Hände hoch für Schlachtensee
Erste Anwohnerversammlung war ein voller Erfolg für die Befürworter eines achten Ortsteils
Das Kiezgefühl stärken, die Verkehrsanbindung verbessern und politisch mehr durchsetzen können – darum ging es bei der ersten Bürgerversammlung, zu der die Initiative Ortsteil Schlachtensee eingeladen hatte. Mehr als 170 Anwohner zeigen Interesse und kamen in die Johanneskirche Schlachtensee – die in Zehlendorf liegt.
Der Lokalhistoriker Dirk Jordan, einer der Gründer der Initiative, erläuterte zum Auftakt anhand einer historischen Karte von 1912, dass Zehlendorf damals eine eigenständige Landgemeinde war und Schlachtensee als Ortsteil dazu gehörte. Erst mit der Eingemeindung Zehlendorfs nach Berlin 1920 verschwand der Ortsteil aus den offiziellen Karten.
Jordans Mitstreiter Joachim Elsholz stellte die möglichen Grenzen eines künftigen achten Ortsteils vor. „Die Villenkolonien Schlachtensee-West und Schlachtensee-Ost, also der historische Kern, wären eine Variante. Man könnte aber auch das Studentendorf einbeziehen und kleine Teile von Nikolassee und Zehlendorf.“ Elsholz erzählte auch, dass bei Befragungen viele Anwohner gar nicht gewusst hätten, dass Schlachtensee kein Ortsteil ist, auch nicht, dass auf der belebten Breisgauer Straße die Grenze zwischen Zehlendorf und Nikolassee verläuft.
Kritik an schlechter Busverbindung
Stefan Schlede (CDU), in den 1990er-Jahren Bildungsstadtrat und stellvertretender Bürgermeister in Zehlendorf, sagte, dass das „Heimatgefühl“ wichtig sei. „Steglitz-Zehlendorf ist groß, warum sollen wir uns nicht in kleineren Teilen zusammenfinden?“. Zudem könnte in Schlachtensee als Ortsteil einiges vorangebracht werden. Zum Beispiel seien eine öffentliche Toilette und ein Zebrastreifen im nördlichen Teil der Breisgauer Straße – dort liegen die meisten Geschäfte – wünschenswert. Ebenso sollte in diesem Gebiet wieder ein Bus fahren. Seit die Linie durch die Matterhornstraße eingestellt wurde, gebe es keine direkte Verbindung mehr zum Mexikoplatz oder zur Potsdamer Chaussee. „Eventuell könnte ein Rufbus eingerichtet werden“, schlug Schlede vor. „Wir sollten jedenfalls ein bisschen Druck ans Bezirksamt weitergeben, den Ortsteil auszuweisen.“
Mit der schlechten Busverbindung hatte Schlede den Nerv vieler Anwohner getroffen. „Es gibt hier viele Ärzte und Therapeuten, besonders für ältere Menschen ist es schwer verständlich, dass keine Busse die Praxen und Einrichtungen anfahren“, sagte eine Bürgerin. Eine zweite berichtete, wie umständlich es sei, von der Gemeinde Schlachtensee zur Gemeinde Nikolassee zu kommen.
Im Publikum war auch Bildungs- und Kulturstadtrat Frank Mükisch (CDU). Er zeigte sich etwas überrascht. „Ich bin davon ausgegangen, dass sich die Anwohner hauptsächlich geografisch als Schlachtenseer fühlen, jetzt hört es sich an, als sollte eine Gebietskörperschaft gegründet werden. Welchen Vorteil hätte das?“ Dazu passte die Wortmeldung eines Anwohners: „Wenn wir ein Ortsteil wären, könnten wir politisch vertreten werden.“
Ein weiteres Thema war die Finanzierung einer Bürgerbefragung zum Ortsteil, die in einer Vorlage des Bezirksamtes mit 20 000 Euro beziffert wurde. Der FDP-Bezirksverordnete Rolf Breidenbach verwies auf den Antrag seiner Fraktion, wonach jeder zehnte Einwohner im Ortsteil-Gebiet befragt werden könnte, das senke die Kosten. Jordan machte einen anderen Vorschlag: „Warum beschließt das Bezirksamt nicht einfach den Ortsteil? Einwände könnten doch danach beachtet und berücksichtigt werden.“
Zum Abschluss der Veranstaltung gab es ein Stimmungsbild – es wurde zur Abstimmung per Handzeichen aufgerufen. Die überwältigende Mehrheit war für die Gründung eines Ortsteil, vier Personen stimmten dagegen, elf enthielten sich. „Ein schöner Erfolg“, lautete Dirk Jordans Fazit.
Der nächste Schritt: Der Antrag der FDP-Fraktion zur Organisation der Bürgerbefragung wird am Donnerstag, 7. März, im Ausschuss für Haushalt, Personal und Verwaltungsmodernisierung diskutiert.
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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