Mitreden im Kiosk
Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf startet neues Beteiligungsformat
Unter dem Motto „Kieze, Kioske, Kompetenzen!“ werden fünf Kioske in diesem Sommer zu Orten der Beteiligung. Das Team von „Raum für Beteiligung“ will mit Anwohnern ins Gespräch kommen über Möglichkeiten, bei Bezirksprojekten mitzureden.
Vielerorts im Bezirk wird gebaut oder geplant. Straßen werden saniert, Radwege verlegt, Kiezblocks abgesteckt, Spielplätze aufgehübscht, Hochhäuser hochgezogen, Bebauungspläne aufgestellt. Bevor es damit losgeht, sind in vielen Fällen die Wünsche und Ideen der Anwohner gefragt. Denn die wissen über lokale Probleme meist am besten Bescheid. Bürgerbeteiligung nennt der Gesetzgeber das. Die aber ist längst nicht bei allen Bauvorhaben vorgeschrieben. Alternativ können die Bezirke ihre Bürger freiwillig beteiligen. Charlottenburg-Wilmersdorf macht das über ein „Büro für Bürgerbeteiligung“ im Rathaus Charlottenburg und seit einem Jahr auch über den „Raum für Beteiligung“. Der hat seine feste Anlaufstelle im Haus am Mierendorffplatz – mit der „Dorfwerkstadt“ als Träger. Vor Ort bekommen Anwohner, die ihren Kiez aktiv mitgestalten wollen, Infos, Hilfe oder Beratung zu geplanten Bauprojekten und Beteiligungsverfahren und Tipps, wie man sich mit Initiativen vernetzt. Das Team geht auch raus, auf Nachbarschaftsfeste zum Beispiel. Doch bis in den letzten Kiez hat sich das Angebot noch nicht herumgesprochen.
Im Rathaus hatte man daher die Idee, über die Kioske in die Stadtteile zu gehen. Immerhin gehören 18 dem Bezirk, teils stehen sie leer. In fünf Kiosken werden das Team von „Raum für Beteiligung“ und andere Kiezakteure nun bis August abwechselnd vor Ort sein. Den Auftakt machte Ende April der Kiosk im Volkspark Wilmersdorf. Dem Bezirk sei die Beteiligung wichtig, erklärte Bürgermeisterin Kirstin Bauch (Grüne). Ein Vorhaben zu planen, es vorzubereiten und dann erst dem Bürger vorzustellen, das „sorgt für Unmut“. Gestaltet werden könne der Bezirk aber nur gemeinschaftlich und mit vielen Ideen. „Wir wollen das Wissen aus den Kiezen in die Verwaltung tragen“, betonte Bauch. So würden Planungen verbessert, aber auch Konflikte früher erkannt und „wir können darauf reagieren“.
In den Kiosken hört man sich also an, wo den Leuten der Schuh drückt. „Dabei geht es nicht immer um große Bauprojekte“, so Kirstin Bauch. „Es kann auch eine Sitzbank sein, die irgendwo fehlt. Oder ein Bordstein, der abgesenkt werden soll.“ Für Stadtentwicklungsstadtrat Christoph Brzezinski (CDU) ist in Sachen Akzeptanz in der Nachbarschaft „noch viel Luft nach oben“. Die Stadt wachse und in vielen Kiezen müsse nachverdichtet werden. Da brauche es das Verständnis der Bürger. Als positives Beispiel, wie es funktionieren kann, nannte Brzezinski den öffentlichen Dialog zur Wilmersdorfer Straße. Umweltstadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) erinnerte daran, dass das Straßen- und Grünflächenamt schon seit acht Jahren auf Formate wie die Bürgerräte setzt. Als Alternative zu den 19-Uhr-Aula-Informationsveranstaltungen, „wo man die meisten eh schon kennt“. Mit den Kiezexperten habe man den Rundweg und das Verkehrsberuhigungskonzept für die Mierendorff-Insel geplant und abgeschlossen, so der Stadtrat, und das Gestaltungshandbuch für den öffentlichen Raum im Bezirk entworfen. Nun also die Kioske, die sich noch herumsprechen müssen. „Mal werden zehn Leute kommen, dann wieder keiner“, vermutet Schruoffeneger. „Aber es wird funktionieren.“ In Charlottenburg-Nord kurz vor der Fußball-EM auf jeden Fall. „Da werden viele fragen, wie sie mit ihren Autos noch in die Kieze kommen.“
Nach dem Volkspark Wilmersdorf folgt als nächster der Kiosk an der Ecke Heerstraße und Boyenallee und zwar vom 21. bis 24. Mai. „Sprechzeit“ ist von 11 bis 17 Uhr. Im Lietzenseepark ist das Team vom 17. bis 21. Juni vor dem gesperrten Parkwächterhäuschen präsent. Zeit ist zwischen 16.30 und 18.30 Uhr. Weiter geht es dann vom 15. bis 19. Juli am Kiosk auf dem Savignyplatz sowie auf dem Steinplatz vom 12. bis 16. August. Dort stehen die Uhrzeiten noch nicht fest.
Die freiwillige (informelle) Bürgerbeteiligung bei Bezirksvorhaben regeln acht Leitlinien – beschlossen im Juni 2023. Zu diesen Grundsätzen gehören unter anderem frühzeitig und transparent zu informieren und zu beteiligen und genügend Budget und Ressourcen einzuplanen. Außerdem sieht die Beteiligung vier Stufen vor: Information, Mitwirkung, Mitentscheidung und verbindliche Entscheidung.
Mehr Infos zur Bürgerbeteiligung stehen online unter https://bwurl.de/1a10.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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