"Etwas an der Realität vorbei"
Kleingärtner kritisieren Zehn-Punkte-Plan der Grünen zur Sicherung von Kleingärten
Gut gemeint, aber an der Realität vorbei – so lässt sich zusammenfassen, was Kleingartenvorstände des Bezirks vom Zehn-Punkte-Plan zur Sicherung der Berliner Kleingärten halten.
Den Plan stellte die Abgeordnetenhausfraktion von Bündnis 90/Die Grünen kürzlich vor. Nachzulesen ist er unter https://bwurl.de/16f5. Mit dem Plan wollen die Bündnisgrünen eine Alternative zum Kleingartenflächensicherungsgesetz anbieten, das SPD und Linksfraktion auf den Weg bringen wollen.
Vor einigen Wochen kam ein von der Grünen-Fraktion in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten des wissenschaftlichen Parlamentsdienstes des Abgeordnetenhauses zu dem Schluss, dass dieses Gesetz in vorliegender Form in Berlin nicht zu beschließen sei. Inzwischen haben SPD und Linke nachgebessert. Doch die Grünen beharren auf ihrem Zehn-Punkte-Plan.
Die Vorsitzende des Bezirksverbandes der Gartenfreunde Pankow, Viola Kleinau, und Holger Thymian, Vorsitzender des Bezirksverbandes der Kleingärtner Weißensee, fragen rhetorisch in einer gemeinsamen Presseerklärung: „Der Zehn-Punkte-Plan fordert Abgeordnetenhaus und Senatsverwaltungen auf, nun endlich etwas zum Erhalt der Kleingärten zu unternehmen. Aber was haben die Grünen in den viereinhalb Jahren, in denen sie Teil der Regierung des Landes Berlin waren und in der die Grünen die Ressortverantwortung mit ihrer Senatorin Günther für die Kleingärten haben, selbst getan?“
Keine rechtsverbindliche Sicherung
der Kleingärten im KEP
Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hat den Entwurf eines Kleingartenentwicklungsplans (KEP) vorgelegt. Dieser KEP beinhalte keine nachhaltige, rechtsverbindliche Sicherung der Berliner Kleingärten. Mehr als 13 000 Parzellen auf öffentlichem und privatem Land sind im KEP nicht geschützt oder erfasst. Und selbst die Grünen zweifeln an der Wirksamkeit des KEP, denn sie schlagen in den Punkten acht und neun ihres Zehn-Punkte-Plans den derzeit einzig rechtsverbindlichen Weg mit Perspektive für alle Kleingärten vor: Änderung des Flächennutzungsplanes und Aufstellen von Bebauungsplänen über Dauerkleingartenanlagen.
Deshalb fragen Kleinau und Thymian: „Wozu bedarf es dann eines KEP? Selbst der im KEP angeblich erfolgte Erhalt einiger Kleingartenanlagen mit einer Schutzfrist bis 2030 ist unverbindlich.“ Im KEP stehe dieser „Schutz“ nur im Konjunktiv. Die Flächen sollten grundsätzlich nicht vor 2030 in Anspruch genommen werden. Doch die Realität sehe anders aus, berichtet Viola Kleinau. Die Pankower Kleingartenanlage „Straße vor Schönholz“, die angeblich diesem Schutz unterliegt, wird vom Senat zum Beispiel als potenzieller Standort für einen Schulneubau ausgewiesen.
Kleingärten sollen sich mehr öffnen und mehr Angebote für die Allgemeinheit schaffen, heißt es im Prunkt sieben des Zehn-Punkte-Planes. „Zumindest für unsere beiden Bezirksverbände geht diese Forderung an der Realität vorbei“, erklären die beiden Bezirksverbandsvorsitzenden. „Wir laden die Fraktion der Grünen herzlich ein, sich vor Ort selbst ein Bild zu machen, in welchem Umfang und in welcher Vielfalt unsere Kleingartenanlagen in Schul- und Lehrgärten, urbanem Gärtnern, Gemeinschaftsgärtnern, Kooperationen mit Kindertagesstätten, Spielplatzangeboten und Naturschutzprojekten eingebunden sind.“
Häufigere Parzellenwechsel
vorgeschlagen
Der bündnisgrüne Abgeordnete Dr. Turgut Altug schlug im Pressegespräch zur Vorstellung des Zehn-Punkte-Planes vor, die Pachtzeit für Berliner Kleingärten auf 20 bis 25 Jahre zu begrenzen. Damit sollte durch häufigeren Parzellenwechsel mehr Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit der Kleingartennutzung eröffnet werden. Dieser Vorschlag sei aber wirklichkeitsfern so Kleinau und Thymian. „Die durchschnittliche Pachtzeit liegt in unseren Bezirksverbänden deutlich unter 20 Jahren. Herr Dr. Altug sollte den Wissenschaftlichen Parlamentsdienst einmal befragen, ob sein Vorschlag überhaupt bundesgesetzkonform wäre.“
Ein „Kleingartenflächensicherungsgesetz“ sei in der Komplexität der Bund-Länder-Gesetzgebungszuständigkeiten juristisch sicher eine wirkliche Herausforderung, aber eben auch nicht unmöglich, so die beiden Bezirksverbandsvorsitzenden. „Das Abgeordnetenhaus ist schließlich die Legislative im Land Berlin. Wir bedauern, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in dieser Gesetzesinitiative der anderen Koalitionsfraktionen keine Perspektive sieht.“
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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