100 Jahre Groß-Berlin
Verwaltung war übers gesamte Bezirksgebiet verteilt

Nach Inkrafttreten der Verfassung von Groß-Berlin am 1. Oktober 1920, die eine Selbstverwaltung der neu gegründeten Bezirke vorsah, mussten diese sich erst einmal zurechtfinden. In Tempelhof gestaltete sich das anfangs als besonders schwierig.

„Zunächst einmal musste die Verwaltung der vier Ortsteile in einem gemeinsamen Apparat zusammengefasst und neu organisiert werden. Eine Aufgabe, die nicht leicht zu lösen war, da der Bezirk über kein Rathaus verfügte. So waren die zehn neu gebildeten Deputationen in zwölf über das gesamte Bezirksgebiet verteilten Gebäuden untergebracht, was zu einer schleppenden Zusammenarbeit der einzelnen Verwaltungsteile und ständigen Klagen aus der Bevölkerung führte, die bei Behördengängen oftmals den ganzen Tag unterwegs war“, zeichnet der Autor Peter Buchholz die Situation nach.

Hinzu kam, dass die kommunale Arbeit unter chronischem Geldmangel zu leiden hatte. Viele notwendige Bauvorhaben, darunter auch der Bau des Rathauses, mussten zurückgestellt werden. Nach den Plänen des Architekten Hellmut Delius wurde das Tempelhofer Rathaus letztlich erst 1936 bis 1938 errichtet. Heute befindet sich dort unter anderem das Ordnungsamt, während die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) des fusionierten Bezirks im Schöneberger Rathaus am John-F.-Kennedy-Platz tagt.

Die BVV von Tempelhof nahm erst am 26. März 1921 ihre Arbeit auf, weil die erste Wahl im Jahr zuvor, bei der erstmals auch Frauen zugelassen waren, angefochten wurde. Durch einen Beschluss des Preußischen Oberverwaltungsgerichts musste sie wiederholt werden. Zum ersten Bürgermeister wurde der Sozialdemokrat Emil Groß gewählt. Unterstützt wurde er von sechs besoldeten und vier unbesoldeten Stadträten, die das neue Bezirksamt bildeten. Mit 21,9 Prozent erhielt die SPD nur knapp die meisten Stimmen. Dahinter folgten die DVP (Deutsche Volkspartei) mit 19,9%, die USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands) mit 16,3% und die DNVP (Deutschnationale Volkspartei) mit 15,4%. Letztere drei Parteien wurden Anfang der 30er-Jahre aufgelöst.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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