Bezirksmedaille für Michael Unger
Ehrung für einen Protagonisten der Schwulenbewegung
Mit der Pankower Bezirksmedaille 2022 wurde Michael Unger in Anerkennung seiner besonderen Verdienste im und für den Bezirk geehrt.
Das Bezirksamt und die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) würdigten ihn mit der höchsten Auszeichnung des Bezirks für seinen jahrzehntelangen Einsatz für die Gleichberechtigung von Schwulen, Lesben und Transsexuellen. Die Laudatio für den diesjährigen Preisträger hielt Helmut Liebram, der zusammen mit seiner Frau Christel Liebram im vergangenen Jahr mit der Bezirksmedaille geehrt worden war.
Michael Unger, Jahrgang 1946, gilt als der Protagonist der ostdeutschen Schwulenbewegung. Seit mehr als 50 Jahren setzt er sich für die Gleichberechtigung und die Rechte von Schwulen, Lesben und Transsexuellen ein. Dabei war er in der DDR auch Repressalien ausgesetzt. Als Geschäftsführer leitete er zwanzig Jahre lang den Verein Berliner Sonntagsclub, den er nach dem Fall der Mauer mitgründete. Dabei handelt es sich um das in Prenzlauer Berg beheimatete Veranstaltungs-, Informations- und Beratungszentrum für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Interpersonen. Michael Unger ist es mit zu verdanken, dass der Christopher Street Day zu einer bedeutenden Großveranstaltung in der Hauptstadt wurde.
Zur Welt kam Unger in Schlesien als Kind einer ledigen Mutter und eines russischen Soldaten. Seine Mutter verschlug es nach seiner Geburt ins Erzgebirge, wo sie heiratete und ihr Mann ihren Sohn adoptierte. In einem kleinen Ort bei Aue wuchs Michael Unger auf. Dort blieb er ein Außenseiter, wurde als „Russenbalg“ bezeichnet. Sein Coming Out als 17-Jähriger machte das Leben für ihn nicht leichter. Hinzu kam: Homosexualität war in der DDR bis 1968 strafbar, durfte also nicht öffentlich gelebt werden.
Den jungen Mann zog es später in die Hauptstadt. Vor allem die Schönhauser Allee und deren Umgebung faszinierten ihn. In diesem Kiez lebt er seit 1972. In den 1970ern machte Michael Unger bei der Homosexuellen Interessengemeinschaft Berlin (HIB) mit. Das war eine Bürgerrechtsgruppe zur Erreichung der Emanzipation für Lesben, Schwule und Transsexuelle in der DDR. Gemeinsam mit Charlotte von Mahlsdorf wurde in deren legendärer Kellerbar diskutiert und organisiert. Man hatte keine Lust mehr, sich zu verstecken, zog sich schrill an und war auf der Straße unübersehbar.
Als Michael Unger und seine Freunde damals unermüdlich an das Innenministerium schrieben, um offizielle Räumlichkeiten für ihre HIB zu bekommen, bekamen sie zur Antwort: Das sei ein abwegiges Anliegen und sie sollen die Behörden nicht weiter damit behelligen. Nach dem Fall der Mauer ging es dann hingegen ganz schnell. Der Magistrat sprach der Interessengemeinschaft Räume zu, es wurde der Verein Sonntagsclub gegründet und Unger arbeitete seitdem engagiert in diesem Verein mit, davon 20 Jahre als Geschäftsführer.
Damit viele Menschen mehr über die Geschichte der Schwulen, Lesben und Transsexuellen im Bezirk erfahren können, gestaltete ein Team unter Leitung Ungers die Ausstellung „Verzaubert in Nordost“. Diese war 2010 ein halbes Jahr lang in der Ausstellungshalle des Pankower Museums zu besichtigen.
Die Bezirksmedaille wurde Michael Unger von Bürgermeister Sören Benn (Die Linke) und dem Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung, Oliver Jütting (Bündnis 90/ Die Grünen), überreicht. Sie ist ein künstlerisch gestalteter Bronzeguss nach den Entwürfen des Bildhauers Reinhard Jacob. Neben der Bezirksmedaille erhielten Michael Unger eine Urkunde in Anerkennung der um den Bezirk Pankow erworbenen besonderen Verdienste sowie einen Bandsteg in den Berliner Landesfarben weiß und rot mit aufgebrachtem Bezirkswappen. Außerdem trug er sich in das Goldene Buch des Bezirks ein.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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