Bereits im Mittelalter expanierte Berlin ins Umland
Felix Escher zeigt Berlins Weg zur Metropole
Anlässlich der Verabschiedung des „Gesetzes der Bildung einer neuen Stadtgemeinde Berlin“ hat der renommierte Stadthistoriker Felix Escher, unter anderem Lehrbeauftragter an der Technischen Universität Berlin, das Buch „Berlin wird Metropole“ vorgelegt.
Als 1920 das Berlin entstand, wie es bis heute im Wesentlichen verstanden wird, kam zusammen, was auch zuvor schon in Beziehung zueinander stand. Das ist eines der Ergebnisse der „Stratigrafie“, die sich Escher vorgenommen hat. Ausgehend von der Geografie des Warschau-Berliner Urstromtals und der Archäologie legt er Schicht für Schicht des Berliner Raums vom Ende der letzten Eiszeit bis in die Gegenwart frei.
Und dabei wird zum Beispiel sichtbar, dass schon im Mittelalter die an der Spree gelegene Doppelstadt Berlin/Cölln sich Märkte in der weiteren Umgebung einverleibte. Für Escher gilt das als sicher für das Dorf Wedding, für Reinickendorf vermutet er, dass Marktgelder in die Berliner Kämmerei flossen.
Berlin war lange abhängig
von Königen und Kaisern
Dieses Ausgreifen in die Umgebung hielt jedoch nicht lange an. Regierung und Verwaltung der eigentlichen Stadt Berlin wurde abhängig von Kurfürsten, Königen, und später vom Kaiser. Die Stadt war über Jahrhunderte Spiegel eines sich entwickelnden Preußens, das im 19. Jahrhundert auch das Deutsche Reich übernahm.
Die eigentliche Stadtentwicklung war für die Regierenden eher Nebensache. Erst im 19. Jahrhundert sorgten liberale Stadtpolitiker und eine aufgeschlossene Verwaltung dafür, dass Berlin das erhielt, was eine Metropole ausmacht und für eine schnell wachsende Bevölkerung dringend braucht: Entwässerung, Gas- und Stromversorgung. Die meisten Unternehmen dafür waren Investoren aus England, das zu jener Zeit sehr viel weiter war als die deutschen Kleinstaaten.
Industriebetriebe siedelten
sich in Reinickendorf an
So rückte dann das Umland eher zufällig an die Stadt heran. In Reinickendorf und Tegel entstanden Industriebetriebe, für die in Berlin selbst kein Platz mehr war und die dort nicht mehr expandieren konnten. Anders verhielt es sich mit Spandau und Köpenick. Die blieben von Berlin lange Zeit noch räumlich getrennt. Spandau entwickelte sich auf Betreiben der preußischen und später deutschen Regierung weiter von der Militärgarnison zum Rüstungsstandort, während Köpenick eher beschaulich bleib.
Der Historiker Escher hat eine flüssige Erzählung über die Entwicklung Berlins geschrieben, in der sich Zufälle und geplantes politisches Handeln immer wieder ergänzen, manchmal auch widersprechen. Er verzichtete auf einen Anmerkungsapparat und packte dafür viele Informationen in jeden Satz. So ist die Lektüre nicht ganz einfach, aber wohl immer noch die kompakteste und am besten recherchierte Darstellung der Berliner Geschichte, die zurzeit zu haben ist. Sie endet mit dem aktuellen Verschwinden der letzten Brachflächen in der Stadt.
Felix Eschers Buch „Berlin wird Metropole – Eine Geschichte der Region“ hat 176 Seiten mit zahlreichen Bildern und Karten, ist erschienen im Elsengold-Verlag, Berlin, und kostet 29,95 (ISBN 978-3-96201-038-6).
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.