Niemand berät Berufstätige
Kein vertraulicher Ansprechpartner für Arbeitnehmerfragen in Pankow

Das Bezirksamt soll einen hauptamtlichen Beauftragten oder eine Beauftragte für „Gute Arbeit" im Bezirksamt berufen. Das schlägt die SPD-Fraktion in einem BVV-Antrag vor.

Anlass für diesen Antrag war für den Verordneten Mike Szidat (SPD) die Erkenntnis, dass hohe Beschäftigungszahlen oftmals über die Qualität der Beschäftigungsverhältnisse hinwegtäuschen. Es sei von jeher ein ursozialdemokratisches Anliegen, dass Arbeit sicher ist und gut entlohnt wird, so der Verordnete. Die Beschäftigten sollen wertschätzt werden und ihre Arbeit soll sinnstiftend sein. Dies ist leider nicht immer der Fall.

Befristete Arbeitsverhältnisse, Mini-Jobs, ausufernde Leiharbeit, Schichtarbeit, Überstunden, Flucht aus Tarifverträgen und Lohndumping sind in Berlin besonders stark ausgeprägt, so Szidat. In der Hauptstadt gibt es derzeit 13 Prozent befristete Arbeitsverträge. Bundesweit sind es im Vergleich dazu nur acht Prozent.

Hinzu kommt: Weniger als die Hälfte der Arbeitnehmer arbeitet in einem tarifgebundenen Unternehmen. In lediglich 44 Prozent der Unternehmen gibt es einen Betriebs- oder Personalrat. Und mit rund 25 Prozent hat Deutschland mit den größten Niedriglohnsektor in Europa. Die Pandemie dürfte diese Entwicklungen noch verschärfen.

Bezirksamt soll ein Vorbild für Arbeitgeber sein

Dem Öffentlichen Dienst, und damit auch dem Bezirksamt Pankow, komme als großer Arbeitgeber eine besondere Verantwortung bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen seiner Beschäftigten zu, so Szidat. „Ein weiter wichtiger Punkt ist die Einflussnahme auf Auftragnehmer des Bezirksamts“, erklärt der Verordnete. Bei der Ausgestaltung von Ausschreibungen und bei der Übertragung von Aufgaben an externe Dienstleister sei noch stärker auf die Einhaltung guter Arbeitsbedingungen zu achten. Das treffe zum Beispiel auf die Tariftreue zu. Szidat: „Es darf nicht lediglich nach dem günstigsten Preis geschielt werden. Gute Arbeit darf nicht nur ein politisches Lippenbekenntnis sein. Das billig nicht gleich gut bedeutet, zeigen die gehäuften Beschwerden bei der privatisierten Schulreinigung.“ Diese war vom Bezirk an externe Firmen vergeben worden.

Bislang gibt es für Pankower Arbeitnehmer keinen vertraulichen hauptamtlichen Ansprechpartner zu Fragen zu Beschäftigungsverhältnissen, zur Entlohnung oder zur Mitbestimmung am Arbeitsplatz. Deshalb schlägt die SPD-Fraktion vor, eine Beauftragte oder einen Beauftragten für „Gute Arbeit“ im Bezirksamt zu berufen. Dieser Antrag wird nun zunächst in den zuständigen Ausschuss für Personal und im Ausschuss für Arbeit behandelt, ehe die Verordneten darüber abstimmen werden.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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