"Nicht schlüssig und belastbar"
Forschungsinstitut kritisiert Gutachten zum Milieuschutz
Die City West soll vier neue Milieuschutzgebiete bekommen. Ein Gutachten im Auftrag des Bezirksamtes hatte die Ausweisung begründet. Nun wird es als mangelhaft kritisiert.
Mit Alt-Lietzow, Karl-August-Platz, Jungfernheide und Richard-Wagner-Straße beschloss das Bezirksamt im März vier neue soziale Erhaltungsgebiete. Grundlage war ein vom Bezirksamt beauftragtes Gutachten der Stadtentwicklungsgesellschaft S.T.E.R.N. Anfang April gab der Stadtentwicklungsausschuss mehrheitlich grünes Licht für die Milieuschutzgebiete. Nun, kurz vor der finalen Entscheidung in der BVV, kommt vom Forschungsinstitut Empirica Kritik an diesem Gutachten.
Zwar sei das Prüfschema grundsätzlich zielführend, sagt Vorstand Harald Simons, jedoch gebe es erhebliche methodische Mängel. Weshalb das Gutachten nicht geeignet sei, „ein Erfordernis der Ausweisung sozialer Erhaltungsgebiete in den betreffenden Gebieten zu belegen“. Seine Analyse hatte die Empirica im Auftrag des Vereins zur Förderung von Wohneigentum in Berlin erstellt. Laut Empirica ist der vom Gesetzgeber verlangte Nachweis negativer städtebaulicher Folgen als Voraussetzung für die Ausweisung von Milieuschutzgebieten im Gutachten „nicht schlüssig und belastbar geführt worden“. Das lasse sich anhand einer Reihe von Fakten begründen, so Simons: „Das Kernproblem bei diesem, aber auch zahlreichen ähnlichen von uns untersuchten Gutachten besteht darin, dass sie eine Fülle von Daten enthalten, die sich aber weder im Allgemeinen noch im Detail dazu eignen, die Notwendigkeit der Ausweisung von sozialen Erhaltungsgebieten tatsächlich zu belegen.“ Die methodischen Schwächen und das Fehlen jeglichen Zeithorizonts machten das Gutachten unbrauchbar für fundierte politische Entscheidungsfindung. Auch für den Verein zur Förderung von Wohneigentum ist nicht nachvollziehbar, warum der Bezirk Milieuschutzgebiete auf einer „solchen, nicht belastbaren Grundlage" ausweisen wolle. Zumal ähnliche Mängel bereits 2020 in einer Analyse anderer Gutachten gefunden und thematisiert wurden, so Vereinschef Jacopo Mingazzini. Umso erfreulicher sei es, dass Friedrichshain-Kreuzberg in drei Ausschreibungen für Gutachten erstmals auf die Empirica-Studie "Aussagekräftige Kriterien zum Erlass sozialer Erhaltungsverordnungen" von 2020 hingewiesen habe.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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