Mit Stipendium in die USA
Jan-Marco Luczak ermöglicht Jugendlichen USA-Aufenthalt
Jeder Bundestagsabgeordnete kann über das Parlamentarische Patenschafts-Programm (PPP) einmal im Jahr ein Stipendium an einen Jugendlichen aus seinem Wahlkreis vergeben. Der darf gut zehn Monate in den USA leben. Der Tempelhof-Schönberger CDU-Abgeordnete Jan-Marco Luczak traf sich kürzlich mit einer Heimgekehrten und einem, dem die große Reise noch bevorstand.
Michelle Domagalla hat ihre Auslandszeit im Südwesten von Michigan, in der Nähe von Chicago, verbracht. Als es im August 2021 losging, sei sie sehr, sehr aufgeregt gewesen, erzählt sie. Mit ihren Gasteltern kam sie jedoch schnell gut klar, genauso wie mit den beiden Gastschwestern, ein und vier Jahre jünger als sie selbst.
Klischees bewahrheitet
Obwohl sie schon zuvor in den USA gewesen war, wollte sie offen sein und kein festes Bild im Kopf haben. Gewisse Klischees hätten sich aber bewahrheitet, zum Beispiel die Waffenbegeisterung, erzählt sie. Während ihres Aufenthalts habe es an einer Schule in der Nähe einen Amoklauf gegeben. „Wir haben in der High School darüber gesprochen. Da sagen dir 15-Jährige: 'Wir brauchen eine Waffe, um uns zu schützen.' Es ist schwierig, ihnen zu vermitteln, wie es bei uns ist, und sie vom Gegenteil zu überzeugen“, so Michelle.
Andererseits seien die Menschen offen und tolerant, viele Pride-Flaggen wehten und auch Trump-Anhänger akzeptierten andere Meinungen. In Sachen Schulunterricht laufe jedoch vieles anders. „Es ist einfacher als bei uns, oft wird Wissen per Multiple Choice abgefragt. Ich hatte nur gute Noten, und muss jetzt erst wieder lernen zu lernen“, sagt die 19-Jährige, die nächstes Jahr Abitur an der Lichtenrader Carl-Zeiss-Oberschule macht. Andererseits habe die High School sehr viel geboten, unter anderem Theater, Sport, Arbeit in einem TV-Studio und einen Chor, dem die begeisterte Sängerin sofort beitrat. Der „school spirit“ sei riesig. „Bei uns kennt man kaum jemanden aus anderen Klassen oder Stufen, das ist dort anders.“
Aufs Auto angewiesen
Ungewohnt für die Berlinerin war das Angewiesensein aufs Auto. „Man braucht immer jemanden, der einen fährt. Das war nicht einfach, auch wenn es in meiner Gastfamilien drei Pkw gab“, erzählt sie. Das Allerschwierigste sei jedoch die Trennung von der Familie gewesen, so Michelle. Gerade zu Weihnachten. Doch da sind die Regeln streng: Besuche sind nicht erlaubt, weder in die eine noch in die andere Richtung.
Im Juni kehrte sie nach Deutschland zurück, blieb zwei Wochen, packte die Koffer und flog nach Michigan zurück. Sie wollte unbedingt den Nationalfeiertag am 4. Juli miterleben. Besonderes Highlight für sie: Ihre Eltern kamen nach, lernten die Gasteltern kennen, es folgte ein Urlaub in Florida.
Das alles hat der 16-jährige Leopold Schneider noch vor sich. In Mariendorf besucht er das Eckener-Gymnasium, nächstes Jahr kommt er in die elfte Klasse. Doch jetzt wartet erst einmal die High School auf ihn. Seine Familie habe sich sehr über sein Stipendium gefreut, sagt er. In Sachen Heimweh ist er recht guter Dinge und auch, was die Sehnsucht der Eltern betrifft. „Sie können meine Abwesenheit sicher ganz gut verschmerzen“, sagt er.
Lust auf Soccer
Am 15. August ging es für ihn los, in den Mittleren Westen, nach Topeka, Kansas. Er freue sich ganz besonders auf die Sportangebote an seiner High School und hoffe, in eine Soccer-Mannschaft einsteigen zu können. „Bei den typisch amerikanischen Sportarten werde ich wohl keine Chance haben, aber auch Zuschauen macht Spaß“, so Leopold.
Kontakt mit seiner Familie auf Zeit hat er bereits geknüpft. „Es gibt auch zwei Gastbrüder, 19 und 17 Jahre alt, beide mit Führerschein“, betont er. Einer von ihnen halte einen selbst entworfenen Fragebogen für ihn bereit. Und wieder erfüllt sich ein Klischee. „Ich habe mich erkundigt, ob es dabei auch um Hitler geht – und richtig“, so Leopold. Seine amerikanische Familie habe eingeräumt, nicht viel über Deutschland zu wissen, mache sich aber im Internet kundig. „Bisher hatten sie zwei Austauschschüler aus Asien.“
Nach Leopolds Aufenthalt werden seine Gastgeber sicher ein klareres Bild haben. „Die Stipendiaten sind quasi Juniorbotschafter und repräsentieren unser Land“, sagt Jan-Marco Luczak. Deshalb seien für ihn bei der Entscheidung für einen Kandidaten nicht nur die Schulnoten ausschlaggebend, sondern er nehme sich Zeit, spreche mit ihnen, schaue, ob sie sich gut integrieren können. Die Vorauswahl aus Dutzenden Bewerbungen trifft der betreuende Verein Give, Luczak werden dann drei Vorschläge vorgelegt.
„Es ist wichtig, mal ganz aus dem eigenen kulturellen Kontext rauszukommen“, sagt er und spricht dabei aus eigener Erfahrung: Er selbst war mit 17 als Austauschschüler in einem Internat in Großbritannien. Dort hätten recht strenge Regeln geherrscht. Trotzdem sei es ihm gelungen, seine Kommilitonen zu überzeugen, dass ein Deutscher auch ganz locker sein kann.
Wer sich für ein Stipendium interessiert: Die Bewerbungsfrist für das Austauschjahr 2023/24 endet am 9. September 2022. Alle weiteren Infos gibt es unter https://www.bundestag.de/ppp.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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