Diskussion zur Rekommunalisierung der Schulreinigung
Der Weg zu mehr Sauberkeit
Es gebe Anliegen, bei denen sogar das Zusammenspiel mit CDU und FDP Ergebnisse ganz gut funktioniere, meinte der Linken-Fraktionsvorsitzende Felix Lederle. Im Fall der Rekommunalisierung der Schulreinigung aber eher nicht. Der sei „ideologisch zu sehr aufgeladen“.
Dabei war es eigentlich das Ziel, an diesem Abend einem Konsens zumindest etwas näher zu kommen. Zumindest aus Sicht der Veranstalter, dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und der Initiative „Schule in Not“. Letztere macht sich für eine Rekommunalisierung der Schulreinigung stark. Der DGB unterstützt das. Ebenso wie SPD, Grüne und Linke im politischen Raum.
Initiative sammelt 1800 Unterschriften
Die Forderung wird wird durch Einwohneranträge in den Bezirken unterfüttert. Sechs Bezirke haben sie bisher angenommen. In Reinickendorf, wo rund 1800 Unterschriften dafür zusammen kamen, wurde das Thema nach langer Debatte in der BVV im Juni an die zuständigen Ausschüsse verwiesen. Die werden sich ab September damit beschäftigen. Es zeichnet sich aber ab: Eine Rekommunalisierung wird hier abgelehnt. Rot-grün-rot hat im Bezirk nicht die Mehrheit, sie durchzusetzen. Und dass sich daran etwas ändert, dafür gab es bei dieser Veranstaltung am 13. August im Campus Hannah Höch keine Anzeichen.
Probleme mit der Sauberkeit in den Schulen gibt es wahrscheinlich schon so lange, wie es Schulen gibt. Lange war das Reinigen eine kommunale Aufgabe. In den 1990er Jahren wurde diese Arbeit nicht nur, aber gerade in Berlin, privatisiert. Sie wird seither hier fast flächendeckend von externen Firmen im Auftrag der Bezirke erledigt.
Gewerkschaft ist über Probleme
nicht überrascht
An Klagen wegen mangelnder Hygiene habe das aber nichts geändert. Im Gegenteil, sie sind schlimmer geworden. Sagt die Initiative und verweist auf ihren Widerhall. Das sagen auch die Rekommunalisierungs-Befürworter aus der Politik und erwähnen eigene direkte und indirekte Erfahrungen. Die Gewerkschaft stimmt ein und zeigt sich von diesen Ergebnissen überhaupt nicht überrascht.
Bei diesem Gewerbe dominiere prekäre Beschäftigung. Gerade durch das ausgliedern (outsourcen) hätte sich das Lohndumping verstärkt. Den vorgegebenen Auftrag könne eine Reinigungskraft kaum leisten. Ihrer Firma sei vor allem am Profit gelegen. Das alles müsse auch als Gegengewicht zur angeblich weitaus günstigeren externen Vergabe mit eingepreist werden. Denn die führe irgendwann zu gesellschaftlichen Folgekosten in Form von zusätzlichen Sozialleistungen und später einer Grundsicherung oder Grundrente. Und schließlich: Wo nicht regelmäßig ordnungsgemäß geputzt werden könne, gäbe es auch schneller Bauschäden. Demgegenüber verspreche eine Rekommunalisierung nicht nur ordentliche Bezahlung. Sondern auch engeren Kontakt und kürzere Dienstwege. Gerade bei Problemen.
Reinigungsfirma
kritisiert Ausschreibungspraxis
Frank Hartmann, Betriebsratsvorsitzender bei der Firma Piepenbrock, sah das Grundübel in der Ausschreibepraxis. Die richte sich bei den Schulen noch immer weitgehend nach dem günstigsten Angebot. Wie die vorgegebenen Leistungen unter solchen Prämissen überhaupt erfüllt werden können, interessiere kaum. Sein Unternehmen bemühe sich deshalb auch nicht mehr um Reinigungsaufträge für Berliner Lehranstalten. Sondern um solche mit anderen Parametern, etwa bei Bundesministerien oder Berliner Senatsverwaltungen.
Hartmanns Ausführungen boten Mieke Senftleben ein Anlass zum Einhaken. Die FDP-Fraktionsvorsitzende in der BVV machte gleich zu Beginn klar, dass sie eine Rekommunalisierung ablehnt. Vielmehr gehe es darum, die Regularien anders zu fassen. Dafür könne es auch gerne noch mehr Geld geben. Das wäre immer noch günstiger, als allein in Reinickendorf Reinigungskräfte in dreistelliger Zahl wieder zu öffentlich Bediensteten zu machen.
Stadtrat verweist auf zusätzliche
Mittel für Tagesreinigung
In eine ähnliche Richtung zielte der Beitrag von Schulstadtrat Tobias Dollase (parteilos, für CDU) ab. Der Senat habe dankenswerterweise zusätzliche Mittel für eine Tagesreinigung spendiert. Schon vor Corona beschlossen, ist dieser extra Putzgang gerade jetzt dringend erforderlich. Auf dem Campus Hannah Höch sorgte er für sechs zusätzliche Kräfte in der Säuberungsbrigade. Entscheidend sei deshalb nicht, wer die Leistung erbringe, sondern ob sie zur Zufriedenheit erbracht werde, war Dollases Quintessenz.
Die stieß natürlich nicht auf allgemeine Zustimmung. Dass es jetzt mehr Geld gebe, wäre nicht zuletzt „Schule in Not“ zu verdanken, meinte deren Sprecher Philipp Dehne. DGB-Regionalgeschäftsführer Heiko Glawe forderte zumindest einen Modellversuch. Dann könnten die Ergebnisse ja verglichen werden.
Liberale und Union
in anderen Bezirken aufgeschlossener
CDU und FDP wurden auf das Meinungsbild ihrer Parteikollegen in anderen Bezirken verwiesen. In Neukölln, Steglitz-Zehlendorf und Tempelhof-Schöneberg hätte die Union zuletzt den Einwohneranträgen zugestimmt. Zwei Mal auch die Liberalen. Und Felix Lederle hofft auf eine Initiative der Landesregierung bei diesem Thema. Noch vor Ende der Legislaturperiode im Herbst 2021.
Dies sind Ansätze und Anreize, um auch in Reinickendorf noch eine Mehrheit für das Thema auf den Weg zu bringen. Dementsprechend war die Veranstaltung auch organisiert. Die Befürworter waren klar in der Mehrheit. Mehr als ein Dutzend Teilnehmer waren zu der Diskussion eingeladen. Dazu einige Pressevertreter. Aber, wegen Corona, kein Publikum.
Beide Seiten mit guten Argumenten
Trotzdem verlief der Abend weniger einseitig als befürchtet. Er brachte auf beiden Seiten einige interessante und nachdenkenswerte Argumente. Die aber wahrscheinlich nicht für ein anderes Meinungsbild sorgen.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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