Nur eine Momentaufnahme
Sozialamt kritisiert die vom Senat geplante Obdachlosenzählung

In der sogenannten Nacht der Solidarität vom 29. zum 30. Januar lässt die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales (SenIAS) die nachts auf der Straße schlafenden Obdachlosen in Berlin zählen. Mehr als 3700 freiwillige Helfer haben sich dafür gemeldet.

„Wir erfüllen damit eine langjährige Forderung von Wohlfahrtsverbänden und Sozialarbeitern“, erklärt Senatorin Elke Breitenbach (Die Linke). „Je genauer wir wissen, wie viele Menschen auf der Straße leben, welche Sprache sie sprechen und welches Geschlecht sie haben, desto besser können wir die Hilfen für sie organisieren, sei es mit Dolmetschern in der Straßensozialarbeit, mit Schlafplätzen für Frauen oder mit speziellen Beratungsangeboten.“ Auf Grundlage der Zahlen möchte der Senat seine Hilfs- und Beratungsangebote ausweiten und spezialisieren.

Das Amt für Soziales in Tempelhof-Schöneberg beurteilt die Aktion jedoch kritisch. Bei einer einmaligen Datenerhebung entstehe lediglich eine Momentaufnahme, die innerhalb eines Zeitraums von drei Stunden von Zählteams erfasst werden könne. Es sei daher nicht sichergestellt, dass tatsächlich alle wohnungslosen Menschen, die in Berlin auf der Straße leben, erfasst würden. Das Ergebnis sei somit nur für den Zeitpunkt der Erhebung begrenzt gültig und lasse sich nicht generell auf andere Zeitpunkte übertragen. Informationen über Entwicklungsverläufe oder Änderungen ließen sich darin ebenfalls nicht ablesen. „Es ist fraglich, ob das von der SenIAS anvisierte Ziel einer Verbesserung der Obdachlosenstatistik erreicht werden kann und ob sich Daten einer Momentaufnahme für seriöse Planungszwecke eignen“, so das Amt.

Außerdem kritisiert wird auch in anderen Bezirksverwaltungen der gewählte Zeitpunkt. „Donnerstag ist in den Sozialen Wohnhilfen immer Sprechstundentag. Insbesondere der letzte Donnerstag im Monat wird erfahrungsgemäß sehr stark frequentiert. Mitarbeiter, die an dieser Aktion in amtlicher Funktion teilnehmen würden, müssten eine lang andauernde Ruhezeit einhalten, bevor sie am nächsten Tag ihren Dienst wieder aufnehmen dürften. Die Durchführung der Sprechstunden könnte nicht gewährleistet werden." Zweifel gibt es zudem bezüglich der Sicherheit der Zählteams in schlecht beleuchteten Gegenden. „Dort sind nachts nicht nur harmlose Personen anzutreffen."

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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