Neujahrs-Interview mit Bürgermeister Frank Balzer
"Der Flughafen wird in diesem Jahr schließen"
Anlässlich des neuen Jahres sprach Berliner-Woche-Reporter Christian Schindler mit Bürgermeister Frank Balzer (CDU) über die Themen, die 2020 eine wichtige Rolle im Bezirk spielen werden.
Sehr geehrter Herr Balzer, die Flughafengesellschaft hat sich auf den 31. Oktober als Eröffnungstermin des Großflughafens festgelegt. Glauben Sie, dass im November Schluss ist mit dem Fliegen von Tegel?
Balzer: Ja, ich gehe davon aus, dass der BER eröffnen wird. Und sei es, dass an jeder Tür noch eine Brandwache steht. Die Flughafengesellschaft bereitet die Eröffnung seit Jahren vor. Flugverkehr in Tegel ist dann nicht mehr möglich, weil Personal und Technik zum BER umziehen.
Was hält der Fußball-Spieler Frank Balzer von der Idee, ein Hertha-Stadion auf dem dann Ex-Flughafen-Gelände zu errichten, nachdem der Olympia-Park und vermutlich auch der Zentrale Festplatz nicht zur Verfügung stehen?
Balzer: Ich unterstütze die Grundidee, dass Hertha ein eigenes Fußball-Stadion erhält. Allerdings halte ich weder den Zentralen Festplatz noch das Tegeler Flughafengelände für geeignet. Letzteres ist für die Nachnutzung schon sehr genau verplant, man müsste dort in den grünen, unter Naturschutz stehenden Bereich gehen. Zudem würden die rund 50.000 Zuschauer vor allem mit U- und S-Bahn anreisen wollen, die es dort nicht gibt. Ein Stadion in Tegel würde „geplantes Chaos“ bedeuten. Ich halte immer noch den Olympia-Park für den idealen Standort.
Und nun zur Umgebung des Flughafens. Können die Bewohner der Mäckeritzwiesen, aber auch der Cité Guynemer mit besserer Entwässerung rechnen?
Balzer: Das sind zwei unterschiedliche Bereiche. Mit der Schließung des Flughafens Tegel geht das Bebauungsplanverfahren für die Mäckeritzwiesen in seine entscheidenden Phasen. Dann wird sich die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz positionieren müssen, beispielsweise zur Situation rund ums dortige Grundwasser.
Bei der Cité Guynemer muss die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) tätig werden. Die BImA hat die Grundstücke verkauft und trägt damit die Verantwortung für die Wasserver- und -entsorgung. Der Bezirk Reinickendorf und die Berliner Wasserbetriebe werden erst dann Verantwortung übernehmen, wenn die dazu nötigen normgerechten Voraussetzungen vorliegen.
Im Januar will sich der Senat einen Überblick über die Zahl der Obdachlosen in der Stadt verschaffen. Sie selbst hatten sich für die Little Homes, kleine aber sichere und trockene Unterkünfte für einzelne Menschen, an der Stargardtstraße eingesetzt. Können Sie sich weitere Standorte vorstellen?
Balzer: Die beiden Little Homes, um deren Aufstellung sich der Bezirksverordnete Norbert Raeder (parteilos, für CDU) verdient gemacht hat, sind sehr erfolgreich. Wir prüfen weitere Standorte. Sie sollten nicht abseits gelegen sein, und den Bewohnern kurze Wege zum Aufbau von Kontakten ermöglichen. Auch eine Toilette muss in der Nähe sein.
Im abgelaufenen Jahr hat der Denkmalschutz eine Modulare Flüchtlingsunterkunft am Paracelsus-Bad verhindert. Wird nun über einen Alternativstandort im Bezirk verhandelt?
Balzer: Ich bin sehr froh, dass der Senat unseren Bedenken zum Denkmalschutz Rechnung getragen hat. Es gibt Gespräche, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Bezirk keine freien Immobilien besitzt. In Frage kämen Grundstücke in Landes- oder Bundesbesitz, oder von landeseigenen Unternehmen. Zu erwägen wäre auch der Ankauf eines Grundstückes. Allerdings ist der Druck bei diesem Thema nicht groß, denn in den bestehenden Einrichtungen gibt es großen Leerstand.
Im Märkischen Viertel baut die Gesobau am Senftenberger Ring weitere Wohnhäuser. Wird es nun auch mit Abriss des Betonriegels und dem Neubau von Wohnungen zwischen Märkischem Zentrum und Fontane-Haus seitens des privaten Investors vorangehen?
Balzer: Wir sind ja seit langem mit dem Investor im Gespräch. Ich gehe davon aus, dass der Abriss des Betonriegels und der Neubau umgesetzt werden. Ein Bauantrag liegt jedoch noch nicht vor.
Im Interview vor einem Jahr war der Personalaufwuchs der Verwaltung ein großes Thema. Sind Sie mit der Entwicklung zufrieden?
Balzer: Der Personalaufwuchs ist immer noch ein großes Thema. Ich würde sagen, dass das Glas halb voll ist. Es gibt eine hohe Fluktuation, die einerseits altersbedingt ist, aber auch damit zu tun hat, dass überall neue Stellen angeboten werden. Landes- und Bundesverwaltungen bieten höhere Einkünfte, wir konkurrieren auch mit den Umlandgemeinden und mit Brandenburg.
Wir haben bei 1700 Stellen rund 300 Neubesetzungsverfahren jährlich, tauschen also rechnerisch innerhalb von sechs Jahren die komplette Belegschaft aus. Bis eine Stelle neu besetzt ist, dauert es drei bis sechs Monate. Und dann kann es noch vorkommen, dass der Bewerber, für den wir uns entschieden haben, wegen besserer Bezahlung zu einem anderen Arbeitgeber wechselt. Wir versuchen, die Arbeit fürs Bezirksamt attraktiv zu machen, zum Beispiel mit Gesundheitsangeboten, flexiblen Arbeitszeiten und Home Office.
Werfen wir einen Blick ins Internationale. Reinickendorf pflegt eine Städtepartnerschaft mit dem englischen Greenwich. Wird die von der Brexit-Diskussion erschüttert?
Balzer: Der Brexit spielt in den kommunalen Kontakten kaum eine Rolle. Ich habe aber schon ironischer Weise unseren Freunden in England mitgeteilt, dass ich Asylanträge unterstützen würde. Aber ernsthaft: Greenwich wird von der Labour-Party regiert, die den Brexit ablehnt. Ich glaube auch, dass ein Brexit England stärker schaden würde als dem übrigen Europa. Das ist groß genug, um seine Wirtschaft weiter zu stärken, während der Warenverkehr mit England schwieriger wird.
Auf was freuen Sie sich für das neue Jahr besonders?
Balzer: Wir werden 2020 zwei große Veranstaltungen haben: Vom 21. bis 23. Mai feiern wir rund um das Rathaus das 100-jährige Bestehen des Bezirks Reinickendorf. Es gibt ein hochwertiges Musikprogramm auf zwei Bühnen, und dazu Angebote für Kinder und Familien. Und natürlich alles bei freiem Eintritt.
Am 13. und 14. Juni steht außerdem der Tag der Bundeswehr auf der Greenwichpromenade an. Dieser Tag wurde in Berlin bisher nur in Kasernen begangen. Wir feiern ihn diesmal öffentlich zusammen mit dem Tag des Ehrenamtes und der Reinickendorfer Hilfsorganisationen. Die Bundeswehr zeigt dabei einen Querschnitt ihrer Leistungsfähigkeit und ein buntes Unterhaltungsprogramm.
Für mich persönlich habe ich mir vorgenommen, meine sportliche Fitness deutlich zu erhöhen. Dazu gehören Radfahren, Laufen und Boxen.
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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