Fenster aus Ginflaschen und besondere Trikots
Über große und kleinere bemerkenswerte Ereignisse im Jahr 2024 in Tempelhof-Schöneberg
Bauvorhaben, Jubiläen, soziale Projekte und mehr: Das Jahr 2024 hat einiges Neues für den Bezirk gebracht. Die Berliner Woche wirft einen Blick zurück.
Januar: Das Jahr beginnt mit einem Unglück: Am 2. Januar stürzt eine Roteiche in einem Hochbeet auf dem Breslauer Platz um und verletzt vier Personen. Es wird Pilzbefall festgestellt. Vorsichtshalber lässt das Bezirksamt zwei weitere Bäume fällen.
Die Polizeiwache am Lichtenrader Damm ist in die Jahre gekommen und muss saniert werden. Deshalb ist der gesamte Abschnitt 47 vorübergehend nach Lankwitz umgezogen. Rund ein Jahr soll es dauern, bis die Beamten und Angestellten zurückkehren.
Der Zeitplan für den Umbau des Gasometers Schöneberg ist aufgegangen: Pünktlich am 31. Januar können 28.000 Quadratmeter Bürofläche auf zwölf Geschossen an die Deutsche Bahn übergeben werden. Rund 2000 Mitarbeiter ziehen ein. Mit dem Innenausbau des Gasometers ist das letzte Bauvorhaben auf dem Euref-Campus abgeschlossen.
Februar: Das Bezirksamt stellt seniorenfreundliche Sitzbänke an Straßen, Plätzen und in Parks auf. Sie haben Armlehnen und eine Sitzhöhe, die das Aufstehen und Hinsetzen erleichtert. Erste Schritte sind getan, beispielsweise am Grazer und Innsbrucker Platz. Weitere 50 bequeme Sitzmöbel sind geordert. Sie sollen in Tempelhof, Mariendorf und Friedenau installiert werden.
Eine Idee der Senatsverwaltung sorgt für Unmut: Sie prüft, ob sich in dem denkmalgeschützten Straßenbahndepot an der Belziger Straße ein zentrales Polizei- und Feuerwehrmuseum ansiedeln könnte. Bis vor Kurzem galt es als unstrittig, dass sich die drei Hallen für eine soziokulturelle Nutzung öffnen sollten. Dem Bezirk war eines der Schiffe versprochen worden.
März: Die Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde bekommt knapp 1,5 Millionen Euro Fördermittel vom Bund. In den nächsten drei Jahren soll sie zu einem inklusiven Geschichts-, Lern- und Begegnungsort umgestaltet werden. Das Notaufnahmelager war in den Jahren 1949 bis 1990 die erste Anlaufstelle für rund 1,4 Millionen aus der DDR geflüchtete Menschen.
„Neue Mitte Tempelhof“ heißt das große Umbauprojekt rund um das Tempelhofer Rathaus. Doch der ursprüngliche Zeitplan ist nicht mehr einzuhalten. Grund ist Geldmangel, wie der Senat mitteilt. Der Neubau des Polizeireviers an der Götzstraße ist auf 2028 verschoben. Geld für andere Teilprojekte wie das Bildungshaus könnte ab 2030 fließen – aber auch das ist unsicher.
April: Der Bau des umstrittenen Bürohochhauses „Schöneberger Eck“ an der Martin-Luther-Straße wird fortgesetzt. Im Januar hatte das Oberverwaltungsgericht nach einer Klage das Vorhaben gestoppt. Bemängelt wurde vor allem die Erhöhung des Lärms, weil das Gebäude den Schall reflektiert. Nachdem die Bauherrin, die Rockstone Real Estate, Schallschutzfenster für die Anwohner zugesagt hat, können die Arbeiten weitergehen.
Die Markierungsarbeiten beginnen: Die Hauptstraße bekommt zwischen Dominicusstraße und Kleistpark Radstreifen. Der Autoverkehr wird künftig nur noch einspurig rollen. An der Boelckestraße in der Gartenstadt Tempelhof sind die Fahrradstreifen gerade fertig geworden.
Die Zwölf-Apostel-Kirche an der Kurfürstenstraße feiert einen runden Geburtstag. Es war kein Geringerer als Kaiser Wilhelm I., der sie vor 150 Jahren einweihte. Das Gotteshaus kann mit einem Kuriosum aufwarten: Die im Zweiten Weltkrieg zerstörten Scheiben wurden durch 5000 gespendete Ginflaschen ersetzt. Die Fenster stehen inzwischen unter Denkmalschutz.
Mai: Am 12. Mai 1949 endete die Berliner Luftbrücke. Zuvor waren fast elf Monate lang Flugzeuge der Alliierten im Minutentakt im blockierten Westteil der Stadt gelandet, um die Menschen mit Lebensmitteln und Kohlen zu versorgen. Der 75. Jahrestag wird am Flughafen Tempelhof mit einem großen Familien-Open-Air gefeiert.
Die Sauer-Orgel der evangelischen Glaubenskirche ist restauriert. Sie erklingt jetzt wieder im Gotteshaus an der Friedrich-Franz-Straße. Das Instrument ist für Berlin etwas ganz Besonderes – die einzige Orgel mit Fernwerk.
Premiere für Berlin: Der erste große Wohnkomplex, das Schöneberger Pallasseum, soll mit Abwärme aus einem benachbarten Rechenzentrum geheizt werden. Dabei ziehen mehrere Partner an einem Strang – die Telekom, die Gewobag als Vermieterin und die Gasag.
Juni: Ein Meilenstein beim Wiederaufbau der Dresdener Bahn ist erreicht. Vier Jahre lang war die Verbindung zwischen der Bahnhof- und Prinzessinnenstraße im Herzen Lichtenrades gekappt. Nun ist die neue Unterführung für Autos, Fahrräder und Fußgänger freigegeben. Gleichzeitig wird der Bahnübergang an der Wolziger Zeile gesperrt.
Der Schöneberger Barbarossaplatz soll bis Ende 2026 umgestaltet werden. Bei einer Bürgerbeteiligung spricht sich eine Mehrheit für eine völlig autofreie Fläche aus. Doch der bezirkliche Verkehrsausschuss stimmt nur wenige Wochen später dagegen und will nur einen Teil der Fläche für den Verkehr sperren – und so wird es wahrscheinlich auch kommen.
Juli: Kurz vor dem Beginn der Sommerferien verursachen Unbekannte in der Tempelherren-Grundschule an der Boelckestraße eine riesige Überschwemmung. Es entsteht ein Schaden im mindestens sechsstelligen Bereich.
Das Foyer des Rathauses Schöneberg soll in den kommenden drei Jahren denkmalgerecht saniert werden. Der Bundestag stimmt zu, das Vorhaben mit rund einer Million Euro zu unterstützen. Das entspricht der Hälfte der veranschlagten Kosten.
Freude und Erleichterung im Gemeinschaftsgarten Blohmstraße: Die kommenden fünf Jahre sind gesichert. Das Bezirksamt hat den Vertrag für das rund 5000 Quadratmeter große Gelände am Stadtrand verlängert. Seit 15 Jahren hegen und pflegen dort Einzelpersonen und Familien ihre Beete.
Grünenpolitikerin Renate Künast, die den Bezirk im Bundestag vertritt, kündigt an, bei der Wahl 2025 nicht mehr zu kandidieren. Im Oktober werden die Grünen Moritz Heuberger als neuen Direktkandidaten nominieren.
August: Vor zwölf Jahren hat die Sanierung des 1,2 Kilometer langen Dachs des Flughafens Tempelhof begonnen. Nun wird der letzte Abschnitt in Angriff genommen, die Überdachung des Vorfeldes. Voraussichtlich Ende 2026 sollen die Arbeiten beendet sein.
Seit einigen Monaten kümmert sich die Berliner Stadtreinigung (BSR) um die Sauberkeit auf ausgewählten Berliner Spielplätzen, um die Grünflächenämter zu entlasten. In Tempelhof-Schöneberg ist das Personal in Orange für 20 Flächen zuständig. Die CDU-Fraktion kritisiert, dass sich auf der Liste nur ein einziger Spielplatz im Altbezirk Tempelhof befindet, nämlich der im Volkspark Mariendorf.
September: Die denkmalgerechte Sanierung des Rosengartens im Franckepark beginnt. Nach dem Vorbild von 1920 erhält er seine ursprüngliche Aufteilung zurück: vier große Beete, die sich um den Brunnen in der Mitte gruppieren, der bald wieder sprudeln soll. Außerdem geplant sind ein neuer Sitzbereich mit Schachtischen und ein barrierefreier Weg am Hang, der direkt in den Park führt.
Das Bezirksamt stellt die Pläne für zwei nagelneue Spielplätze an der Lichtenrader Nuthestraße vor. In der Nähe der Alten Mälzerei ist eine Fläche für Kleinkinder geplant, weiter im Norden wird ein überwuchertes Brachgelände für Ältere hergerichtet.
Oktober: Die Friedenauer Gemeinschaftsschule gewinnt den Deutschen Schulpreis 2024, der mit 30.000 Euro dotiert ist. Ausgezeichnet wird sie für ihre hervorragende Unterrichtsqualität. Die Bildungseinrichtung ist nicht elitär: Für gut 64 Prozent der Schülerinnen und Schüler gilt eine Lehrmittelbefreiung, sie kommen also aus Familien mit wenig Einkommen.
Die gemeinnützige Gesellschaft Kubus eröffnet an der Porschestraße in Mariendorf eine Notübernachtung mit 50 Plätzen. Obdachlose Männer können sich dort bis April jeden Tag zwischen 19 und 7 Uhr aufhalten. Sie werden mit Essen versorgt, können Wäsche waschen und sich mit sauberer Kleidung versorgen.
An der Belziger Straße 7 in Schönberg erinnert eine Gedenktafel an das Maison de Santé (Haus der Gesundheit). Der Mediziner Eduard Levinstein (1831-1882) behandelte dort psychisch Kranke und lehnte Zwangsmaßnahmen wie Fixierungen rigoros ab – als erster Arzt in Deutschland.
Der sanierte Sintflutbrunnen auf dem Friedenauer Perelsplatz ist wieder in Betrieb gegangen. Rund 160 000 Euro hat es gekostet, das 4,20 Meter hohe Kulturdenkmal auf Vordermann zu bringen. Gestaltet hat ihn der Bildhauer Paul Aichele 1895 für die Weltausstellung in Paris.
Wie Renate Künast verzichtet auch Kevin Kühnert (SPD) auf eine erneute Kandidatur bei der Bundestagswahl. Von seinem Amt als SPD-Generalsekretär tritt er ebenfalls zurück. Als Grund gibt er gesundheitliche Probleme an. Sinem Taşan-Funke folgt ihm als SPD-Direktkandidatin für Tempelhof-Schöneberg.
November: Der FC Internationale Berlin 1980 bringt „Das Trikot“ auf den Fußballplatz, ein Shirt, das ganz auf Nachhaltigkeit setzt. Das Ausgangsmaterial kommt von einem einzigen Hersteller, produziert wird in portugiesischen Betrieben, es ist recycelbar, und auf der Mülldeponie zersetzt es sich. Um die Mehrkosten für die Trikotproduktion zu stemmen, hat sich der Schöneberger Verein mit dem Gebrauchtwarenkaufhaus NochMall der BSR zusammengetan.
Die Senatsverwaltung für Stadtplanung schreibt einen Ideenwettbewerb für das Tempelhofer Feld aus. Dabei geht es um eine „behutsame Randbebauung“ des Geländes. Kritiker befürchten, der Volksentscheid von 2014 und das danach beschlossene THF-Gesetz, das eine Bebauung untersagt, könne ausgehebelt werden.
Der Raum für Beteiligung Tempelhof-Schöneberg ist in die Dominicusstraße 11 – ganz in der Nähe vom Rathaus Schöneberg – gezogen. Er ist die zentrale Anlaufstelle für alle, die sich an der Gestaltung ihrer Kieze beteiligen möchten. Dort erhalten sie Informationen zu aktuellen Vorhaben des Bezirksamts, können Ideen einbringen, sich mit anderen Engagierten vernetzen und über Beteiligungsmöglichkeiten beraten lassen.
Dezember: Der John-F.-Kennedy-Platz vor dem Rathaus Schöneberg soll umgestaltet werden, damit die Menschen sich dort wohler fühlen und der Wochenmarkt ein noch größerer Anziehungspunkt wird. Dabei will das Bezirksamt mit der Bauhaus-Universität Weimar zusammenarbeiten.
Nach einem halben Jahr Bauzeit eröffnet der Spielplatz in der Ella-Barowsky-Straße 62. Dort können sich nicht nur Kinder vergnügen. Es gibt auch eine Calisthenics-Anlage für alle Altersgruppen und Angebote für Rollstuhlfahrer.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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