Mehr als 100 Wohnungen stehen leer
Niklas Schenker (Linke) fordert Anwendung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes

Nach den Recherchen des Fraktionsvorsitzenden der Linken, Niklas Schenker, sind mehr als 100 Wohnungen im Bezirk nicht vermietet. Schenker hat eine Liste mit 15 Häusern erstellt, die der Vermieter nach und nach leer ziehen möchte, um sie abzureißen und neu zu bauen.

Schenker ärgert es, dass das Bezirksamt nichts dagegen unternimmt. Die Möglichkeiten hätte es über das Zweckentfremdungsverbotsgesetz. Drei Monate darf eine Wohnung seit der Novellierung des Gesetzes 2018 leer stehen. „Wenn der Vermieter dann den Anordnungen des Amtes nicht nachkommt, kann dieses das Haus unter Zwangsverwaltung stellen und einen Treuhänder einsetzen. Der saniert die Wohnungen auf Kosten des Vermieters und vermietet sie dann. Dazu ist das maximal zu verhängende Bußgeld von 100 000 auf 500 000 Euro erhöht worden. Das Gesetz ist seither ein wirksames Instrument“, sagt Schenker. „Aber es wird nicht angewendet.“

Kritik an den Stadträten

Schenkers Kritik gilt vor allem Stadtrat Arne Herz (CDU), Leiter der Abteilung Bürgerdienste, Wirtschafts- und Ordnungsangelegenheiten. Ihm habe er die Liste zukommen lassen. Darunter finden sich Fälle, in denen Wohnungen seit einer Dekade leer stehen, wie in der Suarezstraße 24/25. „Ich habe ihm sogar Fotos dieser Wohnungen geschickt. Er macht nichts.“ Zum Beleg nennt Schenker zwei Zahlen: „Seit Inkrafttreten des Gesetzes vor etwa drei Jahren hat unser Bezirk Bußgelder in Höhe von 235 Euro verhängt, in Kreuzberg waren es eine Million Euro.“ Aus Mitte wisse er von einem Fall, in dem die drohende Enteignung den Vermieter zum Einlenken gebracht habe. „Das zeigt, dass sich mit Druck etwas im Sinne der Mieter bewegen lässt.“ In einem Antrag, der im Ausschuss für Bürgerdienste beraten wird, fordert die Linksfraktion das Bezirksamt auf, den spekulativen Leerstand in der Wilmersdorfer Straße 82/83 durch den Einsatz eines Treuhänders zu beenden. Auf dem Grundstück scheiterten 2010 Pläne für ein Hotel, seither stehen Dutzende Wohnungen leer. „Monatelang wurde darüber gestritten, ob das Wohnungsaufsichtsgesetz oder Zweckentfremdungsverbotsgesetz greift“, sagt Schenker. Vorgefühlt wurde mündlich bei der BVV am 17. Januar. Resonanz: Ein Rechtsgutachten des Bezirks soll klären, ob die Wohnungsaufsicht oder das Wohnungsamt tätig werden können. Schenker fordert: "Noch in diesem Jahr müssen dort wieder Wohnungen vermietet werden.“

Ping-Pong-Spiel zwischen den Ämtern

Oliver Schruoffeneger, Grünen-Stadtrat und Leiter des Stadtentwicklungsamtes, erklärt das Ping-Pong-Spiel anhand des Wohnhauses an der Wilmersdorfer Straße 82/83: „Der Bezirksverordnete Ansgar Gusy hat eine Anfrage an den Kollegen Arne Herz gestellt, warum dort Wohnungen seit Jahren leer stünden, schließlich würden nur Heizungen fehlen, das Zweckentfremdungsverbotsgesetz müsste greifen. Herz sagt, dort würden auch sanitäre Anlagen fehlen. Er vertritt die These, dass die Wohnungen so marode seien, dass es der Bauaufsicht obliege, für die Rückführung zur Bewohnbarkeit zu sorgen. Also mein Bereich.“ Gerade kläre das Rechtsamt die Zuständigkeit, so Schruoffeneger.

"Leerstand ist nicht in unserem Interesse"

Dass generell Wohnungen jahrelang leer stünden, sei für den Bürger in der Tat nur schwer nachvollziehbar. Arne Herz (CDU), Leiter des Amtes für Bürgerdienste, hält Schenkers Aussagen für Populismus. „Er vergisst, dass wir in einem Rechtsstaat leben und wir verpflichtet sind, bei Verdacht auf illegalen Leerstand auch den Eigentümer anzuhören und das zu überprüfen.“ Von zu verhängenden Bußgeldern halte er wenig, das binde das ohnehin knappe Personal und bringe keine einzige Wohnung zurück auf den Markt. Zudem wies Herz darauf hin, dass Kreuzberg zwar mehr Bußgelder verhängt hat, aber nur einen kleinen Bruchteil davon auch tatsächlich eingenommen habe. In Einzelfällen sei die Kritik durchaus berechtigt und einige Investoren würden das Amt auch sicher an der Nase herumführen. „Aber sobald uns der Leerstand gemeldet ist, läuft das Verwaltungsverfahren und wir sind da auch mit aller Härte des Gesetzes hinterher. Ich kann versichern, dass Leerstand angesichts der Wohnungsknappheit nicht in unserem Interesse ist.“ Für den nicht wegzudiskutierenden Handlungsbedarf in Sachen Zweckentfremdung hofft Herz im kommenden Doppelhaushalt auf weitere Stellen für sein Amt.

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

7 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Team von Optik an der Zeile freut sich auf Ihren Besuch. | Foto: privat

Optik an der Zeile
16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024

40 Jahre Augenoptik-Tradition im Märkischen Viertel, das feiern wir immer noch in diesem Jahr 2024. Feiern Sie mit uns und profitieren Sie von unseren Jubiläumsangeboten. Kommen Sie zu uns und staunen Sie über die Vielfalt der Angebote. Anlässlich unserer 16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024 bieten wir Ihnen die gesamte Kollektion namhafter Designer. Sie können aus einer riesigen Auswahl Ihre Brille finden. Mit vielen schönen Brillengestellen und den Brillengläsern von Essilor und...

  • Märkisches Viertel
  • 13.11.24
  • 556× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 842× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 819× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 1.195× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.