Mehr Zeit für's Gärtnern auf der eigenen Parzelle
Generationswechsel sorgt für frischen Wind in Kleingartenanlagen
Beete umgraben, säen, pflanzen, Obstbäume beschneiden: In den Pankower Kleingärten hat die Saison begonnen.
Es wird die zweite sein, die unter Corona-Bedingungen beginnt. Viele Pächter, die einen Kleingarten bewirtschaften, sind froh dass sie auf ihrer Parzelle an frischer Luft gärtnern und entspannen können. Denn dort entfliehen sie dem Alltag der Großstadt, müssen nicht auf Abstand achten und Maske tragen. Und etliche Berufstätige verlegten in der vergangenen Saison sogar ihr Homeoffice in den Garten.
Dass in der Pandemie Kleingärten noch beliebter wurden, als sie es so schon für viele Familien sind, merkte der Bezirksverband der Gartenfreunde Pankow auch an konkreten Zahlen. Lag die Fluktuation in den Pankower Kleingartenanlagen in den Vorjahren bei etwa fünf Prozent, so gab es seit Beginn der Pandemie nur für 2,6 Prozent der Parzellen Kündigungen. Umfasste die Bewerberliste üblicherweise etwa 1000 Bewerber im Jahr, so waren es im vergangenen Jahr 1700 Bewerber, berichtet die Vorsitzende des Bezirksverbandes, Viola Kleinau. „Um beim Abbau der Bewerberliste voranzukommen, versuchen wir jetzt auch, verhältnismäßig große Parzellen bei Pächterwechseln zu teilen“, erklärt sie „Wir sind der Auffassung, dass zum Gärtnern Parzellen in einer Größe von 300 bis 400 Quadratmetern völlig ausreichen.“
Immer mehr junge Familien
pachten Parzellen
Der Pankower Bezirksverband der Gartenfreunde ist einer der mitgliederstärksten im Landesverband der Gartenfreunde Berlin. In insgesamt 54 Anlagen werden seit Beginn dieser Saison 5208 Kleingärten bewirtschaftet. Seit einigen Jahren findet in den Anlagen ein Generationenwechsel statt, berichtet Viola Kleinau. Immer mehr junge Familien pachten eine Parzelle. Das hat nach Beobachtung des Bezirksverbandsvorstandes mehrere Gründe. Eine große Rolle spielt bei den jüngeren Kleingärtnern, dass sie sich mit Selbstangebautem gesund versorgen möchten. Sie wollen sich mit Obst und Gemüse ernähren, das ohne Pestizide und Herbizide reifte und so schmeckt, wie es schmecken soll. Die Ente im eigenen Garten führt außerdem dazu, dass die Wertschöpfungskette so kurz wie möglich gehalten wird, so Viola Kleinau. Das heißt, dass die Kleingärtner nicht auf Kartoffeln aus Spanien oder auf Erdbeeren aus Afrika angewiesen sein wollen, die erst nach Deutschland transportiert werden müssen.
Ein weiterer Grund ist, dass für jüngere Kleingärtner ihre Anlage inzwischen ein Soziotop ist. Das heißt, sie sehen in ihrer Scholle nicht nur ein Biotop, sondern mögen es, Teil einer sozialen Gemeinschaft zu sein und Gemeinschaft zu leben, statt sich einzuigeln. Viele gestandene Kleingärtner beobachteten und beobachten diese Entwicklung mit Skepsis. Doch immer mehr ältere gehen diese Entwicklung mit. „Wir stellen fest, dass die Hilfe untereinander immer besser geworden wir“, sagt Viola Kleinau. Erfahrene Kleingärtner geben den jüngeren immer wieder Tipps, und die jüngeren helfen ihren Nachbarn auch schon mal beim Umgraben der Beete.
Der frische Wind, der durch viele, aber bei weitem noch nicht durch alle Pankower Anlagen weht, führt auch dazu, dass knapp 70 Prozent aller Kleingartenvereine sich weiter geöffnet und Projekte initiiert haben. Die Bandbreite reicht von Klima- und Schaugärten, über Gemeinschaftsgärten, die der Nachbarschaft zur Verfügung gestellt werden, bis zu Schulgarten- und Kita-Projekten sowie Therapiegärten.
Schulungen fanden online statt
Die Pandemie führte allerdings dazu, dass etliche Projekte im zurückliegenden Jahr nicht in gewohnter Weise stattfinden konnten. „Aber wir konnten feststellen, dass die Gärten im vergangenen Mai so vorbildlich bewirtschaftet waren, wie noch nie“, berichtet Heiko Stern, stellvertretender Vorsitzender des Bezirksverbandes. „Dass die Pächter mehr Zeit in den Gärten verbrachten als in den Jahren zuvor, tat ihnen offenbar gut. Wir hoffen, dass diese vorbildliche Bewirtschaftung in den kommenden Jahren weiter anhält.“
Wegen Corona konnten im zurückliegenden Jahr allerdings die üblichen, über die Monate verteilten Veranstaltungen des Bezirksverbandes nicht stattfinden. Das betraf vor allem auch die Schulungsveranstaltungen der Gartenfachberater. „Wir behalfen und mit Videos, die wir zu einzelnen Themen anboten. In diesem Jahr gehen wir davon aus, dass wir wieder einiges hybrid durchführen können“, sagt Viola Kleinau. „Im März haben wir zum Beispiel gerade ein Video zum Thema Obstbaumschnitt gedreht.“
Im September dieses Jahres steht das Jubiläum 100 Jahre Bezirksverband der Gartenfreunde Pankow an. Wie das begangen werden kann, wird vor allem von der pandemischen Entwicklung abhängen.
Weitere Informationen zum Bezirksverband der Gartenfreunde Pankow gibt es auf www.gartenfreunde-pankow.de.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.