TELEMEDIZIN ALS TEIL DER NOTVERSORGUNG
Physiotherapie in Zeiten von Corona

Foto: Sebastian Steinberg

Sie helfen uns nach einem Unfall oder einer OP wieder auf die Beine, befreien uns von Rückenschmerzen und zaubern schmerzhafte Blockaden weg. Sie sind ein unverzichtbarer Teil des Versorgungssystems und können dank ihres Fachwissens nicht selten kleine Wunder vollbringen: die Physiotherapeuten!

Nach Aussagen der Bundesregierung sollen alle medizinischen Einrichtungen weiterhin geöffnet bleiben. Darunter fallen auch Physiotherapie-Praxen. Dennoch geraten unsere Helden mit den goldenen Händen in der Corona-Krise zunehmend in Existenznot.

Physiotherapeut Gunnar Schöffel, der in Zehlendorf eine Praxis mit vier Mitarbeitern betreibt, erklärt dazu: “Viele Patienten trauen sich nicht mehr zu uns zu kommen, brechen aus Angst vor einer Infektion mit Covid-19 notwendige Behandlungen ab. Eine freiwillige Schließung kommt aber für uns auch nicht in Frage, denn dann hätten wir keinerlei Entschädigungsansprüche mehr. Anders wäre es nur, wenn es einen Infektionsfall in der Praxis gäbe, aber das versuchen wir ja natürlich mit aller Macht zu verhindern.”

Probleme gibt es auch an anderer Stelle. “Selbstverständlich haben wir unsere Hygienemaßnahmen gemäß der Empfehlungen des RKI erhöht. Dadurch werden unsere Vorräte an Desinfektionsmitteln  langsam knapp. Doch deren Beschaffung ist bekanntlich derzeit kaum möglich.”

Die Landesverbände des Deutschen Verbandes für Physiotherapie (ZVK) haben die Landesregierungen aufgefordert, unverzüglich eine Verteilung dieser Artikel an die Praxen vorzunehmen. Außerdem sei die Politik gefragt, schnellstmöglich einen Rettungsschirm über ihre um die Existenz kämpfenden Praxen aufzuspannen, so der Verband. Doch ob und wann das passiert kann derzeit niemand verbindlich beantworten.

Gute Nachrichten gibt es von den gesetzlichen Krankenkassen. Diese haben bis zum 30. April die Regeln für Verordnungen für Physiotherapie gelockert. Laut Verbraucherzentrale (Stand 20.3.2020) muss die Behandlung nach den neuen Regelungen nicht mehr innerhalb von 14 Tagen beginnen. Die Behandlung kann zudem für einen längeren Zeitraum unterbrochen werden. Zum Beispiel wenn Patienten wegen der Corona-Pandemie Termine nicht wahrnehmen können, aus Sicherheitsgründen diese nicht wahrnehmen möchten oder wenn der Therapeut nicht zur Verfügung steht. Dies gilt für alle Rezepte, bei denen die letzte Behandlung vor der Unterbrechung nach dem 17. Februar 2020 erfolgte.

“Außergewöhnliche Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen”

Gunnar Schöffel hat fürs Erste gehandelt. Um einen Teil des Angebots zum Wohle der Patienten in jedem Falle sicher zu stellen und dem gehobenen Sicherheitsbedürfnis Rechnung zu tragen, bieten er und sein Team ab sofort individuelle Krankengymnastik zusätzlich per Videotelefonie an. “Wir wollen auch in der Krise für unsere Patienten da sein und mit ihnen gemeinsam verhindern, dass sie Rückschritte in der Rehabilitation erfahren. Und vielleicht ist eine kleine Sporteinheit auch eine willkommene Ablenkung in diesen schwierigen Zeiten.“

Diese bereits aus anderen Bereichen bekannte Möglichkeit der Telemedizin kann jeder in Anspruch nehmen, der über eine stabile Internetverbindung, ein Smartphone, Tablet oder PC und eine Verordnung über Krankengymnastik, Bewegungs- oder Atemtherapie oder Kreislaufgymnastik verfügt.

Insbesondere für Patienten, die sich in Quarantäne befinden, dürfte das ein kleiner Lichtblick sein. 
Sabine Wilhelm-Osterloh

Autor:

Sabine Wilhelm-Osterloh aus Lichtenrade

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