Büffeln in Zeiten der Corona-Pandemie
Schulen stellen Lernmaterial zur Verfügung, Rückmeldungen überwiegend positiv
Wie läuft der Unterricht weiter, wenn die Schulen geschlossen bleiben? Wie gehen Schüler und Lehrer mit dieser Situation um? Die Berliner Woche hat nachgefragt in der Johanna-Eck-Schule in Tempelhof, der Gustav-Heinemann-Oberschule in Marienfelde und der Grundschule im Taunusviertel in Lichtenrade.
„Wir versuchen, alle Schüler auf den Lernraum Berlin einzuschwören“, erklärt Axel Jürs, Verwaltungsleiter der Johanna-Eck-Schule. Die Sekundarschule setzt auf die Lernplattform der Berliner Schulen. Dort stellen die Lehrer Unterrichtsmaterialen und Hausaufgaben mit entsprechenden Erläuterungen ein. „Wo es notwendig ist, kommunizieren die Lehrer mit den Schülern per E-Mail. Außerdem gibt es einen Eltern-Newsletter, in dem wir darüber informieren, wo die Kinder Aufgaben und Lernstoffe zur Verfügung gestellt bekommen“, so Jürs. Schüler, die zu Hause keinen Internetzugang haben, bekämen ausgedruckte Materialien zur Verfügung und könnten die Unterlagen abholen. Sie würden sich jedoch auch untereinander schon gut zu helfen wissen. Wer Fragen hat oder bei einzelnen Aufgaben nicht weiterkommt, könne im virtuellen Klassenzimmer eine Nachricht schreiben und bekomme vom Fachlehrer eine Antwort.
Von faulenzenden Schülern könne keine Rede sein, meint Axel Jürs. Ganz im Gegenteil. „Natürlich haben auch wir ein paar Hallodris. Die meisten aber melden sich und sagen: Das ist uns zu wenig. Sie fragen, was sie noch zusätzlich lesen und machen können“, berichtet er. Von den Lehrern habe er die Rückmeldung bekommen, dass der Unterricht schon etwas anders sei als sonst. Dennoch könne viel über die Online-Kanäle vorangebracht werden. Während der Osterzeit, in der die Schüler wegen des Coronavirus im Gegensatz zu sonst nicht mit ihren Eltern in den Urlaub fahren dürfen, könnten sie bei Langeweile auf ein „feriengeprägtes Angebot“ zurückgreifen.
Auch Christine Scherzinger hat sich etwas für die Osterferien überlegt und ein paar Bastelsachen und spielerische Materialien verschickt. Die Lehrerin für Gesellschaftswissenschaften unterrichtet eine dritte und eine sechste Klasse in der Grundschule im Taunusviertel. „Ich habe allen Kindern Wochenpläne erstellt, Links zu Lernvideos bei YouTube und Zugänge mit Passwörtern für ein Lernportal verteilt“, erzählt sie. Nützlich sei zum Beispiel die kostenlose App „Anton“, die sie aktuell gern verwende. Die Schüler könnten sie immer per E-Mail und notfalls auch telefonisch erreichen. Vier ihrer Schützlinge hätten keinen einfachen Zugang zum Internet. Ihnen habe sie Arbeitshefte und Papierbögen mit Aufgaben mitgegeben. „Für jeden Tag habe ich ihnen aufgeschrieben, was sie machen müssen, um eine kleine Struktur vorzugeben.“ Für viele sei dies eine enorme Hilfe.
In den ersten Tagen sei die Freude, nicht in die Schule zu müssen, noch groß gewesen. Das habe sich jedoch schnell gewandelt. Bei manchen sei schnell Langeweile eingekehrt. „Einigen fehlen die Klasse und ihre Freunde sehr. Soziale Kontakte sind für die Kinder einfach total wichtig. Die Situation ist auch eine Herausforderung für die Eltern“, meint Scherzinger. Weil die Grundschule im Taunusviertel einen Notbetrieb für Schüler mit Eltern aus systemrelevanten Berufen anbietet, sei sie im Wechsel mit anderen Kollegen weiterhin regelmäßig vor Ort.
„Auch wir bieten jeden Tag einen Notbetrieb an und halten jemanden vor. Bisher ist noch kein Schüler gekommen, aber die Situation kann sich ja jederzeit ändern“, erläutert Carsten Hintze. Der Leiter der Gustav-Heinemann-Oberschule ließ bereits vor der Schließung, die einige Tage im Voraus abzusehen gewesen sei, von Informatikern einen schuleigenen Upload-Server einrichten. Dort stellen die Lehrer Aufgaben ein und die Schüler können sich am heimischen Computer mit einem Passwort auf der Schulwebseite einloggen. Dem Portal Lernraum Berlin wollte Hintze nicht zu viel Vertrauen schenken. Er habe gehört, dass die Plattform aufgrund der hohen Zugriffszahlen häufiger mal überlastet sei.
Über die eigene Seite hätte sogar ein Sportlehrer Aufgaben verteilt. Die Schüler sollten sich demnach eine Lauf-App herunterladen, die beim Joggen zurückgelegte Strecke aufzeichnen und am Ende einer Woche die erfassten Daten zurücksenden. „So bekommen die Schüler auch ein bisschen Bewegung“, sagt Carsten Hintze. Er habe auch die Kunst- und Musiklehrer motiviert, etwas hochzuladen, damit die Schüler mehr Abwechslung bekämen. Insgesamt funktioniere der Unterrichtsbetrieb ziemlich gut. Was der Schulleiter kritisch sieht: „Das digitale Lernen kann meiner Meinung nach nicht den Kontakt zum Lehrer ersetzen.“
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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