Sören Engelmann zu Sperrstunde und Corona-Politik
„Aktionismus auf Kosten der Gastronomie“

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Sören Engelmann ist Betreiber von Fisherman’s Restaurant in Tegel. Außerdem ist er Bezirksbeauftragter des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga. Im Gespräch erklärt er unter anderem, warum er die aktuellen Corona-Einschränkungen für kontraproduktiv hält.

Wie ist die Situation bei Ihnen persönlich?

Engelmann: Von der Sperrstunde bin ich nicht betroffen. In meinem Restaurant ist ohnehin um 23 Uhr Schluss. In der Regel gibt es nur wenige Gäste, die danach noch bleiben wollen. Statt eigentlich 56 kann ich wegen des Abstandsgebots derzeit nur noch 32 Plätze anbieten. Aber das betrifft auch andere. Und im Juli, August war das Geschäft ganz in Ordnung. Aber statt sich weiter vom Lockdown im Frühjahr erholen zu können, gibt es jetzt den nächsten Rückschlag für viele Lokale und Bars.

Durch die Sperrstunde...

Engelmann: ... die ein Ergebnis von Panikattacke und Aktionismus auf Kosten der Gastronomie ist. Die Gaststätten waren in den allermeisten Fällen nicht für die zuletzt erhöhten Infektionszahlen verantwortlich. Vielmehr waren das wilde Partys im Freien oder große Feiern in geschlossenen Räumen, Geburtstage, Hochzeiten. Wegen der nächtlichen Schließzeit ist aber zu befürchten, dass private Zusammentreffen jetzt noch zunehmen. Und das völlig unkontrolliert. Vom Einhalten eines Hygienekonzepts sowie der Möglichkeit einer Kontaktnachverfolgung ist nicht ansatzweise auszugehen. Das Alkoholverbot ist ebenfalls leicht zu umgehen, indem einfach vor 23 Uhr solche Getränken geordert werden. Es ist also nichts gewonnen, sondern im Gegenteil, die Lage wird eher verschärft.

Wie erklären Sie sich dann diese Vorgabe?

Engelmann:Einfach dadurch, dass damit gezeigt werden sollte, es passiert ja was. Es wird etwas angeordnet, aber weniger nach den Kontrollen gefragt. Keine Frage, es gab auch unter den Gastronomen schwarze Schafe, die sich nicht an die Regeln hielten. Aber statt gegen die gezielt vorzugehen, bis hin zum zumindest zeitweiligen Entzug der Betriebserlaubnis, werden weite Teile der Branche dicht gemacht. Das trifft dann auch die überwiegende Mehrheit all derjenigen, die sich korrekt verhalten, Abstandsgebote und Maskenpflicht eingehalten und Gästelisten ohne Phantasienamen geführt haben. Die sind jetzt die Leidtragenden. Ebenso wie die Hotels mit den aktuellen Reisebeschränkungen und dem Beherbergungsverbot. Dabei gibt es in solchen Häusern mehr Sicherheit, als an vielen anderen Orten.

Es soll finanzielle Unterstützung für die Betroffenen geben. Wie bewerten Sie das?

Engelmann: Als Beiwerk. Ja, das eine oder andere in den vergangenen Monaten hat etwas geholfen, auch die Mehrwertsteuersenkung. Aber entscheidender ist, dass die Leute ihr Gewerbe wieder einigermaßen uneingeschränkt betreiben können. Was aktuell vor allem heißt, wenigstens so, wie vor der Sperrstunde. Aber stattdessen scheint der Trend eher zu noch strengeren Regeln zu gehen.

Haben Sie eine zumindest grobe Einschätzung, wie viele Gastronomen akut von Insolvenz betroffen sind?

Engelmann: Nein, das ist gerade auch schwierig. Nicht jeder gibt einen Einblick in seine derzeitige Lage. Viele kleinere Gastronomiebetriebe werden ohnehin als Einzelunternehmen geführt und unterliegen somit überhaupt nicht der Pflicht zur Meldung der Zahlungsunfähigkeit. Ich hoffe nur, dass wir in Reinickendorf als Außenbezirk zumindest einigermaßen davon verschont werden. Viele Lokalbetreiber haben als Gäste vor allem Menschen aus dem Bezirk oder der näheren Umgebung. Die kamen in den vergangenen Monaten, könnten auch jetzt kommen, schon, weil viele gerade nicht verreisen können. Nur muss ihnen das möglich sein.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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