkehrslenkung, Verbindung zur gegenüberliegenden Siedlung, Erhaltung der Weidelandschaft.
Schellenberg: Die Sanierung unserer Schulen aber auch aller öffentlicher Gebäude. Hierzu braucht es Personal und Geld. Die Bezirke müssen ausreichend unterstützt werden. Der Erhalt unseres Baumbestandes, unserer Biotope, die Pflege unserer Grünanlagen ist eine wichtige Aufgabe. Die Weiterführung der Verkehrswende ist eine wesentliche Aufgabe und die Sicherheit der Fußgänger, insbesondere der Kinder, muss deutlich verbessert werden. Dem Thema steigende Mieten und fehlender Wohnraum müssen wir uns stellen und mit dem Land entsprechende Konzepte entwickeln.
Was müsste in Sachen Umwelt- und Klimaschutz im Bezirk passieren?
Richter-Kotowski: Klimaschutz hat einen großen Stellenwert für mich, denn es geht nicht nur um uns, sonder auch um die Generation nach uns. Ich möchte das Rathaus zu einer klimafreundlichen Verwaltung ausbauen. Es liegt bereits ein integriertes bezirkliches Klimaschutzkonzept vor, das vielfältige Maßnahmen beinhaltet. Ich möchte die Lebensqualität unseres Bezirkes erhalten und jeden Tag ein Stück verbessern – die gelingt nur, wenn wir auch auf unsere Umwelt achtgeben.
Böhm: Es muss überlegt werden, welche Baumaßnahme wirklich notwendig ist, wo können Flächen entsiegelt und wo die Artenvielfalt gestärkt werden. Das sollte beispielsweise auch beim Neubau des Rathauses im Vordergrund stehen, aber genauso bei der Neugestaltung des Hermann-Ehlers-Platzes oder dem Umbau des Breitenbachplatzes. Außerdem muss noch mehr Energie in den Ausbau der Rad-Infrastruktur fließen.
Schellenberg: Klimaschutz, Artenschutz, Umweltschutz sind globale Themen, die auch auf lokaler Ebene im Bezirk eine herausragende Rolle spielen. Als Bürgermeisterin würde ich diese Querschnittsaufgabe zur Chefsache machen, um die einzelnen Ämter optimal zu vernetzen. Der Kontakt zu Initiativen aller Themen, die sich in Sachen Klima- und Artenschutz engagieren, sollte verstärkt werden. Bei allen Baumaßnahmen sollte die öffentliche Hand die bestmöglichen energetischen Konzepte umsetzen, aber auch Photovoltaik-, Dach- und Fassadenbegrünung vorsehen.
Was verbindet Sie mit Steglitz-Zehlendorf, wo ist Ihr Lieblingsort im Bezirk?
Richter-Kotowski: Ich bin in Zehlendorf geboren und verbringe eigentllich schon mein ganzes Leben im Bezirk. Ich kenne so viele tolle Orte, bin aber besonders gern auf unseren Märkten im Bezirk unterwegs. Ich liebe es, durch die Kieze in Steglitz-Zehlendorf zu spazieren und mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Der Bezirk ist so lebens- und liebenswert. Dies gilt es zu erhalten.
Böhm: Da ist so vieles, was ich lieb gewonnen habe. Ich vermisse den Staudenmarkt im Botanischen Garten, der wegen der Pandemie schon zwei Jahre ausgefallen ist. Die Märkte im Bezirk sind wunderbar und das Damwild im Gemeindepark Lankwitz. Den richtigen Lieblingsort verrate ich nicht – sonst ist es ja keiner mehr.
Schellenberg: Seit 1987 lebe ich in Berlin und seitdem auch im Bezirk. Das ist mein Bezirk. Hier will ich auch nicht wieder weg. Ich schätze die Vielfältigkeit dieses Bezirks – urban im Bereich der Schlossstraße und Grün in vielen Bereichen. Dabei haben wir lebendige Kieze mit aktiven Bürgern, die sich für ihren Kiez einsetzen und das merkt man. Mein ganz persönlicher Lieblingsort ist der Fischtalpark, in dessen Nähe ich wohne und die Gegend um die Ladenstraße an der U-Bahn Onkel-Tom.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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