Soziales
Engagement gegen Obdachlosigkeit zur Priorität machen: der Bezirk muss neue Wege gehen
Wiebke Neumann, Bezirksverordnete und Sprecherin für Soziales
Obdachlosigkeit ist tägliche Realität für viele Menschen in unserer Stadt und in unserem Bezirk. Zuhause bleiben ist keine Option für Menschen ohne festes Dach über dem Kopf. Viele Unterstützungseinrichtungen und Anlaufstellen mussten coronabedingt ganz oder teilweise schließen. Gewohnte Überlebensstrategien und Einnahmequellen fielen weg. Doch viele Träger und Ehrenamtliche, die sich für obdachlose Menschen engagieren, haben schnell Alternativen entwickelt, um trotz der notwendigen Beschränkungen weiter da zu sein. Es gibt jetzt Fensterausgaben und eingeschränkte Tagesangebote mit Hygienekonzept. Ihnen allen gebührt ein großes Dankeschön!
Und es ist auch ganz Neues entstanden:
Neue Wege, um Lücken zu schließen: der Gabenzaun
Nachbar*innen haben sich spontan zusammengetan und sogenannte Gabenzäune eingerichtet, teilweise mit Unterstützung von Trägern und Unternehmen. Sie hängen wetterfest verpackte und beschriftete Spenden an Zäune. Die Menschen, die von Armut und Obdachlosigkeit betroffen sind, versorgen sich dann nach Bedarf. Am Dennewitzplatz hat das Outreach-Präventionsteam Schöneberg Nord beispielsweise einen solchen Gabenzaun eingerichtet.
Miteinander sprechen: der Runde Tisch
Im Austausch mit vielen Engagierten ist der Wunsch entstanden, die Idee der Gabenzäune gemeinsam im Bezirk weiterzuentwickeln. Deshalb habe ich mich dafür eingesetzt, dass dies Thema beim Runden Tisch Obdachlosigkeit im Bezirk Tempelhof-Schöneberg ist. Denn miteinander reden und sich austauschen ist immer der beste Weg für gemeinsame Lösungen. Ich werde mich dafür einsetzen, dass künftig auch obdachlose Menschen selbst mit am Tisch sitzen.
Nicht nur bei Kälte: mehr Unterkünfte für obdachlose Menschen
Die Kältehilfe ist eine berlinweite Kraftanstrengung. Diese niedrigschwelligen Notübernachtungen wurden in den vergangenen Jahren immer weiter ausgebaut. Der Bedarf steigt aber auch an. Gerade in den kalten Monaten sind nahe Übernachtungsplätze lebenswichtig für Viele. Und trotzdem bewegt sich in unserem Bezirk seit Jahren nichts. In Tempelhof-Schöneberg liegen nur 15 (unter Pandemie-Bedingungen 8) Kältehilfe-Plätze von rund 1.000 berlinweit. Ich sage: wir können mehr!
Immer wieder haken wir nach und fordern mehr Engagement und Kreativität für obdachlose Menschen, auch vom CDU-Stadtrat für Soziales. Für mehr Plätze in der Kältehilfe. Für mehr gut ausgestattete Unterkünfte für wohnungslose Menschen. Für einen regelmäßigeren Austausch aller Akteur*innen am Runden Tisch Obdachlosigkeit. Für mobile Hygieneangebote. Für ein Zentrum der Wohnungslosenhilfe. Für barrierefreie Unterkunftsmöglichkeiten und vieles mehr.
Ganz aktuell fordern wir gemeinsam mit den Grünen, dass das Bezirksamt mit Hostels und Hotels Kontakt aufnimmt. In anderen Bezirken gibt es bereits gute Beispiele, bei denen in Hostels 24/7 Unterkünfte für obdachlose Menschen oder in lokalen Tagesaufenthalte geschaffen wurden. Leerstehende und barrierefreie Hotelbetten, wenn gleichzeitig obdachlose Menschen im Rollstuhl zu wenige Übernachtungsmöglichkeiten finden – damit muss Schluss sein!
Der Bezirk muss gemeinsam mit dem Land handeln
All diese Ideen und neuen Wege müssen wir weitergehen. Die rot-rot-grüne Landesregierung hat viel bewegt und wichtige Projekte aufgesetzt. Housing First, eine gesamtstädtische Steuerung der Unterkünfte und vieles mehr. Doch ohne den Willen und die Priorität in den Bezirken lässt sich die Situation für obdachlose Menschen in Berlin und im Bezirk nicht verbessern.
Deshalb mein Appell: Machen wir das europäische Ziel, die Obdachlosigkeit bis 2030 abzuschaffen, zu einem Ziel für Tempelhof-Schöneberg! Genauso wichtig ist es, dass es gar nicht erst zu Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit kommt. Bezahlbare Wohnungen, soziale Mieter*innenberatung und bessere Prävention durch Hausbesuche bei drohendem Wohnungsverlust sind hier wichtige Themen, für die wir uns einsetzen.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.