Graveur Horst Bratke aus Tegel klärt auf
Woher kommen eigentlich die Verdienstmedaillen?
Für ihr besonderes ehrenamtliches Engagement verleiht der Bezirk jedes Jahr Bürgern die Verdienstmedaille. Im Rahmen der vergangenen Verleihung – Mitte Juni im Rathaus Schöneberg – fragten wir Angelika Schöttler nach deren Herkunft und Herstellung. Diese waren der Bürgermeisterin nicht bekannt. Wir begaben uns auf Spurensuche.
Dafür fragten wir zunächst beim Ehrenamtsbüro des Bezirks, das sich um die jährliche Preisverleihung kümmert, nach. Das ergab: Der Hersteller der Medaillen ist eine gewisse Firma Bratke aus Tegel. Ansonsten verfüge man lediglich über ein paar Angaben zur Beschaffenheit der Medaillen: hergestellt aus massivem Messing, Farbton „Altsilbern“, Durchmesser 55 Millimeter. Wir wollten es genauer wissen und riefen bei der genannten Firma an. Wenige Tage später empfing uns Horst Bratke in seinem Reich. In einem kleinen und ruhig gelegenen Weg in Tegel, wo sich Einfamilienhäuser aneinanderreihen, hat sich der 73-Jährige in seiner Garage eine Werkstatt eingerichtet.
Bereits am Telefon reagierte Horst Bratke verblüfft auf die Frage, ob er die Verdienstmedaillen herstelle. Das sei natürlich nicht der Fall, wie er bei unserem Treffen nochmals betont. In Wahrheit würden diese weit entfernt produziert, in einer großen Metallwarenfabrik in der Eifel. Dort durchlaufen sie zahlreiche Stationen, bevor sie lieferungsfertig vom Band gehen, wie Bratke erklärt. Die Medaillen werden dafür zunächst aus dem gewünschten Materialblock ausgestanzt und dann unter hohem Druck beidseitig reliefgeprägt. Auf die Vorderseite kommt das Bezirkswappen, bestehend aus einem schwebenden Kreuz und einem schreitenden Hirsch, auf die Rückseite der Schriftzug „Für besondere Verdienste um den Bezirk Tempelhof-Schöneberg von Berlin“. Anschließend werden sie laut Bratke galvanisch versilbert, dann geschwärzt, danach wieder hell gebürstet und zum Schluss gegen Anlauf lackiert.
Er selbst, so berichtet Bratke, habe mit der Herstellung und auch mit der Gravur nichts zu tun. Durch seine Kontakte zur Metallwarenfabrik sei er eine Art Zwischenhändler, der die Medaillen im Auftrag des Bezirksamts in der gewünschten Stückzahl bestellt und weiterleitet. Zuletzt habe der Bezirk 2011 insgesamt 70 von ihnen geordert. Hinzu kommen passende, dunkelblaue Etuis, die Bratke von einen Bekannten bezieht, sowie in Handarbeit hergestellte Anstecknadeln, die jedoch ebenfalls von außerhalb kommen. Neben Tempelhof-Schöneberg zählten auch die Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf und Reinickendorf über viele Jahre zu seinen Kunden. Die meisten würden heute jedoch kaum noch auf eine deutsche Produktion setzen und stattdessen übers Internet Billigware aus dem asiatischen Raum einkaufen, so Bratke.
Ihn selbst hat die große Konkurrenz 2010 zur Aufgabe seines Betriebs gezwungen. In der Schlieperstraße in Tegel führte er seit 1967 ein Einzelhandelsgeschäft, das sein Vater bereits 1925 gegründet hatte. Der Laden war spezialisiert auf Sport- und Ehrenpreise, Stempel und Schilder, die Horst Bratke nach individuellen Kundenwünschen gravierte. Obwohl er längst in den Ruhestand gehen könnte, arbeitet er auch heute noch 40 Stunden die Woche. Alles Nötige hat er in seiner Garage aufgebaut, darunter auch drei 20 Jahre alte Graviermaschinen, die er mit dem Computer steuert und die per Tastatur eingegebene Schriften auf Glocken, Teller und vieles mehr gravieren. „Ich arbeite, weil es mir noch Spaß macht und mich die Kunden noch haben wollen“, sagt er.
Wie zum Beweis klopft genau in diesem Moment ein älterer Herr an der Tür. Er hatte einen Zinnteller mit einer Jubiläumsschrift zum 20. Hochzeitstag für seine Frau in Auftrag geben. Horst Bratke packt das gute Stück in Papier und verabschiedet den Herrn und dann auch uns. Er müsse schließlich noch einiges erledigen. Dieser Mann hat immer noch alle Hände voll zu tun.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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