Nachruf
Ehemalige Bürgermeisterin Marlies Wanjura verstorben
Marlies Wanjura (CDU), Reinickendorfer Bürgermeisterin von 1995 bis 2009, ist am 22. Oktober im Alter von 79 Jahren gestorben. Schon wegen ihrer langen Amtszeit war sie eine der prägendsten Persönlichkeiten in der Bezirkspolitik der vergangenen Jahrzehnte.
Marlies Wanjura wurde am 7. Januar 1945 in Berlin geboren. Sie wuchs in Frohnau auf und machte ab 1961 eine Ausbildung als Krankenschwester im damaligen Rudolf-Virchow-Krankenhaus. Nach Heirat und der Geburt zweier Kinder engagierte sie sich zunächst ehrenamtlich, danach beruflich unter anderem als Ausbildungsreferentin bei der Caritas und den Maltesern.
Ihre politische Karriere begann Anfang der 1990er-Jahre. Nach einer kurzen Zeit im Berliner Abgeordnetenhaus wurde Marlies Wanjura 1991 Stadträtin für Gesundheit und Umweltschutz in Reinickendorf, 1992 auch stellvertretende Bürgermeisterin. Ins Amt der Rathauschefin kam sie nach den Berlin-Wahlen drei Jahre später und behielt es fast 14 Jahre. Sie war die erste Frau in dieser Position in Reinickendorf.
Bezirksbürgermeister können starke Führungsfiguren werden, auch wenn das nicht für alle gilt. Marlies Wanjura hatte Führungsstärke. Sie dominierte die Bezirkspolitik, war in der Öffentlichkeit sehr präsent, setzte Zeichen und startete Initiativen, die teilweise bis heute wirken. Nicht alles war dabei unumstritten, manches Vorgehen sorgte für Kritik, teilweise sogar für rechtliche Prüfungen, die allerdings am Ende zu ihren Gunsten entschieden wurden. Auch ihre Weigerung im Jahr 2007, trotz eines Mehrheitsbeschlusses der BVV vor dem Rathaus die Regenbogenfahne zu hissen, verursachte einigen Ärger über Reinickendorf hinaus. Wanjura hatte die Ablehnung damals mit der Gegenfrage begründet, was zu tun wäre, "wenn auch die NPD käme und eine Flagge hissen möchte".
"Bei mir wandern die Akten durch das Rathaus, nicht die Bürger"
Ein besonderer Schwerpunkt war ihr wirtschaftspolitisches Engagement. Es zeigte sich auch dadurch, dass Reinickendorf zwei Mal von der Industrie- und Handelskammer als "wirtschaftsfreundlichster Bezirk Berlins" ausgezeichnet wurde. Auch Aktivitäten wie die Gründung der "Initiative Reinickendorf", einem Zusammenschluss von Unternehmen und Privatpersonen, die wiederum zahlreiche Projekte unterstützen, gehören in dieses Bild. Sie verweisen gleichzeitig auf einen weiteren Schwerpunkt von Marlies Wanjura, den auch das Bezirksamt in seinem Nachruf erwähnt: Sie habe neue Maßstäbe "zur Förderung des sozialen Zusammenhalts gesetzt". Persönlich praktizierte das die Rathauschefin durch große Bürgernähe. "Ein Bürgermeister kann seinen Bezirk nicht vom Schreibtisch aus kennenlernen" oder "bei mir wandern die Akten durch das Rathaus, nicht die Bürger" – an solche Aussagen erinnerte die CDU Tegel bei ihrer Würdigung von Marlies Wanjura.
Kondolenzbuch liegt aus
Reinickendorf verliere mit ihr eine herausragende Persönlichkeit, die über viele Jahre hinweg nicht nur den Bezirk geprägt, sondern auch das Vertrauen und die Wertschätzung der Menschen gewonnen hat, erklärte die heutige Bürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner (CDU). "Ihr Vermächtnis wird fortbestehen und wir sind dankbar für ihren jahrelangen Einsatz. Ihr Wirken, ihre Herzlichkeit und ihre Tatkraft bleiben unvergessen und werden als bedeutender Teil der Geschichte des Bezirks fortbestehen."
Zu Ehren und in Gedenken an Marlies Wanjura liegt vom 28. Oktober bis zum 8. November ein Kondolenzbuch in der zweiten Etage des Foyers im Rathaus Reinickendorf, Eichborndamm 215, aus. Es ist Montag bis Freitag jeweils von 9 bis 17 Uhr zugänglich.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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